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Aktuell Pflege

Berufliche Schule Münsingen informiert beim Aktionstag »Gepflegt daheim«

Das Thema »Zuhause pflegen« wird immer wichtiger. Die Schüler der Generalistischen Pflegeausbildung an der Beruflichen Schule Münsingen zeigen Betroffenen, wie es geht.

Leonella wuchtet ihren schwergewichtigen Ausbilder gekonnt in den Rollstuhl.
Leonella wuchtet ihren schwergewichtigen Ausbilder gekonnt in den Rollstuhl. Foto: Steffen Wurster
Leonella wuchtet ihren schwergewichtigen Ausbilder gekonnt in den Rollstuhl.
Foto: Steffen Wurster

MÜNSINGEN. Gerhard Förstner wiegt 130 Kilo - sagt er selbst -, Leonella gute 50. Wenn Gerhard den Bettlägerigen mimt, hat Leonella also ordentlich was zu wuchten. Förstner ist Ausbilder an der Beruflichen Schule in Münsingen, Leonella Schülerin der Generalistischen Pflegeausbildung. Förstner ist also Profi und Leonella auf dem Weg dahin. Wie man einen Unbeweglichen mit ein paar Handgriffen vom Bett in den Rollstuhl bekommt, hat Leonella nach einer Demonstration mit ihr selbst als Kranker gezeigt bekommen. Förstner hätte das Leichtgewicht auch am Kragen schnappen können, aber er hat es in den richtigen Schritten - von der stabilen Seitenlage über den festen Haltegriff bis zum Aussetzen der Beine - vorschriftsmäßig gezeigt. So klappt es, der Gerhard sitzt schnell zufrieden im Rolli.

Mit solchen Situationen werden immer mehr Menschen konfrontiert. Die Deutschen werden älter, Pflegeplätze sind knapp und teuer und zu Hause ist es - besonders im Alter - vielleicht doch am schönsten. Aber während man aufs Autofahren penibel und gesetzlich geregelt vorbereitet wird, gibt es keinen Pflegeführerschein. Wie man sich bei der Pflege daheim verbessern kann, zeigen die Schüler der Pflegeausbildung am Dienstag, 18. März, ab 17 Uhr beim Aktionstag »Gepflegt daheim« im Skills-Lab der Beruflichen Schule.

Vorbereiten auf den Pflegefall

Das Umheben raus aus dem Bett in den Rolli ist nur eine der Herausforderungen. Pflege zu Hause ist anspruchsvoll, kein Nebenher-Job, es treten zahlreiche Schwierigkeiten auf. Und oft tritt der Pflegefall überraschend auf. Die noch rüstige Mutter oder Großmutter, der unverwüstliche Opa kommt plötzlich nicht mehr allein zurecht. »Wie macht man das mit der Pflege ganz praktisch?«, so Heide Stan, Abteilungsleiterin Pflege an der Beruflichen Schule. Die Antworten geben die Schüler am Aktionstag. Der Tag zielt auf Angehörige, ehrenamtliche Helfer, aber auch alle, die sich für einen Pflegeberuf interessieren. An der Beruflichen Schule gibt es hierzu zwei Möglichkeiten, die einjährige Berufsfachschule für Altenpflegehilfe und die dreijährige Berufsfachschule für Pflege oder »generalistische Pflege«. Die Absolventen haben nach ihrem Abschluss die Möglichkeit, in Pflegeheimen, aber auch in Krankenhäusern oder in der Kinderpflege tätig zu werden.

Die schüler Frank, Senta, Akavi und Mohammed gestalten den Aktionstag mit.
Die schüler Frank, Senta, Akavi und Mohammed gestalten den Aktionstag mit. Foto: Steffen Wurster
Die schüler Frank, Senta, Akavi und Mohammed gestalten den Aktionstag mit.
Foto: Steffen Wurster

In Münsingen werden Schüler aller Altersklassen auf den Zukunftsberuf Pflege vorbereitet- von 16 bis über 50 Jahre, erzählt Heide Stan. Der Umstieg ist auch noch spät möglich, wie es Frank beweist, der sich mit 49 Jahren und bereits einiger Erfahrung in der Pflege in die dreijährige Ausbildung gestürzt hat. Schüler aller Altersklassen und aus aller Herren Länder: Akavi aus Togo und Mohammed aus Indien werden am Aktionstag aktiv sein. Sie kamen mit einem Ausbildungsvertrag in der Tasche nach Deutschland, Sprachprobleme haben die beiden Jungs nicht mehr, Deutschkenntnisse wurden vorausgesetzt. Trotzdem kann es für die Pfleger aus der Fremde am Anfang aber hart sein, »die arbeiten schon nach wenigen Tagen«, sagt Stan. Und Schwäbisch ist nicht Hochdeutsch, haben die zwei erfahren.

Tipps für Angehörige

Der Aktionstag wendet sich aber ausdrücklich an pflegende Angehörige. Laien sollen in rund eineinhalb Stunden ihre theoretischen, vor allem aber auch praktischen Fähigkeiten verbessern, sagt Gerhard Förstner. Los geht es mit einem Vortrag zur Pflegeproblematik. Wichtiger sind dann aber die Praxisübungen für mutige Gäste an mehreren Stationen unter Anleitung der Schüler und ihrer Ausbilder, »wer mitmachen will, kann«, so Stan. Pflegebedürftigkeit bedeutet oft eingeschränkte Beweglichkeit. Gerade dann müssen die Betroffenen aber aktiv bleiben, im Liegen wird nichts besser. Das Umsetzen auf den Rollstuhl gehört dazu, aber auch die Prophylaxe, die Vorbeugung vor Verletzungen: Wie kann eine Wohnung barrierefrei eingerichtet werden, wie geht man mit Stufen um oder, nicht so einfach wie es klingt, was kann von dem alten aber liebgewonnenen »Kruuschd« weg, der die Wege eng macht? Alles, um ein bisschen Alltagsnormalität zu erhalten, so Stan.

Das richtige Liegen muss gelernt sein.
Das richtige Liegen muss gelernt sein. Foto: Steffen Wurster
Das richtige Liegen muss gelernt sein.
Foto: Steffen Wurster

Das Liegen selbst kann zum Problem werden, Umbetten und die richtige Lagerung gilt es zu beachten, Wundliegen ist selbst in gut geführten Pflegeheimen ein Thema. Und die Intimpflege, die ein Stück weit Überwindung kostet. »Die Stationen sind so angelegt, dass sie ein Laie gut mitmachen kann«, macht Stan Mut.

Den Aktionstag organisieren die Schüler, es ist Teil der Ausbildung. Im vergangen Jahr hat die Berufliche Schule den Beo-Wettbewerb Berufliche Schulen der Baden-Württemberg-Stiftung in der Kategorie »Gemeinschaft & Füreinander« gewonnen. Die Herausforderung, mindestens genau so gut zu sein, nehmen die jetzigen Schüler gerne an. (GEA)