ZWIEFALTEN-GAUINGEN. Drei Grundschulen, ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) und neun städtische Kindergärten kommen seit diesem Schuljahr in den Genuss des in Gauingen gekochten Bio-Essens der Tress Brüder. Im Mai dieses Jahres hat sich der Gemeinderat Münsingen für die Umstellung der Speiseversorgung ausgesprochen. Zuvor wurde das Essen von einer Firma aus Düsseldorf geliefert. Mit der Hayinger Firma besteht seit Längerem eine funktionierende Bildungspartnerschaft, seit vielen Jahren komme man laut Bürgermeister Mike Münzing einem gemeinsamen Bildungsauftrag nach, der auch den Zusammenhang von gesunder Ernährung und Gesundheit beinhalte. »Wir sind 'gesunde Stadt' und propagieren Biosphäre und Inwertsetzung von Naturkreisläufen. Da lag es auf der Hand, dass wir mit den Tress Brüdern als möglichen neuen Lieferanten aus der Region ins Gespräch gehen.«
Die Besichtigung der Produktionsstätte in Gauingen kam zeitlich genau richtig, nachdem ein paar Tage zuvor bekannt geworden war, dass die ebenfalls neu aufgenommenen Essenslieferungen an manchen Tübinger Schulen bei Kindern und Eltern nicht gut ankommen. »Wer sagt, dass es ihm nicht schmeckt, der hat es vielleicht nicht probiert«, gab Münzing zu bedenken. In jeder Veränderung stecke ein Risiko und in jedem Neuanfang auch gewisse Startschwierigkeiten. Alles müsse sich erst einspielen – auch in Münsingen. Denn auch hier könne man vereinzelt Blockadehaltungen, Diskussionen und Essensabmeldungen wahrnehmen.
Dies habe mitunter damit zu tun, dass Eltern lieber ihr von zu Hause mitgegebenes Essen in den Kindergärten von den Erzieherinnen erwärmt und ausgeteilt haben möchten. Das allerdings sei aufgrund gesetzlicher Hygienebestimmungen nicht mehr möglich. Nun wolle man, wie Münzing erklärte, die Chance nutzen, mit der Essensumstellung auch in den Dialog mit Kindern, Eltern und Erzieherinnen zu treten, über die Vielfalt der Nahrungsmittel zu informieren und aufzuzeigen, dass es saisonale Angebote nicht das ganze Jahr über geben könne.
Insgesamt kommt das Essen der Tress Brüder laut Rebecca Hummel, Leiterin des Bildungs-, Sozial- und Ordnungsamts der Stadt, in den Einrichtungen gut an. »Wir haben verabredet, dass noch in diesem Monat ein Feedback gegeben wird und man schaut, wo es besser laufen könnte«. Zum Beispiel bei den bisher zu niedrigen Temperaturen des ausgegebenen Essens, wie sich herausgestellt hat. Die Tress-Brüder sind um eine Besserung bemüht, bestätigte Dominik Tress. »Wir haben die Prämisse, so zu kochen wie für unsere eigenen Kinder.« Sprich, es wird auf Geschmacks- und Zusatzstoffe verzichtet, die eigentlich in die Speisen kommen. Das allerdings, so hat er jetzt seit der Aufnahme des Caterings an Schulen und Kindergärten gelernt, sei Fluch und Segen. »Ab Tag eins war die Erwartungshaltung ganz hoch. Auch in Filderstadt wurde unser Essen in den ersten Wochen teilweise kritisiert, jetzt allerdings haben wir ausschließlich gute Rückmeldungen. Kinder haben weniger Verdauungsbeschwerden, die Qualität unseres Essens wird durchweg positiv wahrgenommen«.
Sein Bruder Christian ergänzte: »Von jeder Kritik nimmt man etwas mit.« So wurde erkannt, dass etwa in den Tübinger Schulen mehr Nudeln mit Tomatensoße anstatt Linsenbratlinge oder Maultaschen mit Kürbisfüllung auf dem Speiseplan stehen sollten. »Wir stellen uns dem Thema und optimieren es. Grundsätzlich ist es ja positiv, dass man über Schulessen und gesunde Ernährung diskutiert«, betonte Dominik Tress. Bürgermeister Mike Münzing sah weniger die Angebote auf der Speisekarte als Problem an, als vielmehr die Bezeichnung »vegan«, die von vornherein eine Negativhaltung hervorbringe. Die Tress Brüder wissen: »Für viele Kinder aus sozial schwachen Familien ist unser Essen die einzige ausgewogene Mahlzeit am Tag. Deshalb soll ihnen das Essen auch schmecken. Wir möchten, dass die Kinder zufrieden sind, die Kritik fasst uns also schon an«, sagte Christian Tress.
"Wir wollen unsere Kinder nicht nur satt kriegen, sondern sie gesund satt kriegen""
Transparenz und ein offener und ehrlicher Dialog ist den Tress Brüdern wichtig, sie besuchen deshalb derzeit auch viele Elternabende, um sich anzuhören, was sie besser machen können. Der Wegfall des in Tübingen heißgeliebten Puddings habe nichts mit ihnen zu tun, sondern damit, dass die Stadt den Nachtisch gestrichen hat. In Münsingen jedoch gehört er noch zur Mahlzeit, die für 4,40 Euro zu haben ist. Bewusst geht man bei der Herstellung der Speisen auch mit Würze sparsam um, denn es soll ja kindgerecht sein: »Nachwürzen kann man immer, rausnehmen nicht.« Die Identifikation mit Lebensmitteln sei wichtig, die Wertigkeit dessen, was man zu sich nimmt, wolle man Kindern vermitteln.
35 Beschäftigte arbeiten in Gauingen in der Produktion, täglich werden rund 3.500 Essen zubereitet und ausgeliefert. Bürgermeister Mike Münzing ist froh, die Tress Brüder aus unmittelbarer Nähe als Caterer gewonnen zu haben: »Wir sind auf einem guten Weg und können es gemeinsam noch besser machen. Schließlich wollen wir unsere Kinder nicht nur satt kriegen, sondern sie gesund satt kriegen.« (GEA)
100 Prozent bio
Die Bio-Küche der Tress Brüder basiert auf regionalen Lieferketten, ist 100 Prozent bio und verwendet weder Zusatzstoffe noch Aromen und Geschmacksverstärker. Zwei Hauptgerichte (eines vegan) stehen zur Auswahl, einmal in der Woche kommt jeweils Fisch und Fleisch auf den Teller. (in)


