PFULLINGEN. Egal ob Hase, Hamster oder Meerschweinchen: Auch, wenn die Kleintiere unwahrscheinlich süß sind und regelmäßig Kinderaugen zum Strahlen bringen, sind sie nicht zum Kuscheln gedacht. »Das sind sehr intelligente Tiere, die mehr als nur einen Käfig im Kinderzimmer und ein paar Schmuse-Einheiten brauchen«, erklärt Anja Zeller, Tierheimleiterin im Pfullinger BMT-Tierschutzzentrum. Grund genug, um einmal zu schauen, worüber sich zukünftige Kleintier-Halter Gedanken machen sollten, damit die Nager doch nicht zu guter Letzt im Tierheim landen.
Eine Sache, die beim GEA-Gespräch darüber immer wieder aufkommt, ist, dass die kleinen Tiere oft unterschätzt werden. »Ja, sie sehen süß aus, aber sie sind keine Geschenke für Kinder«, sagt Zeller. Sie beobachtet jedoch, dass die Nager oft auf dem Gabentisch landen. Meist damit die jungen Menschen lernen, Verantwortung zu übernehmen. »Das sollte aber nie die Motivation für den Kauf sein, weil die Tiere dann früher oder später doch bei uns im Tierheim landen.« So war es auch vor Kurzem: Weil ein Junge auf die weiterführende Schule geht und keine Zeit mehr für seinen Hamster hat, haben die Eltern diesen beim BMT abgegeben.
Viel Platz und Beschäftigung
Hase, Meerschweinchen, Hamster, Maus, Ratte, Degu oder Chinchilla: Die beliebten Nager sind intelligente Tiere. »Sie brauchen daher viel Platz und auch Beschäftigung«, erklärt die Pfullinger Expertin. Zwei Kaninchen beispielsweise sollten mindestens sechs Quadratmeter Platz haben. »Ob in einem Innen- oder Außengehege, das ist ganz egal.« Man könne Kleintiere auch frei in der Wohnung halten, müsste diese dann aber »tiersicher« machen. »Das heißt, alle Kabel verkleiden und Möbel sichern«, sagt Zeller. »Die Kleinen würden sonst alles annagen, dass ihnen unter die Zähne kommt.«
Aus diesem Grund sollte auch von Unterbringungen und Spielzeugen aus Plastik abgesehen werden, weil die Nager sonst den künstlichen Stoff zu sich nehmen würden. »Vieles, das wir im Fachhandel kaufen können, ist nicht artgerecht.« Zu viel Plastik, zu wenig Platz in den Käfigen und Spielzeuge, die nicht geeignet sind: Zeller kann sich nicht erklären, warum solche Dinge immer noch verkauft werden, weil »wir mittlerweile eigentlich wissen, dass das den Tieren nicht guttut«.
Beratung vor dem Kauf ein Muss
Weil Hamster, Meerschweinchen und Co. oft aufgrund ihrer Größe unterschätzt werden, sind sie in den meisten Fällen unterfordert. »Die meisten Klischees stimmen«, erklärt die Tierheimleiterin. »Hamster rennen gerne in einem Rad, Meerschweinchen lösen gerne Rätsel und Degus und Chinchillas klettern gerne.« Jedes Tier hat seine eigenen Vorlieben, weswegen für Zeller eine Beratung im örtlichen Tierheim vor dem Kauf ein Muss ist.
Übers Geld muss man reden
Egal ob Hase, Hamster oder Meerschweinchen: Kleintiere gehören mitunter zu den günstigeren Haustieren. Der Deutsche Tierschutzbund bietet Richtwerte, die zukünftigen Haltern dabei helfen sollen, sich zu orientieren. Die Kostenschätzung hängt jedoch unter anderem von Faktoren wie der Tierart, dem Wohnort und vielem mehr ab. Zusätzlich anfallende Kosten für Tierarzt, Krankenversicherung oder Ähnliches können nicht pauschal eingerechnet werden, da sie einfach individuell extrem variieren.
Einmalige Ausgaben: 20 bis 160 Euro. Anschaffungspreis bei einer Adoption aus dem Tierheim oder aus der Zoohandlung. Je nach Tierart variieren die Preise.
Basiskosten: 390 bis 850 Euro. Beispielsweise für Innengehege, Außengehege, Näpfe, Häuschen, Tunnel, Hängematten, Heu und mehr.
Jährliche Kosten: 810 bis 1.865 Euro. Für Futter, Heu, Einstreu, Gesundheitschecks und mehr.
Sonderkosten: variabel. Beispielsweise für außerplanmäßige Tierarztbesuche, Medikamente, Kastration und mehr.
Gesamtkosten: Zwei Meerschweinchen kosten bis zu ihrem achten Lebensjahr mindestens 7.000 Euro. Ein Hamster, der drei Jahre alt ist, kostet bis dahin mindestens 3.130 Euro. Zwei Kaninchen kosten bis zu ihrem 10. Lebensjahr mindestens 10.770 Euro.
Dort würden die Interessenten dann auch erfahren, dass bis auf den Hamster eigentlich alle Nager nicht alleine gehalten werden wollen. »Die brauchen sich untereinander und können sich dann auch miteinander beschäftigen«, erklärt Zeller. Bis auf den Hamster seien alle hoch soziale Wesen. »Wer mehrere Tiere zusammen hält, sollte dann aber dringend über das Thema Kastration nachdenken.« Das sei ein Thema, das häufig vergessen werde und weswegen zahlreiche Kleintiere im Tierheim landen würden.
Höherer Arbeitsaufwand als gedacht
»Viele unterschätzen außerdem, dass die Nager doch aufwendig zu halten sind«, sagt Zeller. Der Käfig muss regelmäßig geputzt und alle paar Wochen sogar grundgereinigt werden, das Futter und das Wasser immer wieder aufgefüllt und die Tiere beschäftigt werden. »Das nimmt mehr Zeit in Anspruch, als zunächst gedacht.« An diesem Punkt kommt Zeller auch wieder auf das Thema Kinder und Verantwortung zu sprechen: »Klar, können die Kleinen beim Putzen mithelfen, aber es sollte beim Helfen bleiben.«
Auch das Thema Urlaubsbetreuung will bedacht sein. »Die Kleintiere vermissen ihr Frauchen und Herrchen zwar nicht so wie Hunde oder Katzen, sie brauchen aber trotzdem jemanden, der sich um sie kümmert«, erklärt die Pfullinger Expertin. Das kann von Freunden über Nachbarn bis hin zum geschulten Tiersitter jeder sein. (GEA)

