ENINGEN. Nicht nur Erstwähler haben mit Kumulieren und Panaschieren ihre Probleme. Aber die Fehler der Alten müssen die Jungen ja nicht wiederholen. Chantal Schrader und Isabelle Bombeiter von der Landeszentrale für Politische Bildung erklärten am Mittwoch ausführlich, wie man einen Stimmzettel für die Kommunalwahl korrekt ausfüllt. Im Martinussaal der Liebfrauenkirche begegneten bei der Erstwählerveranstaltung der Gemeinde rund 20 Jugendliche ebenso vielen Kandidaten für den Gemeinderat und diskutierten mit ihnen über ihre Anliegen.
Für Bürgermeister Alexander Schweizer war das genau das richtige Datum für so eine Veranstaltung. Er erinnerte daran, dass am 8. Mai vor 74 Jahren mit der Kapitulation des Naziregimes auch die ersten Schritte Richtung Demokratie gemacht worden sind. Für ihn eine Erfolgsgeschichte. Dass die Demokratie ihre Wurzeln auf der kommunalen Ebene hat, ist auch bei den Jugendlichen angekommen. »Das ist die direkteste Möglichkeit, um Einfluss zu nehmen«, sagte einer der Erstwähler in der Aufwärmrunde und eine Erstwählerin schob nach: »Man hat gemerkt, dass sich seit der vergangenen Wahl etwas geändert hat.« Ob das daran lag, dass mit Lena Hönes, Christina Hummel und Lukas Schult 2014 gleich drei junge Räte ins Gremium eingezogen waren? Dazu sagte Schweizer nichts. Zumindest sei es aber deshalb »vielleicht nicht so tragisch, dass wir noch keinen Jugendgemeinderat haben«, erklärte er, zumindest die Erstwähler zeigten daran auch kein großes Interesse.
Drei Themeninseln – »Freizeit in Eningen«, »Leben in Eningen« und »Formen politischer Einflussnahmen« – hatten die beiden freien Mitarbeiterinnen der Landeszentrale im Martinussaal aufgebaut. Rund um die Stehtische hatten die Jugendlichen gemeinsam mit den Kandidaten und moderiert von den Mitgliedern des Arbeitskreises Jugend, die Möglichkeit ihre Ideen einzubringen. Auf das geringste Interesse stießen dabei die »Formen der politischen Einflussnahme«. Ein- bis zweimal im Jahr ein Jugendforum und den Arbeitskreis Jugend bekannter zu machen, darauf beschränkten sich die Vorschläge.
Am meisten interessierte die Erstwähler das Thema Freizeit. Wobei sich herausstellte, dass zumindest die Teilnehmer der Veranstaltung den größten Teil ihrer Freizeit in Eningen verbringen und vor allem wegen ihrer Freunde nach Reutlingen fahren. Allerdings gebe es wenig Aufenthaltsorte für Jugendliche in Eningen, einen überdachten Platz zum Treffen vermissen sie, aber auch einen Jugendraum. Im Jugendcafé seien nur Alte, sagten gleich mehrere. Eine Bürger-App oder eine Whats-App-Gruppe, um Feste und Veranstaltungen anzukündigen, waren weitere Ideen.
Der öffentliche Nahverkehr war ein wichtiges Thema am Tisch zu »Leben in Eningen«. Eine bessere Taktung, vor allem auf die Wenge, war dabei ein Punkt, aber auch eine häufigere Anbindung nach Metzingen: »Dort gibt es Läden, die wird Eningen nie haben.« Eine Gruppe sorgt sich um die Zukunft der Sportvereine und machte als Grund dafür auch die Übungsleiterpauschale aus. Einige halten die neue Bebauung auf der Wenge für fragwürdig und der neue Spielplatz dort sei zwar klasse, liege aber viel zu nah’ an der Straße. »Wenn die Bauzäune weg sind, wird es gefährlich für die Kinder.« Einen schönen Biergarten, den wünschten sich viele. Ebenso, dass das Dorffest nicht nur alle zwei Jahre gefeiert wird.
Ohne Probewählen
Keine Idee gehe verloren, hatte zuvor Bürgermeister Schweizer den Jugendlichen versprochen. Womöglich noch im Herbst, aber ganz sicher im kommenden Frühjahr, werde sich der neue Gemeinderat mit diesen Dingen beschäftigen. Schweizer hatte schon am Rande der Veranstaltung die positiven Aspekte betont: »Die Gemeinderäte und Kandidaten müssen sich überlegen, wie sie diese Zielgruppe ansprechen können.«
Emelie Geiger und Emily Hubbes, beide 16 Jahre, fanden die Veranstaltung jedenfalls ganz gut. Bei den beiden haben die Kandidaten keine schlechte Karten, die sich in einer kurzen Runde gleich zu Beginn vorgestellt hatten. Ihnen war es wichtig, "die Personen kennenzulernen", sagen sie. "Ich weiß jetzt, wie der Wahlzettel ausgefüllt werden muss, ergänzt Emelie Geiger noch. Augenscheinlich muss der Teil mit dem Kumulieren und Panaschieren bei den Jugendlichen angekommen sein. Denn Probewählen wollte bei den beiden Mitarbeiterinnen der Landeszentrale niemand. (us)