Logo
Aktuell Natur

Alpenbock in Pfullingen gesichtet

Im Landkreis Reutlingen wird einiges getan, um den gefährdeten Käfer, der sich im Totholz wohlfühlt, zu schützen

Nicht nur Kreisfachberaterin Isabel Möhrle hat ein  Exemplar des seltenen Alpenbocks  in Pfullingen entdeckt. Steffen  Burgemeis
Nicht nur Kreisfachberaterin Isabel Möhrle hat ein Exemplar des seltenen Alpenbocks in Pfullingen entdeckt. Steffen Burgemeister gelang es sogar, im Maustäle an einer alten Buche zwei Alpenböcke bei der Paarung abzulichten. FOTO: BURGEMEISTER
Nicht nur Kreisfachberaterin Isabel Möhrle hat ein Exemplar des seltenen Alpenbocks in Pfullingen entdeckt. Steffen Burgemeister gelang es sogar, im Maustäle an einer alten Buche zwei Alpenböcke bei der Paarung abzulichten. FOTO: BURGEMEISTER

PFULLINGEN. In einem älteren Streuobstbestand in der Nähe Pfullingens machte Isabel Möhrle, Kreisfachberaterin für Obst- und Gartenbau, kürzlich eine besondere Entdeckung: Im Totholz saß ein blau schimmernder Käfer. »Erst beim zweiten Blick war ich mir sicher, dass es sich um einen Alpenbock handelt und ich machte einen innerlichen Freudensprung.« Noch nie habe sie den Käfer in freier Natur zu Gesicht bekommen.

Dass sie den Alpenbock überhaupt in Pfullingen entdecken und fotografieren konnte, ist auf eine lange Tradition in den Wäldern im Kreis Reutlingen zurückzuführen. Die Felsen und trockenen Bereichen am Albtrauf mit hohen Totholzanteilen bieten dem Käfer seinen Lebensraum.

Vermutlich ist der Alpenbock eine eiszeitliche Reliktart, die unter anderem an den besonnten Felsen am Albtrauf im Kreis Reutlingen überlebt und von dort aus die Alpen wiederbesiedelt hat, erklärt Kreisforstamtsleiter Matthias Kiess. »In den Wäldern am Albtrauf boten sich für den Alpenbock über Jahrtausende hinweg günstige Lebensbedingungen.«

Das Augenmerk der Förster liegt seit Jahrzehnten auf der Erhaltung der imposanten blau-schwarzen Käferart. Dabei wird vor allem darauf geachtet, dass in besonnten Lagen im Bereich von Bad Urach bis Pfullingen und Reutlingen genügend Totholz im Wald bleibt. In den Bannwäldern um Urach, die bereits vor dem Ersten Weltkrieg ausgewiesen wurden, und den extensiv bewirtschafteten Flächen im Bereich der Felsen, hatte der Alpenbock auch in Zeiten intensiverer Waldbewirtschaftung noch einen sicheren Lebensraum.

In den ehemaligen Forstämtern Bad Urach und Reutlingen wurden bereits seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts Maßnahmen für den Alpenbock ergriffen. So wurden in den 1960er-Jahren beispielsweise im Bereich des Runden Berges Alt- und Totholz gezielt im Wald belassen.

Die Ausweisung der Kernzonen im Biosphärengebiet, Alt- und Totholzkonzepte im öffentlichen Wald sowie gezielte Maßnahmen zur Förderung des Alpenbocks zeigen Wirkung. Im Rahmen einer umfassenden Kartierung der Alpenbock-Lebensstätten im Jahr 2013 konnte ein zusammenhängendes Verbreitungsgebiet am Albtrauf nachgewiesen werden.

Der Landkreis Reutlingen hat im Rahmen des 111-Arten-Korbs der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) besondere Verantwortung für die Käferart übernommen. Darin finden sich 111 Arten, die besonders auf Hilfe angewiesen sind und schwerpunktmäßig in Baden-Württemberg vorkommen.

Durch die Aufnahme in den Anhang II und IV der FFH-Richtlinie unterliegt der Alpenbock dem besonders strengen europäischen Schutzregime. Im Anhang II sind Tier- und Pflanzenarten aufgelistet, für die Schutzgebiete im NATURA 2000-Netz eingerichtet werden müssen. Anhang IV ist eine Liste von Tier- und Pflanzenarten, die unter dem besonderen Rechtsschutz der EU stehen, weil sie selten und schützenswert sind.

Gelegentlich erreichen das Kreisforstamt Hinweise von besorgten Bürgern, der für den Laien ähnlich aussehende asiatische Laubholzbock habe den Kreis erreicht. Dieser neu einwandernde, gefürchtete Holzschädling unterliegt besonderen Quarantänevorschriften der EU. Die eingereichten Fotos zeigten bisher allerdings eindeutig den Alpenbock. (em)