PLIEZHAUSEN. Salome Jarck, die in der Bau- und Hauptverwaltung von Pliezhausen arbeitet, stellt im Technischen Ausschuss die Zukunft vor: Ein Einfamilienhaus mit einer Einliegerwohnung wird am Riedweg 4 in Rübgarten entstehen. Aber nicht in einem Neubau. Stattdessen wird das bisherige Gotteshaus umgenutzt. Das Gebäude kennen viele Bewohner Rübgartens als Immanuelskapelle. Am Sonntag, 30. März, hat dort die kirchliche Nutzung geendet, die Evangelisch-methodistische Kirchengemeinde (EmK) im Bezirk Pliezhausen suchte einen Nachnutzer und fand ihn.
Die fast 100 Jahre alte Kapelle hat somit einen neuen Besitzer, der aus dem 165 Quadratmeter großen Gebäude mit drei Räumen ein Wohnhaus machen möchte. Weil es dort kein gültiges Baurecht in Form eines Bebauungsplans oder auch nur einer Baulinie gibt, an die man bauen muss, richten sich die Mitarbeiter der Bauverwaltung und des Technischen Ausschusses nach der Umgebungsbebauung bei den Fragen, ob eine Nutzungsänderung und der Umbau möglich sind. Das Ergebnis: »Das Einvernehmen kann den Bauherren erteilt werden. Der Umnutzung steht nichts im Wege«, sagt Jarck. Die Ausschussmitglieder geben einstimmig grünes Licht.
Die Kubatur bleibt
Die Ortsvorsteherin Brigitte Rapp beurteilt die Pläne im Ausschuss als sehr positiv. »Die Kubatur ändert sich nicht.« Zudem würden für die Einliegerwohnung Stellplätze geschaffen. Die Pläne sehen laut dem Sitzungspapier einen Carport neben dem Hauseingang ebenso vor wie zwei Stellplätze daneben und einen vierten westlich des Gebäudes als Längsparker. Bürgermeister Christof Dold pflichtete Rapp bei, dass die Pläne für die frühere Kapelle sehr positiv seien.
Auf Anfrage spricht Rapp am Telefon über die Situation der Evangelisch-methodistischen Kirche im Ort: »Die Gemeinde war überaltert, und so ist die Zahl der Gottesdienstbesucher immer weniger geworden.« Daher haben sich die Verantwortlichen der kirchlichen Gemeinde Gedanken gemacht, wie sie an ihren drei Standorten Pliezhausen, Rübgarten und Mittelstadt mit der Situation umgehen. Die Pfarrerin Monika Brenner habe die Idee für ein anderes Format der Nutzung der Kapelle und des Gottesdienstes gehabt, erzählt Rapp. Eine weitere Herausforderung sei die defekte Heizung gewesen. »Der zweite Zweck neben der geringen Auslastung der Gottesdienstes war, eine Begegnungsstätte für das gesamte Dorf zu schaffen. Die EmK hat ein Orga-Team gegründet, das sich mit der Frage auseinandergesetzt hat, was es dafür alles braucht.«
Kein Geld von Pliezhausen
Die weltliche Gemeinde Pliezhausen habe die kirchliche Gemeinde bei den Plänen unterstützt. Es sei perspektivisch auch um ein finanzielles Engagement gegangen. »Bei der Haushaltslage von Pliezhausen war der Invest aber nicht zu stemmen. Darum haben die Verwaltung und der Bürgermeister entschieden, nicht zu investieren.« Was die Gründe gewesen sein könnten, dass die Gemeinde den Plan vom Café aufgegeben hat, weiß Rapp nicht. Sie vermutet, dass die Lage der Kapelle eine Rolle gespielt haben könnte. »Durch die Nähe zum Schloss von Rübgarten muss man das mitdenken«, sagt die Ortsvorsteherin. Das stehe nämlich unter Denkmalschutz. »Wenn die Kirche den Garten hinter der Kapelle nutzen wollen würde, müsste sie mit dem Denkmalamt Kontakt aufnehmen, weil der Garten an die Schlossmauer grenzt.«
Eine Begegnungsstätte im Ort und in der Immanuelskapelle sei als Idee »sehr charmant«. So hätten diejenigen einen Treffpunkt gehabt, die sich nicht im kirchlichen Rahmen oder in Vereinen treffen wollen. Es sei aber letztlich keine Initiative von Bürgern oder dem Ortschaftsrat von Rübgarten gewesen. »Stattdessen war es so, dass es dieses kirchliche Gebäude gab, dessen eigentliche Bestimmung, nämlich Gottesdienste abzuhalten, nicht mehr erfüllt werden konnte.«
Umnutzung zu Wohnhäusern
Dass Gotteshäuser aufgegeben werden, kommt immer wieder vor - auch in der Evangelisch-methodistischen Kirche. Das berichtet Michael Löffler, der Pastor der theologischen Leitung aus der Kirchenkanzlei in Frankfurt am Main, auf GEA-Anfrage. Er gibt einen Überblick, was aus ehemaligen Kirchen dieser Glaubensrichtung geworden ist: »Auffällig ist, dass die meisten Gebäude erhalten bleiben. Kapellen, wie in Rübgarten, die oft so groß wie Wohnhäuser sind, werden häufig zu Wohnraum umgenutzt.« Dies entspreche etwa der Hälfte der Gebäude.
In zehn Prozent der Fälle entstünde Wohnraum auf Flächen, auf denen Kirchen abgerissen wurden. Etwa 20 Prozent der früheren evangelisch-methodistischen Bauten würden von anderen christlichen Gemeinden im ursprünglichen Sinne weiter und 30 Prozent anders öffentlich genutzt. »In der Vergangenheit hatten wir in Süddeutschland sowohl größere als auch viele kleine Kirchengemeinden. Dies war damals sinnvoll. Doch in einer zunehmend mobilen Gesellschaft und verstärkt durch den demografischen Wandel hat sich dies geändert«, sagt Löffler.
Die Pliezhäuser Pastorin Monika Brenner geht auf das Aus für die Café-Pläne in Rübgarten ein: Die baulichen Auflagen seien dafür nicht ausschlaggebend gewesen. »Bürgermeister Dold hätte uns dabei unterstützt. So weit waren wir noch gar nicht, dass wir einen Bauantrag stellen konnten.« Zunächst sei die Bereitschaft, sich für ein Café einzubringen, groß gewesen. »Das war aber sehr zeitintensiv, und die Personen im Kernteam wurden weniger.« Hinzu kam, dass manche aus der Gemeinde von der Idee sehr angetan waren, andere aber nicht. »Wenn wir es weiter vorangetrieben hätten, hätte es uns als Gemeinde gespalten.« Grundsätzlich findet Brenner diese Entwicklung aber sehr schade: »Es tut mir leid, dass sich einige Hoffnungen auf ein Café gemacht haben.« Manches lasse sich nicht umsetzen.
Kirche im Hauptort
Ortsvorsteherin Rapp berichtet von dem »sehr stimmungsvollen Gottesdienst zur Entwidmung der Kapelle« in Rübgarten. Dabei hätten Bedauern und Trauer ebenso eine Rolle gespielt wie die Gewissheit, den Käufern der Immobilie eine Freude zu bereiten. Ein Grund sei gewesen, dass manche der Gemeindeglieder in ihren Händen Maurerkellen gehalten hätten, um die Kapelle umzubauen. »Der Gottesdienst war sehr, sehr emotional. Klar war auch, dass die Gemeinschaft am neuen Standort Pliezhausen weiterleben wird.« Denn dort gibt es an der Esslinger Straße eine Kirche. (GEA)

