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Was die Sieben-Keltern-Stadt Metzingen mit dem Reichspräsidenten verbindet

Straßennamen in Metzingen und ihre Geschichte: Ein Brief vonPaul von Hindenburg.

Dankschreiben von Reichspräsident Paul von Hindenburg an die Stadt Metzingen zur Benennung der Hindenburgschule und der Hindenb
Dankschreiben von Reichspräsident Paul von Hindenburg an die Stadt Metzingen zur Benennung der Hindenburgschule und der Hindenburgstraße (1933). FOTO: STADTARCHIV METZINGEN
Dankschreiben von Reichspräsident Paul von Hindenburg an die Stadt Metzingen zur Benennung der Hindenburgschule und der Hindenburgstraße (1933). FOTO: STADTARCHIV METZINGEN

METZINGEN. Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Führer der NSDAP, Adolf Hitler, zum Reichskanzler. Ein folgenschwerer Schritt, wie sich bald zeigen sollte. Binnen weniger Monate gelang es den Nationalsozialisten im Rahmen der Machtergreifung, durch Gleichschaltung, Umschaltung und Ausschaltung aus der Weimarer Demokratie eine Diktatur aufzubauen, die zwölf Jahre später in einer der schlimmsten Katastrophen der deutschen Geschichte endete. Dabei waren 1933 viele begeistert über die »Nationale Revolution« und ein Ende der Auseinandersetzungen zwischen politischen Parteien. Die Einheit wurde beschworen und es wurde kaum für möglich gehalten, dass das, was Hitler in seinem Buch »Mein Kampf« beschrieben hatte, wenig später Wirklichkeit werden sollte. Unter diesem Vorzeichen ist der 1. Mai 1933 zu sehen, als auch in Metzingen mit einem Umzug die nationale Einheit gefeiert wurde.

»Rettung des deutschen Volkes«

Schon am 23. April 1933 hatte ein anonymer Einsender im Metzinger Anzeiger die Umbenennung von Straßen »von Personen, die im politischen Leben der Nachkriegszeit eine besondere Rolle spielten« und die Ehrung von bedeutenden Staatsmännern der Gegenwart aufgeworfen. »In Metzingen wird eine Umbenennung von Straßen wohl nicht infrage kommen, dagegen möchte der Einsender den Gedanken zur Debatte stellen, dem freien Platz bei der Kirche mit dem Gedächtnisbrunnen den Namen Hindenburgplatz und dem städtischen Schwimmbad, wenn es nach dem neuen Plan erweitert ist, den Namen Adolf-Hitler-Bad beizulegen.« Der Führer der Metzinger Nationalsozialisten, Dr. Eugen Klett, griff diese Anregung in einem Antrag auf, den er am 28. April 1933 an den Gemeinderat stellte.

»Der Gemeinderat wolle beschließen: Zur dauernden Erinnerung an die Rettung des deutschen Volkes aus tiefster Not wird vom 1. Mai 1933 an der Lindenplatz Adolf-Hitler-Platz, die Bahnhofstraße Hindenburgstraße und das Volksschulgebäude Hindenburgschule heißen. Im Hofe der Hindenburgschule wird eine Adolf-Hitler-Eiche gepflanzt.« Und so beschloss es der Metzinger Gemeinderat in seiner Sitzung am Morgen des 1. Mai 1933 durch Erheben von den Sitzen einstimmig. Auch Bürgermeister Wilhelm Carl, der noch wenige Wochen zuvor mit den Nationalsozialisten wegen einer Flaggenhissung auf dem Rathaus über Kreuz gelegen war, erklärte: »Wir freuen uns vielmehr, durch diesen Antrag Gelegenheit zur Ehrung der beiden um unser Volk und Vaterland hochverdienten Männer zu erhalten, die in Einigkeit verbunden sind in dem Kampf um ein mächtiges, in seiner Kultur und Wirtschaft gesundes Deutschland.« Die Zielrichtung dieser »vaterländischen Ehrung« war klar: Die Nationalsozialisten versuchten durch den Schulterschluss mit Hindenburg und den alten Mächten Kontinuität vorzutäuschen.

METZINGER STRASSENNAMEN

In der Entstehung der Straßennamen in Metzingen spiegeln sich zugleich historische Entwicklungen in unserem Land und in unserer Stadt in den letzten beiden Jahrhunderten wider. Dies wurde zuletzt bei der Diskussion um die Hindenburgstraße deutlich. Die Geschichte der Metzinger Straßennamen war ein bislang unbearbeitetes Thema. Dementsprechend gibt Stadtarchivar Rolf Bidlingmaier in einer kleinen Artikel- Serie einen Überblick über die Entstehung und Bedeutung der Metzinger Straßennamen. (GEA)

Bürgermeister Carl teilte am Tag darauf die Benennungen brieflich dem Reichspräsidenten und dem Reichskanzler mit. Während Reichskanzler Hitler lediglich durch seinen persönlichen Referenten, Regierungsrat Dr. Meerwald, seinen Dank ausrichten ließ, antwortete Reichspräsident von Hindenburg mit einem eigenen Schreiben. »Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Für die Ehrungen, die mir vom Gemeinderat der Stadt Metzingen durch die Benennung der evangelischen und katholischen Volksschule als Hindenburgschule und durch die Schaffung der Hindenburgstraße erwiesen hat, spreche ich meinen aufrichtigen Dank aus. Ich nehme die Ehrungen gern an und sende Ihnen und der Einwohnerschaft von Metzingen meine herzlichen Grüße und meine besten Wünsche für die Zukunft Ihrer Stadt von Hindenburg.«

Keine Straße von Bedutung

Als wenige Monate später, im November 1933, erneut Straßenbenennungen im Metzinger Gemeinderat anstanden, entschied sich das Gremium allerdings gegen weitere Ehrungen. »Die Frage, ob mit der Straßenbezeichnung eine Ehrung verdienter Männer der vaterländischen Erhebung verbunden werden kann, ist geprüft und verneint worden, weil es sich um keine Straßen von Bedeutung handelt.« Dementsprechend wurde eine Straße auf dem Ösch nach dem Dichter Wilhelm Hauff (1802–1827) benannt, dem Verfasser des Romans »Lichtenstein«. Eine andere Straße im Gewann Sannental erhielt den Namen Gerberstraße. (pm)