PLIEZHAUSEN. Bereits 2023 hatte sich Pliezhausen auf den Weg gemacht, die gesetzlich vorgeschriebene Biotopverbundplanung umzusetzen. Nun liegt das Planwerk vor und wurde vom Gemeinderat und den Ortschaftsräten dieser Tage in einer gemeinsamen Sitzung einstimmig verabschiedet. Gemeinderat Alexander Zimmermann gab zu, mit einem Bürokratiemonster gerechnet zu haben. Aber: »Wir haben ein pragmatisches Papier erhalten mit Maßnahmen, die umgesetzt werden können.«
Der Gemeinde liege laut Planer Dr. Florian Wagner vom Büro Dr. Wagner & Partner aus Rübgarten nun ein Grundlagenwerk zum Naturschutz vor. Es handele sich um einen Masterplan für die Kommune, wie sie in den nächsten Jahren mit naturspezifischen Themen und dem Erhalt verschiedener Lebensräume auf ihrer Gemarkung vorgehen könne. Die Ziele seien ebenso klar formuliert wie konkrete Handlungsansätze für kommunale Grundstücke und es würde darüber hinaus naturschutzfachliche Empfehlungen für jedes Grundstück im Außenbereich geben. Neben der Gemeinde können Naturschutzverwaltung, Vereine, Landwirte, Jäger und Privatpersonen jeweils ihren individuellen Beitrag leisten, heißt es in dem Bericht.
Feuchtbiotope inm schlimmen Zustand
Sie können, müssen aber nicht handeln, das gilt auch für die Gemeinde. Die wolle laut Dold indes einiges umsetzen: »Wir kennen nun den Zustand, haben Zielvorgaben und einiges lässt sich mit geringen Mitteln und doch großem Erfolg umsetzen«, teilte er mit. Es sei gut gewesen, sich rechtzeitig auf den Weg gemacht zu haben und die Begehungen seien auch für diejenigen sehr spannend gewesen, die die Gemarkung von Pliezhausen zu kennen glauben: Man habe viele Kleinode entdeckt und habe die Probleme vor Ort erkannt.
Da sind zum Beispiel die Feuchtbiotope, die laut Planer Wagner in einem schlimmen Zustand seien: »Hier besteht ein hoher Handlungsbedarf«, machte er deutlich. »Die alten Stillgewässer sind kein Biotop mehr, sondern eine Todesfalle.« Wichtiges Thema seien auch die Streuobstwiesen. Mit fast 180 Hektar spielen sie eine große Rolle im Gemeindegebiet. Deren Zustand sei laut Florian Wagner vielfach schlecht, der Bestand werde in den nächsten Jahren zurückgehen. Darauf müsse man reagieren, aber nicht unbedingt mit Neuanpflanzungen von Obstbäumen: »Es müssen Alternativen entwickelt werden.« Eine Möglichkeit sei die Schaffung von Ersatzlebensräumen für die Tiere, das könnten beispielsweise freistehende Eichen sein – davon würden bereits einige existieren. Auch könnte über die Pflanzung von pflegeunabhängigen Bäumen an geeigneten Standorten nachgedacht werden.
Ein großer Baustein sei das Thema Feldvögel. Auf den ackerbaulich genutzten Flächen würden noch Feldlerchen in nennenswertem Bestand vorkommen. Und, was die Gemeinderäte aufhorchen ließ: Maßnahmen zum Schutz und Verbesserung dieser Population könnten auch der Wiederansiedlung verschwundener Arten wie dem Rebhuhn dienen. Erfolgreiche Maßnahmen könnten auf freiwilliger Basis nur gemeinsam mit den Landwirten und den Jägern umgesetzt werden. Standortbedingt seien trockene Lebensräume im Gemeindegebiet selten, wie der Planer erläuterte. Umso überraschter sei man über ein Restvorkommen an Schlingnattern gewesen. Aus diesem Grund sei der Erhalt der Trockenmauern an einigen Südhängen und die Offenhaltung zahlreicher ehemaliger Steinbrüche für den Erhalt der Lebensräume und der darin vorkommenden Arten essenziell.
Die Biotopverbundplanung wird über den Landschaftserhaltungsverband Reutlingen (LEV) mit Mitteln des Landes unterstützt und fachlich begleitet. Die Erstellung des Planwerks für Pliezhausen wurde mit 90 Prozent gefördert, bei einer zeitnahen Umsetzung könnte die Gemeinde laut Anna Lakeit vom LEV von weiteren Fördergeldern profitieren – es gäbe noch nicht so viele Gemeinden, die bereits die Phase der Umsetzung erreicht hätten. Ein regelmäßiges Monitoring sei indes nicht vorgeschrieben, aber: »Wir sehen uns in der Pflicht, nachzuschauen und steuernd einzugreifen.« Pliezhausen liege mit der Biotopverbundplanung als eine der ersten Gemeinden im Landkreis ein umfassendes und praxisnahes Werk vor, meinte die Fachfrau. Nun sei es laut Gemeinderätin Beate Saile-Sulz wichtig, die Bürger mitzunehmen: »Wir müssen ihnen nahebringen, wie man mit der Natur umgeht. Wir haben hier noch sehr viel davon.«
Einstimmig Ja gesagt haben der Gemeinderat sowie die Ortschaftsräte auch zum Konzept zur Graben- und Wegrandpflege und zum Naturschutzkataster. (GEA)

