WALDDORFHÄSLACH. Immer häufiger erfährt man aus den Medien, dass Kinder und Jugendliche sexualisierte Gewalt in Vereinen erfahren. Eine Studie von 2016 beispielsweise zeigte, dass fast jede dritte Sportlerin solche Übergriffe in ihrer Zeit im Verein erlebt hat. Deshalb hat der SV Walddorf nun ein Präventionskonzept erarbeitet, um »Kindern und Jugendlichen hier einen sicheren Ort zu bieten und sie vor Übergriffen jeglicher Art zu schützen«, erklärte die Jugendschutzbeauftragte des Vereins, Nadine Albrecht, die mit der zweiten Vorsitzenden des Vereins, Andrea Speier, das neue Konzept jetzt der Öffentlichkeit vorstellte.
Die Idee, das Thema Kinder- und Jugendschutz beim SV Walddorf zu etablieren, habe es nach den Worten Speiers bereits vor Corona gegeben. Im Mai 2023 »fassten wir dann den Vorstandsbeschluss ein Präventionskonzept auszuarbeiten und umzusetzen«. Es folgten Schulungen, Gespräche mit dem Jugendamt in Reutlingen sowie mit Vertreterinnen der Württembergischen Sportjugend (WSJ). Auch mit anderen Vereinen tauschte sich der SV Walddorf aus.
Verbindliche Verhaltensrichtlinien für die Übungsleiter
Vor einem Jahr übernahm Nadine Albrecht beim SV Walddorf schließlich das Amt der Jugendschutzbeauftragten. Sie stellte nun auch bei einem Festakt vor Ort die einzelnen Bausteine des neuen Konzepts vor. Als erstes sei »der Kinder- und Jugendschutz in unsere Vereinsstatuten aufgenommen und dort verankert« worden. Für alle Übungsleiterinnen und –leiter gebe es nun verbindliche Verhaltensrichtlinien. Sie würden regelmäßig zu diesen speziellen Themen geschult und sensibilisiert, so Albrecht weiter.
»Alle Vereinsmitarbeiter ab 14 Jahren, die im Kinder- und Jugendbereich tätig sind, haben vor Aufnahme ihrer Tätigkeit ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen«, beschreibt die Jugendschutzbeauftragte einen weiteren Baustein des Präventionskonzepts. Dieses Führungszeugnis müsse alle drei Jahre erneuert werden.
Zudem gebe es eine Vereinbarung mit dem Jugendamt zur Umsetzung des im Sozialgesetzbuch verankerten »Tätigkeitsauschlusses einschlägig vorbestrafter Personen«. Dies schaffe Verbindlichkeit und sichere die Nachhaltigkeit. Ein zusätzlicher Interventionsleitfaden stelle sicher, »dass jeder von uns weiß, wie man sich in einem Verdachtsfall zu verhalten hat und welche Schritte gegebenenfalls einzuleiten sind«.
Um dieses Konzept zur Sicherung des Kinder- und Jugendschutzes beim SV Walddorf jederzeit umsetzen zu können, sei die Position der Jugendschutzbeauftragten geschaffen worden. »Niemand darf sich respektlos gegenüber anderen verhalten und sich über den erkennbaren Willen eines anderen hinwegsetzen«, wird Albrecht deutlich. Und: »Wir schauen nicht weg, sondern wir handeln!«
Thema soll nicht Angst machen
Sonja Carle, Präsidentin des WSJ, war sehr erfreut darüber, dass das Thema Kinder- und Jugendschutz beim SV Walddorf »so wichtig, so ernst genommen und im Verein so sichtbar gemacht wird.« Dass man so deutlich darüber rede, solle nicht Angst machen, sondern vielmehr dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche in einem positiven Umfeld und schöner Atmosphäre ihren Sport betreiben könnten.
Beeindruckt war auch Bürgermeisterin Silke Höflinger von dem Kinder- und Jugendschutzkonzept des SV Walddorf. Gerade die Vereine seien doch das tragende Fundament einer sozial gut funktionierenden und aufgeklärten Gesellschaft. Hier entstünden Beziehungen, aus denen Verlässlichkeit, Zuneigung und Vertrauen erwachse.
Wichtige Sensibilisierung aller Beteiligten
Es sei grausam und brutal, wenn dieses Vertrauen bei Kindern und Jugendlichen missbraucht werde. Man nehme ihnen damit die Unversehrtheit ihres Körpers und ihrer Seele und zerstöre ihre Zukunft und ihre Zuversicht in das Leben".
Deshalb sei so wichtig, dass der SV Walddorf das gesellschaftlich höchst bedeutsame Thema »sexualisierte Gewalt an Kindern, an Jugendlichen, an Schutzbefohlenen« mit dem Kinder- und Jugendschutzkonzept aufgegriffen und verpflichtend im Ehrenkodex des Vereins verankert habe. Dieses Konzept, der offene Umgang damit und die Sensibilisierung aller Beteiligten mit diesem Thema sei genau »die richtige Antwort auf diese allgemeingesellschaftliche Misere«. (GEA)


