Logo
Aktuell Verfahren

Streit um die Wahl: Metzingen diskutiert über die Zukunft von Neuhausen und Glems

Die Freien Wähler wollen die komplizierte Unechte Teilortswahl 2029 in Metzingen abschaffen. Was die anderen politischen Kräfte davon halten.

Vom Rossfeld in Metzingen sind die Stadt und der Teilort Neuhausen (vorne rechts) zu sehen während Glems als der kleinste weiter
Vom Rossfeld in Metzingen sind die Stadt und der Teilort Neuhausen (vorne rechts) zu sehen während Glems als der kleinste weiter links liegt und nicht im Bild ist. Foto: Ingo Jakubke
Vom Rossfeld in Metzingen sind die Stadt und der Teilort Neuhausen (vorne rechts) zu sehen während Glems als der kleinste weiter links liegt und nicht im Bild ist.
Foto: Ingo Jakubke

METZINGEN. Bis zur Gemeinderatswahl 2029 dauert es zwar noch lange, sie ist aber bereits ein Thema in der Metzinger Kommunalpolitik. Allerdings geht es dabei nicht um Kandidaten und Ziele, sondern um das Wahlverfahren. Bisher verläuft das nach der Unechten Teilortswahl, die die Repräsentation der Teilorte Neuhausen und Glems im Metzinger Gremium fördert. Nun haben die Freien Wähler im Gemeinderat beantragt, die Unechte Teilortswahl abzuschaffen. Finden sich genug Unterstützer für ihren Vorstoß, gäbe bei der nächsten Wahl nur noch die Stimmenzahl und nicht der Wahlort den Ausschlag.

Der Fraktionschef der Freien Wähler, Stefan Köhler, begründete seinen Antrag so: »Kernstadt und Teilorte sind inzwischen stark zusammengewachsen.« Ein Nachteil dieses bisherigen Wahlrechts seien »überdurchschnittlich viele ungültige Stimmen«. Er bat die Stadtverwaltung um ein Sitzungspapier zur Abschaffung der Unechten Teilortswahl bis Frühjahr 2026. Der GEA hat die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen Eckart Ruopp (CDU) und Dr. Georg Bräuchle (Grüne) sowie die Einzelstadträte Alexander Hack (SPD), Isabel Rück-Aurenz und Ursula Wilgenbus (beide FDP) um Statements zum Wahlverfahren gebeten.

Ruopp: Abschaffen hätte Vorteile

Eckart Ruopp (CDU) sagt, er sei überrascht gewesen, dass die Freien Wähler die Unechte Teilortswahl abschaffen möchten. »Sie sind seit langer Zeit in Glems und Neuhausen die Platzhirsche. Darum sind die Teilorte für sie ein gemähtes Wiesle.« Ruopp sagt, die CDU-Fraktion habe sich zu dem Thema noch nicht beraten. Er selbst hält den Vorschlag der Freien Wähler aber für gut. Das jetzige Vorgehen habe nämlich Nachteile. »Es ist in den Teilorten schwierig, jemanden für die Wahl zu finden. Man braucht ja in Glems zwei Kandidaten, von denen nur einer in den Rat gewählt werden kann. Das ist für den zweiten undankbar und enttäuschend.« Bisher hätten sich diejenigen, die die Wahl abschaffen wollen, den Zorn in den Teilorten zugezogen. Hinzu komme, dass es viele ungültige Stimmen gebe. »Wenn die Unechte Teilortswahl abgeschafft würde, könnte das dazu führen, dass mehr Personen aus Glems und Neuhausen in den Gemeinderat gewählt würden. Für die Orte muss das kein Nachteil sein.«

Dr. Georg Bräuchle teilt mit, dass die Grünen sich zu dem Thema noch keine abschließende Meinung gebildet haben. »Die unechte Teilortswahl wurde seinerzeit eingeführt, um die spezifischen Interessen der damals selbständigen Gemeinden Neuhausen und Glems nach der Eingemeindung zu wahren.« Mit den Jahrzehnten habe sich zwar vieles geändert, doch es gebe in Neuhausen und Glems noch immer einen Dorfcharakter. »Das zeigt sich in einem besonderen Zusammengehörigkeitsgefühl und einer besonderen Verbundenheit zum Flecken bei vielen Menschen. Das halten wir grundsätzlich für etwas sehr Wertvolles«, teilt Bräuchle mit. Nun solle analysiert werden, ob das bisherige System noch relevant sei. Er stellt klar: »Das wollen aber nicht wir entscheiden, sondern wir wollen dazu das Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern aus Neuhausen und Glems und mit ihren Vereinen suchen.«

Wilgenbus: Deregulierung versus Ortsinteressen

Ursula Wilgenbus, (FDP) teilt mit, sie sei zur möglichen Abschaffung der Unechten Teilortswahl zwiegespalten. »Einerseits bin ich auch für eine Deregulierung und Vereinfachung bei Wahlen. Aber ich habe schon die Aufschreie aus Neuhausen und Glems im Ohr, die sich nicht mehr genug vertreten fühlen. Andererseits ist es doch eigentlich so, dass nur eine auf ein Miteinander ausgerichtete Gesamtgemeinde prosperieren kann.« Die politische Stimmung in den Teilorten werde den Ausschlag geben, vermutet Wilgenbus.

Isabel Rück-Aurenz (FDP) spricht sich klar für die Abschaffung aus: »Aus meiner Sicht entspricht dieses Wahlsystem nicht mehr den heutigen demokratischen und gesellschaftlichen Anforderungen und stellt eine sehr komplizierte Variante des Wählens dar.« Das bisherige System verzerre den Wählerwillen, weil Stimmen je nach Wohnort ein unterschiedliches Gewicht hätten. Außerdem verstehe sich Metzingen als gemeinsame Stadtgesellschaft. »Die Abschaffung der Unechten Teilortswahl würde das 'Wir Gefühl' stärken und die politische Verantwortung auf das Ganze - und nicht auf Ortsgrenzen - ausrichten.« Das aktuelle System sei komplex und für viele beim Wählen schwer nachvollziehbar, sodass es zu Fehlern komme. Außerdem habe sich die Bedeutung der Teilortsgrenzen durch die Mobilität der Bevölkerung und den demografischen Wandel relativiert.

Hack: Ortschaftsräte einbinden

Alexander Hack (SPD) sieht bei einer möglichen Abschaffung Für und Wider. »Ich sehe es generell als zielführend, wenn man lediglich die Vereinfachung der Wahl an sich betrachtet. Es gäbe durch eine Abschaffung der Unechten Teilortswahl wohl deutlich weniger ungültige Stimmzettel, was an sich zu befürworten ist. Jedoch habe ich die Sorge, dass speziell die kleinste Teilgemeinde Glems durch diese Wahlreform zukünftig keinen stimmberechtigten Sitz mehr im Stadtrat haben könnte.« Aktuell vertrete Andreas Seiz als Ortsvorsteher von Glems. Hack blickt in die Zukunft: Sollte das Gremium die Reform für das Jahr 2029 beschließen und Seiz zeitgleich womöglich altershalber nicht mehr als Kandidat antreten, könne das kontraproduktiv für den Erhalt und den Glauben in die demokratischen Instanzen sein. »Die Glemser könnten sich zukünftig abgehängt und nicht mehr ausreichend gehört vorkommen.« Hack rät, die Ortschaftsräte einzubinden und sich an deren Wunsch zu orientieren. (GEA)