BAD URACH. Im Bereich B 28/Bäderstraße zwischen Bad Urach und der Dettinger Bleiche sowie am Diegele-Wehr wurden 2008 und 2014 mittelalterliche Keramikscherben gefunden sowie die Spuren mittelalterlicher Häuser am Ermsufer aufgedeckt. Hier lag historischen Karten zufolge die Wüstung Merzhausen, eine verschwundene Siedlung, die von 1292 bis zum Ende des 15. Jahrhunderts auch in den Schriftquellen genannt wird. Auch die Römer haben hier ihre Spuren hinterlassen.
Dr. Mathias Hensch, Referent für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie im Landesamt für Denkmalpflege, nimmt an, dass sich der Name »Merzhausen« aus dem Eigennamen »Merzo« und dem althochdeutschen »-husin« zusammensetzt und »Siedlung des Merzo« bedeuten könnte.
Lagerbuch der Kellerei von 1454
Ernst Strähle aus Böhringen, der die Häuserbücher der Stadt Urach erarbeitete, fand im Lagerbuch der Kellerei Urach von 1454 einen erneuten Hinweis auf Merzhausen. Das Lagerbuch nennt unter anderem die Abgaben, die Heinz Schönleben, der vor fast 570 Jahren in der Pfählerstraße in Urach wohnte, zu leisten hatte.
Schönleben hatte Äcker gepachtet, deren Lage folgendermaßen beschrieben wird: »Item (außerdem) 3 Juchart Ackerß als man zuo Mertzhusen in fert, stosset ain halb an Jacob Wagners, anderhalb an Claußen Voglersß Äcker…« Die eine alte Maßeinheit »Juchart« meint rund 36 Ar. Schönlebens Ackerflächen lagen an der Einfahrt zu Merzhausen. Die Äcker des Jakob Wagner und des Klaus Vogler grenzten an. Auch hier wird die alte Siedlung Merzhausen im Spätmittelalter greifbar.
Bei den Erdarbeiten, die der Verschönerungsverein 2008 zwischen Bäderstraße und B 28 durchführte, kamen aber auch wesentlich ältere Funde zutage. Dabei handelt es sich um eine Scherbe und zwei Bronzeobjekte.
Die Scherbe mit ihrer roten, glänzenden Oberfläche und der Reliefverzierung gehört zur sogenannten Terra-Sigillata-Keramik, die von der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts vor Christus bis in das fünfte Jahrhundert nach Christus als »Massenware« hergestellt wurde. Ein auf der Töpferscheibe gedrehter Ton-Rohling wurde in eine Formschüssel mit eingetieften Verzierungen gedrückt.
Die Erms kommt von Armissia
Die Verzierungen erschienen auf dem Tongefäß, das nach einiger Zeit etwas eingetrocknet war und aus der Formschüssel genommen werden konnte, als erhabenes Relief.
Das röhrchenförmige Bronzeartefakt könnte nach Dr. Marc Heise vom Landesamt für Denkmalpflege möglicherweise zur Aufbewahrung feiner Nadeln gedient haben. Das zweite, sehr zierliche Bronzeobjekt mit einem kleinen Ring, erscheint als Fragment einer Klammer, die als medizinisches Instrument gedient haben könnte.
Römische Präsenz ist im Ermstal bekannt. Auch der Name »Erms« selbst geht auf das lateinische Armissia zurück. »Vicus Armissium« hieß eine römische Siedlung im Bereich des heutigen Metzingen. (GEA)