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Aktuell Betreuung

Pliezhausen bereitet sich auf den Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung in Schulen vor

Ab August 2026 müssen Gemeinden für Kinder der ersten Klasse eine achtstündige Ganztagsbetreuung anbieten - auch in den Ferien. Das stellt Pliezhausen vor Probleme.

Die damaligen Zweitklässler Johann und Abdurrahman (von links) rechneten 2022 an einer der neuen digitalen Tafeln der GMS Pliezh
Die damaligen Zweitklässler Johann und Abdurrahman (von links) rechneten 2022 an einer der neuen digitalen Tafeln der GMS Pliezhausen. Künftig haben Eltern den Rechtsanspruch, dass ihre Kinder acht Stunden lang in der Schule betreut und gefördert werden. Foto: Malte Klein
Die damaligen Zweitklässler Johann und Abdurrahman (von links) rechneten 2022 an einer der neuen digitalen Tafeln der GMS Pliezhausen. Künftig haben Eltern den Rechtsanspruch, dass ihre Kinder acht Stunden lang in der Schule betreut und gefördert werden.
Foto: Malte Klein

PLIEZHAUSEN. Es ist eine gewisse Distanz spürbar - keine räumliche, sondern eine fachliche. Denn auf der einen Seite gibt es den Gesetzgeber, der Entscheidungen trifft und Rechtsansprüche formuliert. Auf der anderen Seite gibt es Gemeinden, die daran gebunden sind und die Rahmenbedingungen für eben diese Rechtsansprüche umsetzen müssen. Und dann drängt noch die Zeit. Denn nach dem Rechtsanspruch für Kinder, die die Kita besuchen, gilt ab dem August 2026 nun auch der Rechtsanspruch für eine Ganztagsförderung der Grundschüler. Den Anfang machen die Kinder der ersten Klasse, bis dieser ab August 2029 für alle Erst- bis Viertklässler gilt. Sie alle sollen jeweils acht Stunden an fünf Tagen Anspruch auf Betreuung haben.

Entsprechend deutlich hat der Pliezhäuser Bürgermeister Christof Dold seine Kritik am Gesetzgeber neulich im Gemeinderat formuliert: »Es ist ein Skandal, dass Rechtsansprüche von oben definiert und nach unten weitergegeben werden.« So hätte die Gemeinde es bereits mit dem Rechtsanspruch auf Kitaplätze erlebt. Nun sollten bei der Schülerbetreuung nicht die gleichen Fehler gemacht werden. »Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die fatale Folge ist aber, dass die Eltern das Recht haben, zu klagen. Dabei fehlt es aller Voraussicht nach an Personen, die betreuen«, fasste Dold das Dilemma zusammen, in das die Politik die Gemeinden nun bringe. »Die Politik macht sich da nicht ehrlich. Das führt zu einer Politikverdrossenheit, und die Leidtragenden sind die Kinder und die Eltern.«

Negative Erfahrung mit Kita-Anspruch

Dold skizzierte die Probleme, die damals mit dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz entstanden seien: »Wir hatten frühzeitig Kinderhäuser gebaut und mit 50 Betreuungsstunden schon früher ein hohes Niveau gefahren.« Doch dann hätten andere Kommunen von Null auf Betreuungsplätze schaffen müssen und dafür Personal gebraucht. Die Konsequenz sei gewesen, dass Pliezhausen das Angebot habe reduzieren müssen.

Andrea Kettnaker, die stellvertretende Leiterin der Finanz- und Personalverwaltung von Pliezhausen, sprach davon, dass sich die Gemeinde auf den Weg gemacht und mit Eltern und den Schul-Fördervereinen über deren Bedürfnisse gesprochen habe. »Für die Eltern sind für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verlässliche Strukturen wichtig«, berichtete Kettnaker. Allerdings gebe es in der Betreuung in den Schülerhorten der Grundschulen einen Fachkräftemangel, und die Suche nach mehr Personal sei schwierig. »Es sind unattraktive Arbeitsplätze, nämlich in Teilzeit am Nachmittag«, sagte Kettnaker. In den kommenden Jahren würden einige der bisher 13 Beschäftigten der Schülerhorte in den Ruhestand gehen, sodass die Personaldecke dünner werde.

Mehr Betreuung in Ferien vorgeschrieben

Ein weiterer Aspekt des Rechtsanspruchs ist die längere Betreuung der Kinder auch in den Ferien. Derzeit gibt es dieses Angebot nur in fünf Ferienwochen, in acht aber nicht. Kettnaker sagte, dass sechs von 13 der Arbeitskräfte in den Schülerhorten ausgehandelt hätten, dass sie während der Ferien gar nicht arbeiten müssten. In der Beschlussvorlage für die Gemeinderäte heißt es dazu vertiefend: »Daher decken die verbleibenden fünf Fach- und zwei Zusatzkräfte schon die bisherige Ferienbetreuung von fünf Wochen alleine ab.« Künftig müssten die Horte die Ganztagsbetreuung für fast neun Ferienwochen anbieten.

Kathrin Henne (FWV) lobte, dass die Gemeinde sich so frühzeitig mit der Umsetzung der Schülerbetreuung befasse, sagte aber auch: »Die Politik hat uns eine schier unlösbare Aufgabe vor die Füße gelegt.« Susanne Stetter (SPD) sah es anders: »Ich denke nicht, dass sich bis 2026 so viel ändert und alle Mütter anfangen zu arbeiten.« Daher denke sie nicht, dass der Bedarf dann so stark steige. Valerie Hattermann (SPD) betonte, die Ferienbetreuung sei super wichtig. (GEA)