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Geflüchtete in Metzingen sind verunsichert

Das Metzinger Asylcafé ist zwar geschlossen, die Verantwortlichen setzen aber ihre Beratungen mit den Asylsuchenden unter strengen Auflagen fort

Pastor David Roth betreut die Geflüchteten im Asylcafé  in Metzingen.  FOTO: BÖHM
Pastor David Roth betreut die Geflüchteten im Asylcafé in Metzingen. FOTO: BÖHM
Pastor David Roth betreut die Geflüchteten im Asylcafé in Metzingen. FOTO: BÖHM

METZINGEN. Das im Jahr 2013 gegründete Asylcafé im Gemeindehaus der Baptisten hat sich seither zu einem Treffpunkt von Einheimischen und Geflüchteten entwickelt und bot seitdem nicht nur Geselligkeit, sondern auch Begleitung und Beratung und stellte für viele ein wichtiges Stück Lebensqualität dar. Trotz der gegenwärtigen Einschränkungen wegen der Coronapandemie ist das Café weiterhin eine Anlaufstelle.

David Roth, Prediger der Gemeinde, koordiniert die Einrichtung, in der normalerweise etwa 60 Mitarbeitenden im Einsatz sind. Hauptsächlich Menschen aus Syrien, Eritrea, Pakistan oder aus Kamerun finden Hilfe, wenn es um Arbeits- und Wohnungssuche, Schuldnerberatung oder Behördenkram geht. Normalerweise ist das Café jeden Freitagabend für zweieinhalb Stunden geöffnet.

»Das ist zurzeit nicht mehr möglich«, erklärt Roth. »Man spürt schon deutlich, dass man sich nicht mehr zwanglos treffen kann. Wir sehen uns einfach viel seltener.« Andererseits falle nach wie vor vieles an, was für Geflüchtete schwer zu verstehen sei. »Es geht beispielsweise um Mahnbescheide oder die Aufforderung, sich um Identitätspapiere zu kümmern«, so David Roth. Deshalb wird der Beratungsbetrieb grundsätzlich aufrechterhalten – allerdings mit Einschränkungen.

»Wir haben ein Wartezimmer für maximal fünf Personen eingerichtet«, so der Pastor. Aufsichtspersonen sorgten dafür, dass der vorgeschriebene Abstand eingehalten werde. Im Gottesdienstraum fänden dann kurze Gespräche mit jeweils einem Ratsuchenden statt. »Der Raum wird gut durchlüftet und regelmäßig desinfiziert.« Man sei froh, dass viele Behörden die bürokratischen Vorgänge erleichtert hätten. »Jobcenter und Sozialamt haben die Vorladungen ausgesetzt. Auch die Stadtverwaltung hat vieles vereinfacht. Beispielsweise können Nachweise auch nachgereicht werden«, sagt Roth. Dieses Entgegenkommen erleichtere einiges.

Weiterhin liefen die Gespräche mit der Integrationsmanagerin per Mail und Telefon und im Notfall auch persönlich auf Abstand.

Als Novum hat das Asylcafé einen Newsletter herausgegeben, der in der jeweiligen Landessprache informiert, wo man den aktuellen Sachstand zur Corona-Epidemie abfragen könne.

Dennoch herrsche unter den Geflüchteten große Angst und Verunsicherung. »Niemand weiß, wie es mit den Abschiebungsverfahren weitergeht. Wenn Italien und Spanien im Rahmen des Dublin-Abkommens nicht reagieren, dürfen die Asylsuchenden nach einer bestimmten Zeit in Deutschland bleiben.« Doch im Moment sei das alles nicht verlässlich. »Für die Behörden ist das Thema Fristen aktuell nicht vordringlich, solche politischen Entscheidungen müssen warten.« Viele Geflüchtete hätten auch Ängste um ihre Verwandten, die in Italien festsäßen, und hätten auch im Bewusstseins, was in den völlig überfüllten Lagern auf den ägäischen Inseln passiere. »Ich erlebe ein großes Mitleiden der Asylsuchenden mit den Menschen dort.« Man sei froh, dass in den Metzinger Unterkünften keine Corona-Fälle grassierten. Die Hygienestandards würden dort penibel eingehalten, die Stadt habe auch Notfallpläne parat.

»Die Stadtverwaltung hat vieles vereinfacht«

Deutschkurse mit persönlichem Kontakt seien eingestellt. »Die meisten nutzen für die Sprachkurse jetzt das Handy. In der Outletcity herrscht ja zum Glück freies WLAN«, sagt Roth.

Leider sei auch die Laufgruppe, die sich aus dem Asylcafé ergeben habe, nicht mehr möglich. Beim Joggen herrsche große Disziplin. »Gelaufen wird nur alleine oder zu zweit.« Dafür hätten auch Nationen, bei denen es eigentlich unüblich sei, Familienspaziergänge in freier Natur für sich entdeckt. »Das bietet die Möglichkeit, der Enge in den Unterkünften zu entgehen.« Sehr erfreut sei man über die Fahrräder, die immer noch gespendet würden. Sie würden in Einzelschichten aufgearbeitet. Der »Frauendialog«, der geflüchteten Frauen neue Wege in Arbeit und Beruf aufzeigen solle, habe, so Roth, glücklicherweise noch Anfang März stattfinden können. (gb)