METZINGEN. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit kam der Marktflecken Metzingen ohne Straßennamen aus. Benannt wurde die Lage der einzelnen Gebäude und Grundstücke in den Lager- und Steuerbüchern in der Regel nach den Angrenzern. War ein öffentliches Gebäude in der Nähe wie das Rathaus, die Kirche oder die Badstube, so wurden diese gelegentlich als Angrenzer genannt.
Einen ersten Überblick über die Metzinger Straßennamen gibt das Steuerbuch von 1758, in dem alle Gebäude mit einer Ortsbezeichnung aufgeführt werden. Dabei zeigt es sich, dass zu diesem Zeitpunkt in Metzingen mit Ausnahme der Nürtinger Straße keine Straßen, sondern nur Gassen gab.
Vom Marktplatz ging in Richtung Stuttgarter Straße die Marktgasse weg. Diese endete allerdings bereits an der Kronenstraße, da das gesamte Stadtviertel mit der Stuttgarter Straße, der Wilhelmstraße und der Kronenstraße damals die Bezeichnung »im Entenbach« trug. Offenbar floss zu früheren Zeiten ein kleiner, von der Erms abzweigender Bach durch die Wilhelmstraße, der Entenbach genannt wurde. Auch gab es in der Wilhelmstraße einen gleichnamigen Brunnen.
Lindenplatz hieß Viehmarkt
Hinter dem Rathaus verlief die Rietgasse, benannt nach dem Gewannnamen im Riet. Die heutige Reutlinger Straße wurde damals als Langgasse bezeichnet. Sie endete am Viehmarkt, heute Lindenplatz, wo die Schützenbrücke den Übergang über die Erms ermöglichte. Vom Rathaus führte in Gegenrichtung die Nürtinger Straße weg, benannt nach der in dieser Richtung liegenden Nachbarstadt. Weshalb im Steuerbuch die Bezeichnung Straße statt Gasse verwendet wurde, wird sich kaum mehr klären lassen. Kirchgassen gab es 1758 in Metzingen gleich zwei. Als Untere Kirchgasse wurde die heutige Pfleghofstraße bezeichnet, während die Obere Kirchgasse die heutige Gustav-Werner-Straße meint. Die Häuser in der Nähe von öffentlichen Gebäuden oder Anlagen wurden damals auch nach diesen lokalisiert. So standen einzelne Häuser bei der Martinskirche, beim Rathaus, am Totensteg oder am Mühlbach. Das heutige Schwanengässle taucht 1758 als Ermsgässle auf. Die oberhalb der Martinskirche in Richtung Neuhausen gelegenen Gebäude wurden als »ob der Kirche« oder »oben im Dorf« bezeichnet. Die heutige Helferstraße trug damals bereits die Bezeichnung Helfergasse, weil schon zu jener Zeit dort das Wohnhaus des Helfers, des zweiten Pfarrers, stand.
Das mürbe Gässle
Die Keltergasse, heute Schreiberei genannt, führte auf den Kelterwasen, das ist der heutige Kelternplatz. Die Friedrichstraße hieß 1758 mürbes Gässle. Offenbar ließ zu gewissen Zeiten die Beschaffenheit der Gasse zu wünschen übrig, daher der Name.
Der Abschnitt der Hindenburgstraße zwischen Friedrichstraße und Kelternplatz trug damals die Bezeichnung Schiemergasse. Dabei handelt es sich um einen alten, inzwischen längst verschwundenen Metzinger Familiennamen.
Die Aufzählung schließt mit der Zehntscheuerngasse, heute ein Abschnitt der Hindenburgstraße zwischen Kelternplatz und Helferstraße. Namensgeber war hier die Metzinger Zehntscheuer, die sich bis heute im Gebäude Hindenburgstraße 29 erhalten hat. (GEA)
METZINGER STRASSENNAMEN
In der Entstehung der Straßennamen in Metzingen spiegeln sich zugleich historische Entwicklungen in unserem Land und in unserer Stadt in den letzten beiden Jahrhunderten wider. Dies wurde zuletzt bei der Diskussion um die Hindenburgstraße deutlich. Die Geschichte der Metzinger Straßennamen war ein bislang unbearbeitetes Thema. Dementsprechend gibt Stadtarchivar Rolf Bidlingmaier in einer kleinen Artikel- Serie erstmals einen Überblick über die Entstehung und Bedeutung der Metzinger Straßennamen. (eg)