PLIEZHAUSEN-GNIEBEL. Wer mit den Menschen im Pliezhäuser Ortsteil Gniebel spricht, merkt bald: Nahezu alle leben gerne in dem 1 400-Einwohner-Ort am Rande des Naturparks Schönbuch. Viele loben die Lage in der Nähe des Waldes und die recht gute Infrastruktur. Es gebe im Laufe des Jahres auch immer wieder schöne Feste, und der Zusammenhalt im Dorf und in der Nachbarschaft sei erfreulich gut.
Aber irgendwann kommt das Gespräch auf die nahe Bundesstraße 27, die mit ihren vier Fahrspuren und dem Aufkommen an Autos und Lastwagen einer Autobahn in nichts nachsteht. Sie bietet einerseits die gute Verkehrsanbindung sowohl in den Großraum Stuttgart als auch nach Reutlingen und Tübingen. Andererseits nervt viele der permanente Verkehrslärm. Deshalb ist der Wunsch nach einem besseren Lärmschutz in Gniebel allgegenwärtig. Vor einigen Monaten hat sich deshalb auch die Bürgerinitiative »Lärmschutz jetzt« gegründet. Ihr Ziel ist die Entlastung der Anwohner von dem Verkehrslärm.
Als das GEA-Mobil in der Ortsmitte von Gniebel Station macht, sind nicht wenige Menschen unterwegs. Schließlich gibt es hier einen Bäcker und einen Metzger. Manche kommen deshalb auch extra aus Nachbarorten, um einzukaufen.
Eine von ihnen ist Sigrid Putsch aus Rübgarten. Auch sie sagt, sie fühle sich in der Gegend richtig zu Hause. Sie habe lange Jahre in Solingen in Nordrhein-Westfalen gelebt und sei dann wieder in ihre alte Heimat zurückgekehrt. Hier gebe es viel Natur, hier habe sie Freunde und die Nachbarschaft sei gut. »Aber weniger Verkehrslärm von der B 27 wäre schon schön«, sagt sie und hat ein Beispiel aus der eigenen Familie. Ihr Sohn habe mit seiner Familie zeitweise in Gniebel gewohnt, nicht weit von der Bundesstraße. Er sei schließlich wegen des Verkehrslärms wieder weggezogen. »Ich habe deshalb auch bereits bei der Unterschriftenliste der Bürgerinitiative unterzeichnet – für einen besseren Lärmschutz.«
Ähnlich äußert sich Edeltraud Bastian. Auch sie sagt, dass sie sehr gerne hier lebt und wohnt und die gute Nachbarschaft und die Freunde zu schätzen weiß. Aber da ist noch mehr: »Die Infrastruktur ist hier in den letzten Jahren spürbar besser geworden. Die Einkaufsmöglichkeiten sind gut.« Sie liebt die Nähe zur Natur und zum Schönbuch. Was besser werden könnte, wären die Busverbindungen und die Haltestellen. Die Busse fahren ihr zu selten, und die Haltestellen lägen zu weit auseinander. Sie hat Verständnis für die Bürgerinitiative und ihre Ziele. »Ein besserer Lärmschutz ist immer gut«, sagt sie mit einem Lächeln.
Georgios Karademiroglou ist gerade zu Fuß von Pliezhausen nach Gniebel gekommen. Er mache das öfter, sagt er. Wegen der Gesundheit. Überhaupt die Gesundheit, die sei ihm wichtig. Seit 60 Jahren lebt der gebürtige Grieche in der Gegend und hat überhaupt nichts auszusetzen. Gesundheitsversorgung, Natur, Nachbarn, Freunde: »Alles ist gut hier. Ich bin gerne hier.« Auch der viele Verkehr auf der B 27, der sei doch eigentlich ein gutes Zeichen dafür, dass es wirtschaftlich läuft: »Es läuft, deshalb ist es laut«, sagt Georgios Karademiroglou und lacht. Wenn sich die Bürgerinitiative für weniger Lärm einsetze, sei das gut. Ihre Ziele seien gut für die Anwohner.
Bernhard Peters ist mit dem Fahrrad in Gniebel unterwegs. Auch er findet das Leben im Ort angenehm und positiv: »Gniebel ist ein guter Ort, um Feste zu feiern«, erklärt er. Zur B 27 hat er ein ganz besonderes Verhältnis, denn er wohnt nur etwa 300 Meter von ihr entfernt, hört den Lärm – und der stört ihn sehr: »Besonders laut sind die Brückennähte. Jedes Mal, wenn ein Lkw drüberfährt, gibt es so ein knallendes Geräusch.« Deshalb befürwortet er auch den Vorstoß von Pliezhausens Bürgermeister Christof Dold nach einem Tempolimit von 100 oder vielleicht sogar 80 km/h auf der Bundesstraße. Ob das kommt? Er will nicht so recht dran glauben. Aber er fügt hinzu: »Lärmschutz ist wichtig, auch für unsere Kinder.«
»Ich höre die B 27 auch dort, wo ich wohne«, sagt Diane Roth. »Es kommt aber darauf an, wie der Wind bläst. Deshalb höre ich den Lärm mal mehr, mal weniger.« Besseren Lärmschutz findet sie grundsätzlich gut, bezweifelt aber, dass höhere Lärmschutzwände an der B 27 wirklich etwas bringen würden. Sie ist auch gegen ein Tempolimit. »Es soll bei Tempo 120 bleiben. Der Verkehr soll ja fließen«, meint sie.
Hinter dem Tresen der Bäckerei Ketterer in Gniebel steht an diesem Vormittag Ute Ehrmann-Heusel. Sie lebt in Wannweil, arbeitet aber in Gniebel. »Das Dorf hat sich verändert, weil immer mehr Leute zugezogen sind«, erzählt sie. Sie kennt den Ort schon lange. »Früher habe ich jeden gekannt, heute ist das nicht mehr so.« Viele Kunden kennt sie schon. »Mir gefällt der persönliche Kontakt zu den Kunden«, sagt Ehrmann-Heusel. Als die Straße nach Pliezhausen gesperrt war, kamen besonders viele Arbeiter von der Straßenbaustelle zu ihr, um ihr Vesper zu kaufen. Im Gegensatz zum Einzelhandel in einer Großstadt kennt sie hier die Namen vieler Kunden.
Barbara Steck möchte kurz in der Metzgerei Kern nebenan einkaufen. Sie hat mit ihrem Mann ein altes Haus gekauft, das sie hergerichtet haben. »Mir gefällt es sehr gut hier. Die Wege sind kurz, und kulturell ist viel geboten«, sagt Steck. Damit meint sie besonders das Forum4P, die neue Musikschule von Pliezhausen. Dort wird sie heute auch noch sein, denn ihre Tochter lernt gerade die Querflöte. Doch zuerst geht es zum Kochen nach Hause. Dann hat sie noch eine Dienstbesprechung als Krankenschwester in der Notaufnahme. »Meine Tochter schätzt auch die Verbindung mit dem Bus über Kirchentellinsfurt und weiter mit dem Bus nach Tübingen.«
Tanja Rilling ist gerade aus dem Nachbarort Rübgarten nach Gniebel gefahren. »Dort haben wir keinen Laden und es fehlt eine Kita für Kinder unter drei Jahren.« Doch Rübgarten habe für ihre beiden Kinder, die vier und sechs Jahre alt sind, Vorteile. »Dort gibt es keinen Durchgangsverkehr.« (GEA)