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Bad Urach will Wärme des abgebadeten Thermalwassers nutzen

Bad Urach will die Wärme des abgebadeten Thermalwassers für ein Nahwärmenetz nutzen

Gute Stimmung auf der Baustelle: Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann (links), Toni Wörner, Mit-Geschäftsführer von Müller-Bau
Gute Stimmung auf der Baustelle: Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann (links), Toni Wörner, Mit-Geschäftsführer von Müller-Bau, und Thomas Jaschinski, der Leiter des Uracher Gebäudemangements. Foto: Andreas Fink
Gute Stimmung auf der Baustelle: Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann (links), Toni Wörner, Mit-Geschäftsführer von Müller-Bau, und Thomas Jaschinski, der Leiter des Uracher Gebäudemangements.
Foto: Andreas Fink

BAD URACH. Die Idee ist ebenso einfach wie bestechend: Die Stadt Bad Urach will das »abgebadete« Wasser der Alb-Thermen – das Wasser, das ein Mal durch den Wohlfühl-Tempel durch ist – künftig nicht mehr herunterkühlen, um es in die Erms zu leiten, sondern die im Wasser enthaltene Energie dazu nutzen, um ein Nahwärmenetz aufzubauen und jede Menge konventionell erzeugter Energie zu sparen.

»Wir müssen die Wärme nicht produzieren, wir müssen sie nur gewinnen«, fasst der Uracher Bürgermeister Elmar Rebmann das Prinzip zusammen. In den Genuss der grünen Energie aus der Tiefe kommt das Graf-Eberhard-Gymnasium, die Geschwister-Scholl-Realschule, die Ermstalhalle, die Diegelhalle und das große Wohnhaus in der Immanuel-Kant-Straße neben der Realschule.

14 Grad Temperaturdifferenz

Es geht um 14 Grad. So groß ist der Unterschied zwischen dem 32 Grad warmen Wasser, das in den Alb-Thermen zum Baden genutzt wird, und dem Wasser, das ein paar hundert Meter stromabwärts mit 18 Grad in die Erms eingeleitet wird – verdünnt und um 14 Grad abgekühlt. In diesem Temperaturunterschied steckt viel Zukunftsmusik. Um Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit zu untersuchen, hat der Gemeinderat bereits 2016 ein von der KFW-Bank bezuschusstes »Quartierskonzept« in Auftrag gegeben. Mit einem Ergebnis, das aufhorchen lässt: »Das technisch nutzbare Wärmepotenzial liegt bei 400 Kilowatt«, hat die Untersuchung ergeben, die die Klimaschutzagentur des Landkreises Reutlingen in Zusammenarbeit mit dem Uracher Ingenieurbüro Fritz Planung und der Fairnetz GmbH erarbeitet hat.

Nicht nur vom Zahn der Zeit, sondern von den Mineralien des Bad Uracher Thermalwassers zerfressen: ein kaputtes Rad aus einer Pu
Nicht nur vom Zahn der Zeit, sondern von den Mineralien des Bad Uracher Thermalwassers zerfressen: ein kaputtes Rad aus einer Pumpe der Alb-Thermen. Für den Menschen ist das Wasser ein Jungbrunnen, für Metalle das Gegenteil. Foto: Andreas Fink
Nicht nur vom Zahn der Zeit, sondern von den Mineralien des Bad Uracher Thermalwassers zerfressen: ein kaputtes Rad aus einer Pumpe der Alb-Thermen. Für den Menschen ist das Wasser ein Jungbrunnen, für Metalle das Gegenteil.
Foto: Andreas Fink

Um das abgebadete Wasser herunterzukühlen, bracht’s keine strombetriebene Kühlmaschine, es reicht ein Stück Natur, das direkt nebenan liegt: die Diegele-Quelle. Das Wasser entspringt eigentlich irgendwo zwischen der Realschule und dem Gymnasium, in gut hundert Metern Luftlinie Entfernung, gefasst ist die Quelle zwischen den Alb-Thermen und den Fachkliniken Hohenurach. »In der Brunnenstube wird das natürliche Quellwasser mit dem abgebadeten Thermalwasser vermischt«, erklärt Thomas Jaschinski, der sich als Leiter des Uracher Gebäudemanagement auch im Technik-Bereich der Alb-Thermen wie in seiner Hosentasche auskennt. Das Wasser der Diegele-Quelle tut auch sonst gute Dienste: Es wird für die Toiletten der Alb-Thermen genutzt, wird im Bad also als »Betriebswasser« genutzt. Was nicht zum Abkühlen des Thermalwassers gebraucht wird, speist einen Teich im Kurgebiet.

Das Schulzentrum Diegele wird mit einem gasbetriebenen Heizkessel mit einer Leistung von 1 Megawatt und zwei gasbetriebenen Blockheizkraftwerken mit einer Gesamtleistung von 200 Kilowatt beheizt. »Die Heizzentrale ist in die Jahre gekommen«, sagt Bürgermeister Elmar Rebmann. Konkret: Der »Vollwartungsvertrag« mit einem Spezial-Unternehmen ist nach 20 Jahren ausgelaufen. Die Fachleute kümmern sich zwar weiter um die Anlage, »wenn wir aber morgen einen kapitalen Motorschaden haben, sind wir weg«, macht Gebäudemanager Thomas Jaschinski deutlich, dass Zeit zum Handeln ist.

Eigentlich hätten die Uracher schon im vergangenen Jahr starten wollen – nicht erst jetzt vor zwei Monaten. »Das Ergebnis der Ausschreibung war zu diesem Zeitpunkt aber jenseits von Gut und Böse«, sagt Bürgermeister Elmar Rebmann, »wir haben sie deshalb wieder aufgehoben.« Beim zweiten Anlauf haben die Bau-Firmen nicht nur Angebote geliefert, mit denen die Stadt besser leben kann, »auch auf technischer Seite hat sich was getan«, ergänzt Thomas Jaschinski, »die Pumpentechnik hat sich deutlich weiterentwickelt – wir können noch mehr Wärme rausholen.«

In Betrieb im Herbst

Die neue Wärme aus altem Wasser wird über eine Leitung – gebaut wird Mitte Juni – unter der Immanuel-Kant-Straße durch entlang des Diegele-Sportplatzes zur Heizzentrale im Graf-Eberhard-Gymnasium geleitet und von dort wie gehabt verteilt. Die Energie aus dem abgebadeten Wasser dient zur Grundlastversorgung des Schulzentrums. Dadurch werden 50 Prozent des Gesamtenergiebedarfs abgedeckt. Der vorhandene Gasheizkessel mit einer Leistung von 1 Megawatt bleibt erhalten, er wird für die Abdeckung der Mittel- und Spitzenlastzeiten benötigt, die zwei vorhandenen Blockheizkraftwerke werden stillgelegt und abgebaut. Das neue Nahwärmenetz ist so angelegt, dass Energie zusätzlich stadteinwärts weiterverteilt werden kann. Ins Wärmenetz der Alb-Thermen greift es nicht ein.

Die Gesamtkosten betragen rund 1,15 Millionen Euro, das Land hat über den Ausgleichstock 200 000 Euro zugeschossen. Laufen soll das erweiterbare Nahwärmenetz ab dem Herbst. (GEA)