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Von der Waage der Zeit

REUTLINGEN. »Gelassen stieg die Nacht ans Land« - was für eine Zeile, welch ein Bild! So beginnt ein Gedicht, im Oktober 1827 von einem Dreiundzwanzigjährigen geschrieben, Eduard Mörike, 1804 geboren, vor 200 Jahren. »Gelassen« - mit einem einzigen Wort, mit dem ersten des Gedichts wird eine bestimmte Erwartung, eine Lebenseinstellung eröffnet. Wer möchte nicht gelassen sein können - bei aller notwendigen Anspannung? Freunde, Ärzte, Seelsorger raten dazu: Nehmen Sie's, bleiben Sie gelassen. Das Wörterbuch umschreibt dieses Wort mit ruhig, beherrscht, gefasst, das seelische Gleichgewicht bewahrend. Die mittelalterlichen Mystiker bezeichneten mit »gelassen« einen freien, gottergebenen Seelenzustand.

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