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Starkes und Mutiges: Die Französischen Filmtage gehen in die 42. Runde

Die Französischen Filmtage Tübingen Stuttgart starten am 29. Oktober unter neuer Leitung. Lisa Haußmann und ihr Team bringen nicht zuletzt Familiengeschichten auf die große Leinwand.

»Jeunes mères« läuft bei den Französischen Filmtagen Tübingen Stuttgart in der Sektion »Horizonte«.
»Jeunes mères« läuft bei den Französischen Filmtagen Tübingen Stuttgart in der Sektion »Horizonte«. Foto: Christine Plenus
»Jeunes mères« läuft bei den Französischen Filmtagen Tübingen Stuttgart in der Sektion »Horizonte«.
Foto: Christine Plenus

TÜBINGEN. Manches ist neu bei den Französischen Filmtagen Tübingen Stuttgart, die am 29. Oktober starten und bis zum 5. November ein vielfältiges Programm bieten - auch in Reutlingen und Rottenburg. Das Tübinger Kino Blaue Brücke kommt als Festivalkino dazu - als Ersatz für die weggefallene Filmspielstätte Arsenal. In bewährter Weise sind zudem die Kinos Museum und Atelier (Tübingen), Atelier am Bollwerk (Stuttgart), Kamino (Reutlingen) und Kino am Waldhorn (Rottenburg) dabei.

Zu den von der neuen künstlerischen Leiterin Lisa Haußmann und ihrem Team eingeführten Neuerungen gehört, dass alle Festivalbesucherinnen und -besucher in Tübingen, Stuttgart, Reutlingen und Rottenburg - als größte Jury - gemeinsam den Publikumspreis an den besten Film aus der Sektion »Horizonte« vergeben. Die Sektion Horizonte stellt die Bandbreite aktueller frankofoner Produktionen vor.

Die Auswahlkommission der Französischen Filmtage Tübingen Stuttgart (von links): Florian Bauer (Kaufmännische Geschäftsführung),
Die Auswahlkommission der Französischen Filmtage Tübingen Stuttgart (von links): Florian Bauer (Kaufmännische Geschäftsführung), Lisa Haußmann (Künstlerische Leitung) und Bärbel Mauch (Programm-Management). Foto: Christoph B. Ströhle
Die Auswahlkommission der Französischen Filmtage Tübingen Stuttgart (von links): Florian Bauer (Kaufmännische Geschäftsführung), Lisa Haußmann (Künstlerische Leitung) und Bärbel Mauch (Programm-Management).
Foto: Christoph B. Ströhle

Für den Internationalen Wettbewerb der Filmtage - er soll vor allem eine Plattform des jungen frankofonen Kinos sein - hat die aus Haußmann, Florian Bauer (Kaufmännische Geschäftsführung) und Bärbel Mauch (Programm-Management) bestehende Auswahlkommission neun Filme ausgewählt. Generell habe man sich für das Festival auf die Suche begeben nach »starken, mutigen und herausragenden Filmen; nach Filmen, die besonders berühren und nachhallen, die auf ihre je eigene Weise – thematisch, narrativ, visuell – Kraft entfalten und uns auch über den Kinosaal hinaus begleiten«, sagte Haußmann bei der Programm-Pressekonferenz im SWR Studio Tübingen. Im Wettbewerbsprogramm sind erste und zweite Langfilme von jungen Filmschaffenden aus Frankreich, Belgien, der Schweiz und dem Tschad versammelt. Die Internationale Jury vergibt den mit 5.000 Euro dotierten Filmtage Tübingen-Preis für den besten Nachwuchsfilm, gestiftet von der Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg.

Die Französischen Filmtage gelten nicht zuletzt als wichtiges Forum für den zeitgenössischen afrikanischen Film. So sind in der Sektion »Fokus Afrika« Spielfilme und Dokumentationen zu sehen, die etwa die Kolonialgeschichte und ökologische Bedeutung des Kongo-Beckens (»L'Arbe de l'authenticité« von Sammy Baloji) oder Erfolg, Niederlage und andauernden Widerstand der sudanesischen Jugend (»Soudan, souviens-toi« von Hind Meddeb, Regisseurin und Mitglied der Internationalen Jury) beleuchten, wie Bernd Wolpert ausführte.

Läuft im Internationalen Wettbewerb der Filmtage: »Cassandre« mit Billie Blain.
Läuft im Internationalen Wettbewerb der Filmtage: »Cassandre« mit Billie Blain. Foto: Shanna Besson
Läuft im Internationalen Wettbewerb der Filmtage: »Cassandre« mit Billie Blain.
Foto: Shanna Besson

Der Regisseur Dani Kouyaté aus Burkina Faso, der in den 1990er-Jahren am Reutlinger Theater Die Tonne zusammen mit Serena Sartori Johann Wolfgang von Goethes »Iphigenie auf Tauris« inszenierte, wobei er die griechische Mythologie mit der afrikanischen Erzähler-Kultur der Griots verband, stellt persönlich bei den Filmtagen »Katanga, la danse des scorpions« vor. Er zählt zu den zahlreichen Gästen des Festivals, mit denen das Publikum ins Gespräch kommen kann. Sein preisgekrönter Film ist inspiriert von William Shakespeares Tragödie »Macbeth« und erzählt in einem afrikanischen Kontext von Macht und Verrat.

Filme hätten die »wunderbare Kraft, uns zu berühren«, sagte Haußmann. Sie erzählten Geschichten und weckten Empathie. »Gerade in herausfordernden Zeiten kann uns Film als Medium der Welterfassung an die Hand nehmen und stärken, gemeinsam Widersprüchlichkeiten auszuhalten und neue Sprechfähigkeit zu erlangen.«

Eröffnungsfilm der 42. Französischen Filmtage: »À bicyclette!«.
Eröffnungsfilm der 42. Französischen Filmtage: »À bicyclette!«. Foto: WTFilms
Eröffnungsfilm der 42. Französischen Filmtage: »À bicyclette!«.
Foto: WTFilms

Zuversicht und Ideen, wie man sich gemeinschaftlich positionieren und für eine Sache starkmachen kann - so hieß es bei der Programm-Vorstellung -, schenken Festivalfilme wie »Soulèvements« oder auch solche, die durch kollektives Filmschaffen oder besondere Ko-Kreation entstanden sind - etwa die Arbeiten von Regie-Duos (»On vous croit«, »Jouer avec le feu«, »Dossier 137«) oder auch der Politthriller »The Legend of the Vagabond Queen of Lagos« des nigerianischen Agbajowo-Kollektivs.

Mit der Sektion »Junges Publikum« erhält das Festival ein Kinder- und Familienprogramm. Neben den etablierten Schulkino-Vorstellungen gibt es auch Filmvorführungen, Workshops und Mitmach-Aktionen für die jüngsten Kinogängerinnen und -gänger. Je nach Film werden die Vorstellungen ohne Dialoge, in deutscher Synchronfassung oder mit deutscher Live-Einsprache präsentiert. Im Kino Museum, wo sich auch das Festivalzentrum befindet, ist am Sonntag, 2. November, von 10 bis 16 Uhr Familientag.

Festivalinfo

Eintrittskarten für Kinovorstellungen und Veranstaltungen der von 29. Oktober bis zum 5. November 2025 dauernden Französischen Filmtage sind online über die Filmtage-Homepage und über die teilnehmenden Kinos erhältlich. (GEA)

Die diesjährige Werkschau ist der französischen Drehbuchautorin und Regisseurin Léonor Serraille (»Body«, »Jeunne femme«, »Un petit frère«, »Ari«) gewidmet. Sie hat sich durch ihr feministisches Filmschaffen und außergewöhnliche Figurenporträts einen Namen gemacht. Serraille wird als Filmtage-Gast erwartet.

Wie Lisa Haußmann und ihr Team erläuterten, tauchen viele Filme des diesjährigen Festivalprogramms tief ins Familienleben ein oder beleuchten Momente, die das Leben plötzlich auf den Kopf stellen. Nicht zuletzt seien Figuren der gezeigten Filme auf der Suche nach einem Zuhause, nach sich selbst oder nach ihrem Platz in der Welt - etwa in »Mikado«, »Baise-en-ville«, »Promis le ciel«, »Amour apocalypse«, »Nino« und »La Vallée des fous«. (GEA)