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Klaus Herzer zeigt in seinem Holzschnitt-Museum in Öschingen neue Druckgrafiken zur Klimakrise

Klaus Herzer und der Mössinger OB Michael Bulander bei der Eröffnung.  FOTO: PFEIFFER
Klaus Herzer und der Mössinger OB Michael Bulander bei der Eröffnung. FOTO: PFEIFFER
Klaus Herzer und der Mössinger OB Michael Bulander bei der Eröffnung. FOTO: PFEIFFER

MÖSSINGEN-ÖSCHINGEN. Großes Aufsehen oder gar anhaltende Feierlichkeiten wollte Klaus Herzer anlässlich seines 90. Geburtstags im März keinesfalls. Und doch ließe es sich Mössingens Oberbürgermeister Michael Bulander bei der Eröffnung von Herzers Ausstellung vor Kurzem in dessen Holzschnitt-Museum in Öschingen nicht nehmen, gratulierend auf Herzers Jubeljahr zurückzukommen. Kunst und Kreativität seien Herzers Lebenselexier, dafür wünsche er ihm viel Kraft. Worauf dieser ihm prompt eine Liste mit Holzschnitten von 2020 bis 2022 überreichte, die in die Kunststiftung Klaus Herzer eingehen sollen.

Der Maler als Holzschneider

Herzer gilt in seinen Holzschnitten als Landschafter der Schwäbischen Alb. Berge, die sich vor seiner Haustür in Öschingen in breitem Traufgefüge erheben, inspirieren ihn. Für Herzer, der seit den 1970ern gegenüber der Malerei dem Holzschnitt den Vorzug einräumt, heißt es, dass die Blätter aus der Farbe leben. »Ich fühle mich im Holzschnitt als Maler«, bekannte er im Katalog zu seiner großen Ausstellung 1992 mit Holz- und Metalldrucken in der Kunsthalle Tübingen.

Seine jetzige Ausstellung stellt das Thema Klimawandel ins Zentrum. »Im Wandel« vollzieht dabei eine Kehrwende, die jedoch nur bedingt überrascht. Nur ein persönliches Beispiel, das in der noch bis Ende des Jahres dauernden Ausstellung in der Eninger HAP-Grieshaber-Halle »Alblandschaften: Klaus Herzer im Dialog mit HAP Grieshaber« zu sehen ist: Für das Andreas-Gemeindehaus in Eningen schuf Klaus Herzer 1992 das Triptychon »Der große Tag« zur Erinnerung an den 1988 verstorbenen Rottenburger Bischof Dr. Georg Moser. Dargestellt wurde die »Parusie des Herrn«, also die endzeitliche Wiederkunft Jesu Christi. Harald Fügen schreibt im Eninger Gemeindebrief dazu: »Dieses Kunstwerk, das uns als faszinierendes geometrisches Farbenspiel erscheint, soll zur Meditation anregen.«

Klaus Herzers Holzschnitt »Sommer« aus dem Jahr 2020.  FOTO: HERZER
Klaus Herzers Holzschnitt »Sommer« aus dem Jahr 2020. FOTO: HERZER
Klaus Herzers Holzschnitt »Sommer« aus dem Jahr 2020. FOTO: HERZER

Wie von mir bereits in meiner Einführungsrede bei der Eröffnung ausgeführt, hat man es bei Herzer mit einer Inszenierung zu tun, die der Künstler in wohlüberlegter Art zur Schau stellt. Dabei gilt für ihn: Das Schneiden in Holz mit Messer und Stichel oder mit welchem Werkzeug auch immer spielt bei Herzer eine untergeordnete Rolle. Das Drucken, das Beherrschen unzählbarer Farbtöne, das Einfärben des Druckstocks, die Auswahl der Papiere, der zeitliche Abstand in der Druckfolge, dies alles reicht zum Teil über das Handwerkliche hinaus, vielfach in abstrakten Darstellungen endend. Herzer ist daher nicht zuletzt ein Kunstdrucker.

Klimakollaps als Themengeber

»Nach drei Jahren pandemiebedingter Abstinenz wieder einmal mehr im Holzschnitt-Museum Klaus Herzer« (Bulander) tat sich die Frage auf: Was zeigt der Künstler? Bereits im Vorfeld war angedeutet, dass seine Arbeiten zumeist auch dem Zeitgeschehen zugewandt seien: Klimawandel, Umweltzerstörung durch Feuer, Wasser, Stürme. Kompositionen, die sich in Form und Farbe wie »Sommer« (2020) und »Nocturno« (2020) manifestieren. Gerade im Bild »Sommer« deutet sich die Besorgnis Herzers an, zumal diese Jahreszeit enorme Hitzegrade aufwies. Folglich stellte er dem satten Rot eine violettfarbene Waldgruppe gegenüber, ein diagonal platzierter Stab als Warn- oder Stoppschild verkörpert das ungewisse Zeitgeschehen. Was sich in dem Partnerbild »Quo vadis« (2020) in dunkel gehaltener grafischer Struktur fragend wiederholt. Eine Andeutung von Hoffnungsschimmer vermittelt die bildbezogene Aussage »Das letzte Rot« (2021), wo auf einer quadratischen schwarzen Fläche im unteren Drittel ein schmaler roter Streifen die Horizontlinie hervorhebt.

Gedankenspiele, Empfindungen

Zum Verständnis der 24 Holzdrucke in den zwei Ausstellungsräumen gibt Herzer eine gewisse Hilfestellung: »Das alles sind Gedankenspiele, Empfindungen. Es ist nicht so, dass ich dies gegenständlich übersetze. Das illustrierte Feuer sind keine Flammen, keine brennenden Häuser oder beim Sturm zerstörte Gebäude. Alles, was geschieht, ist von mir nicht realitätsnah bildlich dargestellt. Es geht mir um Empfindungen. Aus innerer Bewegtheit entstehen solche Bilder.«

AUSSTELLUNGSINFO

Die Ausstellung »Im Wandel. Neue Holzschnitte« im Holzschnitt-Museum Klaus Herzer, Obergasse 1 in Mössingen-Öschingen, mit Arbeiten von Klaus Herzer ist bis September 2023 zu sehen. Geöffnet ist sonntags von 14 bis 17 Uhr und auf Anfrage. Von Mitte Dezember bis Mitte Januar ist Winterpause. (GEA) 07473 6339 www.holzschnittmuseum.de

Herzer entwickelte als musikverliebter Künstler in den 1990ern Drucke, die an Klangbilder erinnern: Vertikal, diagonal, horizontal erinnern sie in ihrer linearen Komposition an Partituren. In Drucken wie »Neuer Tag«, »Giebel«, »Aufwärts«, »Drei senkrecht« (alle 2020) ist die Verwandtschaft unverkennbar. In der Summe bleibt der Holzschnitt in der Handschrift von Herzer eine Kultur der Bildfindung. Und immer wieder eine Poesie, die durch Drucken entsteht. (GEA)