HAYINGEN-WIMSEN. Früher waren Kabarettisten dazu da, den Finger in die Wunde zu legen. Heute zitieren sie Liedtitel wie »Schön ist es, auf der Welt zu sein« und ordnen ein: »Wir reden hier nicht von Schlager, sondern von Philosophie.«
Django Asül ist so einer, der in seinem neuen Programm »Am Ende vorn« das Positive in einer Welt mit immer mehr Negativem betont. In der ausverkauften Wimsener Kulturmühle gibt er den Aufmunterer gegen die allgemeine Niedergeschlagenheit. Nicht unterkomplex oder naiv, aber eben auch nicht sarkastisch.
Freddy-Quinn-Zeile für mehr Lockerheit
Wenn Freddy Quinn in »La Paloma« gesungen habe, dass wie die wogende See das Leben ein Kommen und Geh'n sei, »und wer kann es je versteh'n?«, dann gebe diese Erkenntnis - dass man eben nicht alles verstehen kann - dem Leben sofort eine gewisse Lockerheit. Und Leichtigkeit, so Django Asül, sei nun wirklich etwas, von dem die Gesellschaft mehr brauche.
»Schön ist es, auf der Welt zu sein«, den Schlager, der schwungvoll die positiven Aspekte des Lebens betont, führt der türkischstämmige Niederbayer mit eigener Sendereihe im BR-Fernsehen auch deshalb an, weil er seinem Geburtsjahr 1972 ein unerschütterliches Motto gegeben habe.
Heuschrecken als Vorbild
Schwarmintelligenz sei gefragt, gibt er seinem Publikum als Gedanken mit. Bei Heuschrecken, bei denen keiner der Chef sei, funktioniere das wunderbar. Wobei er klarstellt, dass er wirkliche Heuschrecken meint, keine Private-Equity-Investoren. Immer wieder an dem Abend führt Django Asül entsprechende Studien zu seinen Beispielen an. Auch diese: Je mehr Frauen im Publikum seien, »desto mehr wird von meinem Programm verstanden«. Auf Untersuchungen des Massachusetts Institute of Technology zur Schwarmintelligenz bei Menschen stützt er dabei seine Behauptung. Ob er selbst alles in seinem Programm verstehe, sei längst nicht gewiss, deutet er am Ende an.
Django Asül braucht nicht viel, um sein Publikum zu unterhalten. Seinen wachen Verstand, ein paar Zettel, die auf einem Bistrotisch neben seinem Weizenbierglas liegen und ihm, falls er mal nicht weiter wissen sollte, ein Stichwort liefern (was nicht der Fall ist), und an ein, zwei Stellen die Gedankenwelt - mit entsprechendem Idiom - eines Stammtisch-Bruders.
Nüchternheit als Problem
Gerechtigkeit in der Welt? Je eher man begreife, dass es keine geben könne, umso besser, räsoniert er an einer Stelle. Und gibt dann als Frührentner mit Alkoholproblem den Welterklärer. Dass es »den Russen« gefährlich mache, wenn er nicht saufe, lässt er ihn sagen. Putin der Nüchterne bilde da einen unrühmlichen Gegensatz zu seinem Vorgänger Jelzin.
Wimsen, in dem Django Asül schon zum dritten Mal auftritt (diesmal noch vor Stuttgart, wie er betont), würdigt der Kabarettist auch ausgiebig. Einer der Vorzüge des Ortes sei es, dass er so »zentral in der Peripherie« liege. Die Kulturmühle sei letztlich Vorbild für die Elphilharmonie gewesen, behauptet er knitz. Und dass sich der Blick aus Niederbayern schon immer bewundernd auf das Mondäne von Hayingen gerichtet habe. Als es in der Bronzezeit hier schon Siedlungen gebeben habe, »hatten wir in Niederbayern noch nicht einmal Blech«. Auf die vielen Burgen hier sei man stets neidisch gewesen. Um halbwegs mithalten zu können, hätten die Bayern für Neuschwanstein zusammengelegt. (GEA)