Logo
Aktuell Comic

Asterix und Obelix versüßen die Krisenzeit

Ein Streifzug durch die Abenteuer von Asterix und Obelix, von denen im Herbst alter Stoff ganz neu herauskommt

»Zum Essen bin ich wieder zurück, Obelix.« Asterix auf Latein ist ein Klassiker. FOTO: EHAPA/DPA
»Zum Essen bin ich wieder zurück, Obelix.« Asterix auf Latein ist ein Klassiker. FOTO: EHAPA/DPA
»Zum Essen bin ich wieder zurück, Obelix.« Asterix auf Latein ist ein Klassiker. FOTO: EHAPA/DPA

PARIS. Im Herbst 2020, dies wurde kürzlich bekannt, soll »Der goldene Hinkelstein« erscheinen, eine Geschichte, die 53 Jahre in den Archiven schlummerte. Bevor die Comicsensation in den Regalen aufschlägt, lohnt es sich, noch einmal vergnügt durchs Universum von Asterix und Obelix zu streifen.

René Goscinny und Alberto Uderzo veröffentlichten gemeinsam 24 Asterix-Bände. »Asterix, der Gallier«, der erste, erschien 1968 in deutscher Übersetzung, 1961 bereits auf Französisch. »Asterix bei den Belgiern«, das letzte Werk des Gespanns, kam 1979 auf den Markt; zwei Jahre zuvor war René Goscinny mit nur 51 Jahren in Paris einem Herzinfarkt erlegen.

Alberto Uderzo starb am 24. März 2020 und veröffentlichte bis dahin 15 weitere Alben. Dabei übernahm er zunächst selbst die Rolle des Texters, übertrug die Fortführung schließlich Didier Conrad als Zeichner und Jean-Yves Ferri als Texter. Darin, dass keines der späteren Werke die Klasse, den Witz und Hintersinn der frühen Hefte erreichte, ist die Gemeinde der Asterix-Fans sich weitgehend einig.

Zwei Lesertypen

Diese Gemeinde teilt sich in zwei Lager: in jene, die ihr einziges Latein aus jenen Heften beziehen und es vergnügt hin und wieder einsetzen (»Alea iacta est!«); und jene, denen ebendort die Schrecken der Schulbank in angeheiterter Form wiederbegegnen. Julius Cäsar kreuzt den Weg der gallischen Helden oft genug – er verfasste den Kriegsbericht »De bello Gallico«, der auszugsweise in keinem Lateinbuch fehlt.

Knapp und keinesfalls witzlos rollt ein kleines Büchlein nun die historischen Hintergründe der Asterix-Comics auf. Bernard-Pierre Molin, Verfasser mehrerer Asterix-Sachbücher, zeigt darin, wie gut Goscinny und Uderzo Geschichte in ihre Geschichten einbauten. Und wie gewollt unzuverlässig sie manchmal mit ihr umgingen. In »Tempus Fugit« – so der Titel des Bandes – nimmt Molin »Wahre Mythen und falsche Fakten« der gallischen Welt unter die Lupe.

Wahres und Falsches

Sicher falsch ist die Behauptung: »Die Goten sind Vorfahren der Deutschen.« Dazu schreibt Molin: »Die Bewohner Deutschlands sind das Ergebnis von einem Völkergemisch, von Invasionen und Migrationen, inklusive natürlich einiger germanischer Wurzeln, also auch ein bisschen DNA der Goten.« Nebenbei erfährt der Leser, dass es die eitlen Germanen waren, nicht etwa die Gallier, deren Führer sich gerne auf Schildern umhertragen ließen – die gallischen Krieger legten sich auf ihren langen, ovalen Schildern lieber schlafen.

Unwahr ist leider auch, dass Vercingetorix, Chef der Gallier, seine Waffen nach der Schlacht von Alesia Cäsar stolz vor, nein: auf die Füße warf, der daraufhin laut »Aua!« brüllte. Die Wahrheit ist, dass Vercingetorix jahrelang in einem Kerker darbte, ehe er beim Triumphzug des Cäsar mitgeschleift und getötet wurde.

Ein Erwachsener wird die Abenteuer von Asterix und Obelix anders lesen als ein Kind oder ein Jugendlicher. Auch deshalb lohnt sich die Neulektüre. Geprügelt wird nicht wenig auf diesen Seiten; allenthalben fliegt ein Römer durch die Luft. Im Circus Maximus in Rom sitzt die römische Bürgerschar beisammen und will sich darüber amüsieren, wie drunten in der Arena die Gladiatoren sich zerfleischen oder von Löwen gefressen werden. Man hat Goscinny und Uderzo vorgeworfen, ihre Scherze politisch unkorrekt zu treiben: An ethnischen Stereotypen fehlt es ihren Comics nicht, im Gegenteil.

Subversive Späße

Der subversive Spaß, den die Autoren am Spiel mit den Versatzstücken einer kruden Welt haben, lässt sich nicht übersehen. Man denke an die Szene, in der Asterix und Obelix das Gemetzel in der römischen Arena in einen Kindergeburtstag verwandeln. Im selben Heft (»Asterix als Gladiator«) reisen die beiden auf einem Schiff, das von zähneknirschenden Ruderern vorangetrieben wird. »Sind das Sklaven?«, fragt Asterix. »O nein!«, antwortet der Kapitän. »Das sind Gesellschafter. Ich habe einen Kontrakt aufgesetzt, den sie unterschrieben haben, ohne ihn richtig zu lesen.« Ein Schlückchen Zaubertrank, ein bisschen freche Fantasie wirbelt alles durcheinander. Schafft Gerechtigkeit, verwandelt Kolonialismus, Imperialismus, das Heraufdämmern des Neoliberalismus in einen Witz. Mischt tausenderlei Kleinigkeiten aus allen Zeiten und Ländern darunter.

Promi-Anspielungen

Der Anspielungsreichtum der Asterix-Comics ist berühmt. Die Beatles, Fellini, Don Quichote, Schwarzenegger, Sean Connery, Stan und Olli oder der französische Ex-Präsident Jacques Chirac tauchen neben vielen anderen in den Comics auf – meist ganz beiläufig.

Natürlich dürfen hier auch die Schwaben nicht fehlen – schon die erste Seite von »Die Lorbeeren des Cäsar« (1972) zeigt einen römischen Marktplatz, auf dem eine Stimme geschäftstüchtig brüllt: »Gugelhupf und Käsekuchen!« Und Troubadix, der gefürchtete Barde, hat, dies muss wohl dem Zufall geschuldet sein, große Ähnlichkeit mit einem bekannten Tübinger Schlagersänger samt Föhnwelle – in »Die Trabantenstadt« singt er: »Der Römer mit der Mundharmonika …«.

Vielleicht findet der Leser des Jahres 2020 bei Asterix und Obelix ein wenig von jenem Humor, der nötig ist, um die Krise der Gegenwart zu überstehen. Immer wieder haben die tapferen Gallier bei ihren Abenteuern mit dem einen oder anderen römischen Stadthalter zu tun. In »Asterix bei den Schweizern« heißt er Agrippus Virus und feiert gerne ausschweifende Orgien. Seine Gäste suhlen sich in Wein und Käse, jubeln: »O göttlicher Virus, du verwöhnst uns!« (GEA)

Bernard-Pierre Molin: »Asterix – Tempus Fugit: Wahre Mythen und falsche Fakten«, 160 Seiten, 15 Euro, Egmont Verlag, Berlin.

Äußerst beliebt sind Dialekt-Versionen. Besonders effektvoll schimpft es sich in der sächsischen Ausgabe. FOTO: EHAPA/DPA
Äußerst beliebt sind Dialekt-Versionen. Besonders effektvoll schimpft es sich in der sächsischen Ausgabe. FOTO: EHAPA/DPA
Äußerst beliebt sind Dialekt-Versionen. Besonders effektvoll schimpft es sich in der sächsischen Ausgabe. FOTO: EHAPA/DPA
Wohl kein anderer Comic ist in so viele Sprachen übersetzt worden. Dieser Junge liest Asterix in der Kunstsprache Esperanto. FOT
Wohl kein anderer Comic ist in so viele Sprachen übersetzt worden. Dieser Junge liest Asterix in der Kunstsprache Esperanto. FOTO: DPA
Wohl kein anderer Comic ist in so viele Sprachen übersetzt worden. Dieser Junge liest Asterix in der Kunstsprache Esperanto. FOTO: DPA
Foto: Gea
Foto: Gea