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Vorläufer alter Fresken entdeckt

Archäologen aus Tübingen und Beirut graben Palast im Libanon aus. 4000 Jahre alte Lehmziegel

Die freigelegten Wandmalereien zeigen unter anderem einen geometrischen Fries. Die Vorzeichnungen wurden auf feuchten Kalkputz a
Die freigelegten Wandmalereien zeigen unter anderem einen geometrischen Fries. Die Vorzeichnungen wurden auf feuchten Kalkputz aufgetragen.Fotos: Tell el-Burak Excavation Project Foto: Gea
Die freigelegten Wandmalereien zeigen unter anderem einen geometrischen Fries. Die Vorzeichnungen wurden auf feuchten Kalkputz aufgetragen.Fotos: Tell el-Burak Excavation Project
Foto: Gea

TÜBINGEN. Die Technik der Fresko-Malerei könnte deutlich älter sein als bisher angenommen: Archäologen der Uni Tübingen und der American University of Beirut haben im Süden des Libanon die wohl ältesten großflächig erhaltenen Wandmalereien im Vorderen Orient dokumentiert. Die dabei verwendete Maltechnik könne als Vorstufe zur Fresko-Technik verstanden werden, da die Vorzeichnungen auf den noch feuchten Kalkputz aufgetragen worden seien, teilte die Tübinger Wissenschaftlerin Julia Bertsch mit.

Bei der voll entwickelten Fresko-Technik wird die Malerei dann im Ganzen auf frischen Kalkputz aufgetragen. Während der Putz trockne, verbinde sich die Farbe dauerhaft mit dem Untergrund.

Vollständig erhalten

Gefunden wurden die Malereien in einem 2001 von dem Archäologenteam entdeckten Palast an der Fundstätte Tell el-Burak südlich von Sidon. Bis 2011 wurde er vollständig ausgegraben. Im größten Raum, der sieben auf 14 Meter misst, wurden die Malereien an den Innenwänden gefunden. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Palast um 1 900 vor Christus erbaut und rund 200 Jahre lang genutzt wurde.

Man habe bisher angenommen, dass die Technik der Fresko-Malerei erst mehrere Jahrhunderte später in der minoisch-ägäischen Palastmalerei entwickelt worden sei, sagte Bertsch. »Die Befunde aus Tell el-Burak weisen darauf hin, dass zumindest wichtige Schritte zur Entwicklung der Technik im Vorderen Orient gemacht wurden.« Die Malereien zeigten einen geometrischen Fries sowie eine Jagdszene, eine Prozession und einen sogenannten Lebensbaum. Vergleichbare Motive sind aus der altorientalischen und ägyptischen Bildsprache bekannt.

Bei der Analyse der Farben zeigte sich, dass die Maler unter anderem »Ägyptisch Blau« einsetzten. Dieser Farbstoff wurde im alten Ägypten seit dem dritten Jahrtausend vor Christus hergestellt und verwendet. »Das zeigt, dass zwischen dem heutigen Südlibanon und dem Pharaonenreich damals enge Beziehungen bestanden«, betonte Jens Kamlah vom Tübinger biblisch-archäologischen Institut. »Die Malereien könnten von ägyptischen Künstlern geschaffen worden sein. In jedem Fall bezeugen sie eine frühe Form des kulturellen Austauschs und des Wissenstransfers.«

Die Wände des Palastes sind teilweise in ihrer Originalhöhe von circa 3,5 Metern erhalten. »Das ist besonders beachtlich, da sie aus rund 4 000 Jahre alten luftgetrockneten Lehmziegeln bestehen«, erklärte der Tübinger Wissenschaftler. Die vollständige Erhaltung sei ein Glücksfall und nur möglich gewesen, weil der Raum circa 1800 vor Christus vollständig vom Boden bis zur Decke mit Sand, Kies und Lehm zugeschüttet wurde. Die Türen wurden mit Lehmziegeln zugemauert.

Der Palast erhob sich auf einem künstlich angelegten, 17 Meter hohen Berg, direkt am Strand. Der meerseitige Gebäudetrakt lag ursprünglich auf einer tieferen Terrasse als die übrigen Räume. »Wir gehen davon aus, dass dies zu statischen Problemen führte. Die Wände in der unteren Ebene, zu der auch der Raum mit den Wandmalereien gehörte, waren durch den Druck der höher liegenden Terrasse verformt. Zur Stabilisierung wurden die unteren Räume verfüllt«, so Kamlah. Dadurch haben sich die Malereien großflächig erhalten. Die Bemalungsreste sind sehr fragil. »Sie mussten von Fachleuten in kleinen Abschnitten sehr vorsichtig freigelegt werden.«

Der Fries teilt die Langseite des Raums in ein oberes und ein unteres Register. Eine Szene ist dreidimensional in einer Raumecke mit ansteigendem Boden angelegt. Die Malerei umfasst auch Teile des Bodens. »Über die damaligen Menschen war bislang nur sehr wenig bekannt«, sagte Kamlah. Die deutsch-libanesischen Ausgrabungen zeigten jetzt, dass es in Sidon ein wirtschaftlich und kulturell blühendes Stadtkönigtum gegeben haben muss. (dpa)

Die Wissenschaftler legen den vollständig erhaltenen Palast frei.
Die Wissenschaftler legen den vollständig erhaltenen Palast frei. Foto: Gea
Die Wissenschaftler legen den vollständig erhaltenen Palast frei.
Foto: Gea