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Virtueller Rundgang durch Mössinger Heimatgeschichte

Die heimatgeschichtliche Mössinger Schau »Wasser, Bäche, Mühlen und Bäder« wird verschoben. Museumsleiterin Franziska Blum, spricht über die heimatgeschichtliche Mössinger Ausstellung.

Hinein ins neue Becken: Schwimmbadeinweihung in Öschingen im Jahr1934.
Hinein ins neue Becken: Schwimmbadeinweihung in Öschingen im Jahr1934. Foto: nicht angegeben
Hinein ins neue Becken: Schwimmbadeinweihung in Öschingen im Jahr1934.
Foto: nicht angegeben

MÖSSINGEN. »Im Prinzip steht sie«, sagt Franziska Blum, spricht über die heimatgeschichtliche Mössinger Ausstellung »Wasser, Bäche, Mühlen und Bäder im Steinlachtal«, die am Sonntag, 22. März, in der Kulturscheune eröffnet worden wäre. Daraus wird durch die Corona-Krisen nichts. Sie wäre bis 2. August zu sehen gewesen. Der Start wird nun wohl auf September verschoben. Sie ruht bis dahin in stiller Schönheit verborgen im Dornröschenschlaf. Die Mössinger Museumsleiterin schildert die von ihr konzipierte Schau so lebendig und detailreich, dass schon vorab ein virtueller Rundgang möglich wird. Bis auf wenige gedruckte Plakate sind die Exponate schon alle arrangiert.

Die Ausstellung widmet sich von der Idee her der Steinlach als Mössinger Wasser-Lebensader, ihren Zuflüssen. Der kleine Fluss steht mit einem großen Bild gleich zu Beginn hinterm Eingang im Blickpunkt, dazu eine Übersichtskarte. Ihren Ursprung hat die Steinlach in Talheim. Der Öschenbach aus Öschingen kommt unterwegs dazu – Öschingen und Talheim finden so doch gut zusammen.

Kurz vor dem Zusammenfluss hat die Obere Mühle ihren Sitz, eine von einst insgesamt acht Mössinger Mühlen, wie Franziska Blum ermittelt und für die Schau thematisch aufgearbeitet hat. Die oberste war eine Mühle im abgelegenen Seebachtal Richtung Willmandingen, auf annähernd 700 Höhenmetern, ziemlich einsam und idyllisch im Wald gelegen.

Talheim hatte sogar zwei Mühlen, eine obere und eine untere. Öschinger mussten zunächst lange die Mühle in Gönningen nutzen, so geregelt durchs Bannrecht, den Mühlenzwang. Später gab es ab dem Ende des 18. Jahrhunderts dort dann die Krümmlingsmühle, auf die ein Straßen-Name im Gewann verweist. Die unterste Mühle an der Steinlach ist die Untere Mühle an der Ofterdinger Straße nahe dem Nordring und dem Kreisverkehr. »Ein verwunschener Ort«, charakterisiert Blum das Erscheinungsbild dieser Mühle.

Blick in die Tiefe der Grube: Wasserpumpstation im Aible, 1940er-Jahre.
Blick in die Tiefe der Grube: Wasserpumpstation im Aible, 1940er-Jahre. Foto: nicht angegeben
Blick in die Tiefe der Grube: Wasserpumpstation im Aible, 1940er-Jahre.
Foto: nicht angegeben

Gleich zwei Mühlen wurden durch Wasser gespeist, das durch einen Mühlkanal unterm Mühlegärtle läuft. Die Belsener waren gebannt, mussten hier in Mössingen ihr Getreide mahlen. Sebastian Streib hatte in der weiter oben gelegenen Mühle einst mit der Stromerzeugung begonnen. Diese wurde 1909 von der Gemeinde Mössingen gekauft. Daraus wurde das erste E-Werk des damals noch kleinen Dorfs. Die etwas unterhalb davon gelegene, weitere Mühle war eine Sägemühle. Zudem gab es da noch die Gipsmühle in der Spitalgasse, die mit ihrem hölzernen Rad bis heute den Bereich der Steinlach im alten Ortskern prägt.

Das romantisierte Rattern der Mühlen fand ein Ende – ab den 1950er-Jahren gingen sie verloren, waren in den 1960er-Jahren dann schon Geschichte. »Sie waren nicht mehr lukrativ«, liefert die Museumsleiterin Gründe für ihr Verschwinden.

War das Wasser der Steinlach einst auch ein Ort zum Wäschewaschen und natürliche Viehtränke, sah die Wasserversorgung später anders aus. Mössingen und Belsen schlossen sich der Steinlachgruppe an, erhielten ihr Wasser aus Tübingen-Kilchberg im Neckartal. Die erste Wasserleitung wurde von 1921 bis 1923 gebaut. Talheim nutze seine Nähe zum Albstollen der Bodenseewasserversorgung nicht, bezog es von der Alb. Dagegen gab es in Öschingen nach der Versorgung mit eigenen Brunnen ab 1957 dann 100 Prozent Bodenseewasser.

Interessant ist auch die Geschichte der Badekultur. Bereits das Butzenbad, ein Badehaus mit Wirtschaft, nutzte die heilsamen Schwefelquellen. Als 1566 die Pest im Steinlachtal grassierte, wurde das Butzenbad wohl geschlossen. Die Quellen machen bis heute Bad Sebastiansweiler zu einem kleinen Bade- und Kurort.

Holzkonstruktion für Bogen: Bau der Steinlachbrücke vor dem Gemeindebad, 1939.
Holzkonstruktion für Bogen: Bau der Steinlachbrücke vor dem Gemeindebad, 1939. Foto: nicht angegeben
Holzkonstruktion für Bogen: Bau der Steinlachbrücke vor dem Gemeindebad, 1939.
Foto: nicht angegeben

In Zeiten, in denen es in heimischen Küchen von Handwerkern und bäuerlichen Betrieben nur am schlichten Küchenherd Behälter zum Aufwärmen von Wasser für Badezuber gab, waren für die komfortablere Körperhygiene Wannen- und Brausebäder des Gemeindebads gefragt, das 1927 beim Alten Rathaus entstanden ist. Hier gab es wohl sogar ein kleines Schwimmbecken.

Die Steinlach war nicht nur Energielieferant und Motor für sich drehende Mühlräder, sie war zudem ein Badeplatz. In den Gumpen gab es in warmen Zeiten Abkühlung und Möglichkeiten zum Schwimmen. Das erste Freibad gab es in Talheim bereits in den 1920er-Jahren, die Öschinger zogen mit dem Waldbädle 1934 nach. Das Mössinger Freibad wurde 1959 beschlossen und 1962 eröffnet. Bürgermeister Gottlieb Rühle wollte es nicht, sein frisch gewählter Nachfolger Erwin Kölle sprang zur Eröffnung dann in Frack und Zylinder stilsicher und originell ins nagelneue Becken.

Die Krönung der Mössinger Badekultur war dann das 1975 eröffnete Hallenbad, ein modernes Sportbad, indem Bürgermeister Kölle wiederum vom Turm sprang. Statt der anvisierten 4,5 Millionen Mark kostete es schließlich 6,8 Millionen Mark – für die Zeit eine ungeheuer hohe Summe. Das Bad hat sich die junge Stadt also ebenso sehr viel kosten lassen, wie die Große Kreisstadt zuletzt seinen Umbau mit grundlegender Modernisierung. Es verfügt seitdem über ein Kleinkindbecken und ein Dampfbad. Und auch die neuen Duschräume sind mit jenen im Gemeindebad nicht mehr zu vergleichen.

Mit der naturnahen Schönheit der Steinlach als schlängelnd durch den Ort fließender Lebensader war es vorbei, als immer mehr ungeklärte Abwässer von Industriebetrieben das saubere Wasser verschmutzten. Nicht nur die berühmte Stoffdruckfirma Pausa sorgte für allerlei farbliche Akzente im Wasser, wo traurig gut zu sehen war, was gerade farblich beim Stoffdrucken beim Design in der Produktion so lief. (GEA)