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Unterstützer Palmers formieren sich gegen Parteiausschluss

Ausschließen oder nicht? Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer bekommt erstmals breitere Rückendeckung aus den eigenen Reihen - darunter auch von ehemaligen prominenten Grünen-Politikern.

Boris Palmer
Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen: Boris Palmer. Foto: Weißbrod/dpa
Oberbürgermeister der Universitätsstadt Tübingen: Boris Palmer.
Foto: Weißbrod/dpa

TÜBINGEN. Im Streit um den drohenden Parteiausschluss bekommt der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer nun erstmals breitere Rückendeckung aus den eigenen Reihen. Einen von den beiden Tübingern Christoph Joachim und Christoph Melchers veröffentlichten Aufruf haben bis zum Montag 529 Unterstützer unterzeichnet, darunter 62 Mitglieder aus dem Kreisverband Tübingen und 14 aus Reutlingen wie etwa die Kreisräte Rainer Buck und Hans Gampe, Kreisschatzmeister Rudolf Sommer, Friedemann Salzer und Friedrich Hagemeister, Gründungsmitglied der Grünen und ehemaliger Reutlinger Gemeinderat.

Unter den Unterzeichnern sind auch ehemalige prominente Grünen-Politikerinnen und -Politiker wie die frühere Bundestags-Vizepräsidentin Antje Vollmer. Aus dem Südwesten haben zum Beispiel Klaus-Peter Murawski, der langjährige Staatskanzleichef von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, oder Ex-Umweltminister Franz Untersteller unterschrieben.

In dem Aufruf, der an alle 44 Kreisverbände im Land sowie an den Landes- und den Bundesvorstand geschickt wurde, wird der Beschluss auf der Landesdelegiertenkonferenz am 8. Mai 2021 für ein Parteiausschlussverfahren gegen Boris Palmer als großer Fehler bezeichnet. »Viele – auch wir – halten manche Äußerungen von Boris für unpassend, geschmacklos, beleidigend oder verstörend«, heißt es in dem Brief. Als Gründe für einen Parteiausschluss reichten diese verbalen Entgleisungen aber nicht aus.

Demgegenüber verweisen die Unterstützer in ihrem Aufruf gegen den Parteiausschluss auf die Verdienste Palmers vor allem auf kommunaler Ebene, etwa in der Energie- und Klimapolitik, bei den Themen Integration und Inklusion, in der Wohnungs-, Recycling- und Coronapolitik. »Dank der konsequenten sozial-ökologischen Kommunalpolitik kann Tübingen als Musterstadt für die Umsetzung unserer Grünen Werte und Zielvorstellungen gelten.« Bei vielen in der Partei werde dies zu wenig gewürdigt.

Darüber hinaus sei Palmer ein wichtiger Stichwortgeber für die innerparteiliche Debatte. Mit seinem Buch »Wir können nicht allen helfen« habe er die Grenzen der Integration aus kommunalpolitischer Perspektive dargelegt. Statt dies in der Partei zu debattieren, sei er diffamiert worden. Bezeichnungen wie »Rassist« oder »Flüchtlingsfeind« seien auch Ausdruck dessen, »dass es intellektuelle Exzentriker in unserer Partei schwer haben und Charakterköpfe nicht als interessante Bereicherung angesehen werden«.

Ausschlussanträge seien nur gerechtfertigt, wenn ein Parteimitglied sich parteischädigend verhalten habe. Das, finden die Initiatoren, können man Palmer aber nicht vorwerfen, denn kein deutscher OB habe so viele urgrüne Ziele realisiert wie er. Deshalb sollten die Kreisverbände dafür eintreten, dass auf der nächsten Landesdelegiertenkonferenz das Parteiausschlussverfahren zurückgezogen werde. (GEA)