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Ukrainische Pianistin spielt in Gomaringen zugunsten ihrer Heimat

Die Pianistin Oksana Stechyshyn spielte zugunsten eines Krankenhauses in ihrer ukrainischen Heimat

Die Pianistin Oksana Stechyshyn verzauberte den Gomaringer Schlosshof.  FOTO: STRAUB
Die Pianistin Oksana Stechyshyn verzauberte den Gomaringer Schlosshof. FOTO: STRAUB
Die Pianistin Oksana Stechyshyn verzauberte den Gomaringer Schlosshof. FOTO: STRAUB

GOMARINGEN. Mit Robert Schumanns Novellette Nr. 8 ging das Klavierkonzert im Gomaringer Schlosssaal gleich lebhaft los. Sichtlich konzentriert und mit dem Stück verschmolzen, in ruhigen Passagen mit geschlossenen Augen, begeisterte die ukrainische Pianistin Oksana Stechyshyn gut 100 Zuhörer. Schnell und laut spielte sie, virtuos. Einzige Voraussetzung: ein Flügel. »Spielen kann ich überall«, sagte Stechyshyn.

Faible für deutsche Komponisten

Schumanns Novelletten bestehen aus acht Klavierstücken, die Schumann im Februar 1838 komponierte, einer Zeit großer Schwierigkeiten für ihn. Schumann hatte ursprünglich geplant, die acht Stücke gemeinsam als Gruppe aufzuführen, sie werden jedoch oft mit großem Erfolg einzeln aufgeführt. Diese Stücke sind ein hervorragendes Beispiel für seinen Klavierstil. Der achte und letzte Teil des Sets besteht eigentlich aus zwei Teilen in einem. Der erste Teil ist eine leidenschaftliche Etüde im 2/4-Takt, der zweite hat den Charakter eines Marsches.

»Deutsche Komponisten wie Schumann zählen zu meinen Vorbildern«, sagte Stechyshyn. Seit zwei Jahren lebt sie mit ihrem Mann in Albstadt-Ebingen, ist vor dem Krieg geflohen. Die 26-Jährige spricht gut Deutsch. Stechyshyn studierte von 2017 bis 2023 an der nationalen Musikakademie Mykola Lysenko in Lviv und schloss mit dem Master of Musical Arts ab. Seit ihrem 16. Lebensjahr komponiert sie eigene Werke und wurde mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Grand Prix »Talente des 21. Jahrhunderts« in Bulgarien. »Ein wenig Show gehört immer dazu«, sagte Stechyshyn. Zuletzt war sie Gastprofessorin in Brüssel und spielte unter anderem für das belgische Königspaar. Etwas ruhiger, melancholischer wurde es in Gomaringen mit Frédéric Chopins Ballade Nr. 4 in f-Moll. Der Gestus von Chopins Balladen ist dramatisch-mäandrierend, und typisch für die Romantik: damit verschleiert er die Form dieser Stücke.

Künstlerin präsentiert Liszt

Stechyshyn schälte eine überzeugende Interpretation heraus: geprägt von der Freiheit, die diese Musik so stark ausstrahlt und vom Übersichthalten über die Form, damit der große Bogen nicht verloren geht. Und vom Beachten der vielfältig vorhandenen pianistischen Details, die so wunderbar verführerisch klingen können, und dem kraftvoll-virtuosen Zugriff, der dann vor allem im Schlussteil des Stücks gefragt ist.

Ein vielen Zuhörern bekanntes Klavierstück präsentierte Stechyshyn mit Franz Liszt »Mephisto Walzer«. »Das ist diabolisch und hat laut gespielt viel Kraft«, erklärte Stechyshyn und witzelte vor dem Konzert: »Das bringt viele Spenden.« Denn die Einnahmen aus der von der Gomaringer Flüchtlingsbeauftragten Annett Alate, der Grünen-Liste, den Grünen Steinlach-Wiesaz und der Volkshochschule organisierten Veranstaltung gingen zugunsten des Sheptytsky-Hospital in Lviv. Stechyshyn erzählte, dass ihr an der Front verwundeter Vater dort behandelt wurde.

Sie wuchs in der Stadt auf, studierte dort. »Dieser Stadt gehört mein Herz«, sagte Stechyshyn. Große Hoffnung, dass der Krieg bald enden könnte, hat sie nicht. »Das ist unvorhersehbar.« Momentan gehe es darum, die Menschen und die Soldaten in ihrer Heimat zu unterstützen. Denn das Krankenhaus muss Zehntausende Flüchtlinge zusätzlich versorgen, außerdem gehen Hilfsleistungen an die Front. Nach einer Pause spielte Stechyshyn Ludwig van Beethovens Sonate Nr. 23 »Appassionata« und gab nach kräftigem Applaus eine eigene Komposition als Zugabe. (GEA)