Logo
Aktuell Unglück

Tod nach Zahn-OP: Staatsanwalt wirft Tübinger Arzt fahrlässige Tötung vor

Bei einer Zahn-OP in Tübingen erlitt der Patient einen Kreislaufzusammenbruch und Herzstillstand. Nun muss sich der Anästhesist der OP vor dem Amtsgericht verantworten, weil er laut Staatsanwaltschaft Fehler gemacht haben soll.

Foto: dpa
Foto: dpa

TÜBINGEN. Was ist an jenem 20. Oktober 2016 in der Tübinger Zahnklinik passiert? Eigentlich ging es um eine Routine-OP. Der 54-jährige Patient, ein Mitarbeiter des Uniklinikums, der Angst vor der Zahnbehandlung hatte, wollte, dass in der Klinik so viel wie möglich auf einmal erledigt wird. Wie es seit 20 Jahren in der Tübinger Zahnklinik üblich ist, wurde der Patient für die auf sechs Stunden angesetzte OP nicht vollkommen narkotisiert, sondern mit dem Medikament Propofol sediert, was nach Ansicht des Ärztlichen Direktors der Abteilung Prothetik viele Vorteile hat. Diese Methode wird in Deutschland allerdings an keiner anderen Klinik als in Tübingen angewendet.

Nach einer dann über sieben Stunden langen OP erlitt der Patient plötzlich einen Herzstillstand. Er wurde zwar erst an Ort und Stelle und später im Schockraum wiederbelebt, erlitt aber durch Sauerstoffmangel schwere Hirnschäden. Er starb neun Tage später in der Klinik.

Mit Hilfe des Gutachtens eines Heidelberger Arztes wirft die Staatsanwaltschaft dem erfahrenen Tübinger Narkosearzt nun fahrlässige Tötung vor. Der Grund: Während der Operation sank der Sauerstoffsättingsgrad des Blutes bei dem Patienten über längere Zeit unter 90 Prozent. Der Narkosearzt hätte deshalb die OP abbrechen müssen, so der Gutachter.

Die Verteidigung dagegen ist anderer Ansicht. Auch sie beauftragte einen Gutachter, der am Montag der Meinung war, dass der Arzt keinen Fehler gemacht habe und der Herzstillstand vielmehr darauf zurückzuführen sei, dass der Patient das Sedierungsmittel nicht vertragen habe, was sehr selten vorkomme und ein Propofol-Infusionssyndrom eingetreten sei.  Der Prozess wird am 18. Juni fortgesetzt. (GEA)