TÜBINGEN. Insgesamt 404.000 Euro hat das Podium zwischen Oberbürgermeister Boris Palmer und AfD-Landeschef Markus Frohnmaier in der Tübinger Hepperhalle den Steuerzahler gekostet. Im Einsatz waren 485 Polizeibeamte, darunter Einsatzkräfte der Polizeireiterstaffel und der Polizeihundestaffel. »Der hohe Kräfteeinsatz war der Tatsache geschuldet, dass es sich bei der Veranstaltung um eine Podiumsdiskussion handelte, die in dieser Konstellation erstmals stattfand«, begründete das Innenministerium den Aufwand.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Dorothea Kliche-Behnke hatte eine entsprechende Anfrage an das Ministerium gestellt. Das hat nun geantwortet. Insgesamt 5.480 Stunden Einsatzstunden der Polizeibeamten kamen an diesem Abend zusammen, so die Antwort. Es gehöre zum Auftrag der Polizei, Veranstaltungen und Versammlungen, gerade auch von politischen Parteien, zu schützen.
»Das Geld hätte man sich sparen können«
»Dieses Geld hätte man sich sparen können, wenn Boris Palmer der AfD nicht diese Bühne geboten hätte«, kommentierte Kliche-Behnke das Ergebnis ihrer Kleinen Anfrage. »Diese Situation und diese hohen Kosten wurden ohne Not herbeigeführt. Ein Finanzbürgermeister, der sonst gerne über durch Bund und Land verursacht vermeintlich unnötige Kosten klagt, kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jetzt über 400.000 Euro.«
»Die Demokratie ist das wert«
»Es ist traurig, dass man eine politische Diskussion nur mit fünf Hundertschaften Polizei durchführen kann, aber die Demokratie ist das wert«, kommentierte der Oberbürgermeister auf Nachfrage die hohen Kosten. AfD-Landeschef Frohnmaier sagte, es sei ein Armutszeugnis, wenn eine solche Debatte nur noch mit einem Großaufgebot abgesichert werden könne. »Die Polizeikosten in dieser Höhe sind allein durch die Gegendemonstration sowie potenziell gewaltbereite Störer entstanden«, so Frohnmaier.
Palmer hatte die Anfrage der SPD-Abgeordneten und ihr Ergebnis auf Instagram und Facebook gepostet. »Der Einsatz der Polizei zur Absicherung des Streitgespräches hat viele Einsatzstunden gekostet. Sicher zu viele«, schreibt Palmer in den sozialen Medien. Er fragt aber auch: »Was ist Demokratie an so einem Tag wert? So viel wie ein x-beliebiges Fußballspiel?«
Außerdem habe er in der Vergangenheit 18 Einsätze dieser Größenordnung verhindert. Das Maisingen der Burschenschaften auf dem Holzmarkt mit großer Gegendemonstration habe früher jährlich sechs Hundertschaften der Polizei beschäftigt. Das sei erst beendet worden, als Palmer mit den studentischen Verbindungen einen Deal geschlossen habe.
Auch das Podium war das Ergebnis eines Deals: Die Ankündigung der AfD, in Tübingen eine Kundgebung abhalten zu wollen, hatte nicht nur viele Gegendemonstranten in Alarmbereitschaft versetzt, sondern auch den Tübinger Einzelhandel. Die Angst war groß, dass Kundgebung und Demo die gesamte Stadt lahmlegen könnten. Palmer versuchte die AfD von ihrem Vorhaben abzubringen. Die ließ sich nur darauf ein, wenn sich der Oberbürgermeister im Gegenzug zu einem Podium bereit erklärte.
Der Auftritt in der Tübinger Hepperhalle war zuvor in der Stadtgesellschaft hochumstritten. Die Gegendemonstration mit rund 2.000 Teilnehmern vor der Halle verlief weitgehend friedlich. Störungen gab es allerdings in der Halle, sodass sich das Podium verzögerte. 30 Störer wurden daraufhin von den Beamten nach draußen begleitet. Zu Festnahmen kam es nicht. (GEA/dpa)

