TÜBINGEN. Die Müllabfuhr bleibt bis auf Weiteres in städtischer Hand und fällt nicht zurück an den Landkreis. Die Stadtverwaltung versucht, das Defizit so gering wie möglich zu halten, investiert aber in Ausstattung und Personal. Und sie prüft noch einmal, was rechtlich möglich ist, um möglicherweise doch eigene Gebühren zu erheben.
»Gewerkschaft wirkt«, hatte Verdi-Sekretär Jonas Weber zuvor auf dem Marktplatz festgestellt. Die Proteste gegen eine Privatisierung der Müllabfuhr hatten zur Folge, dass die Entscheidung in mehreren Runden noch einmal sorgfältig überdacht wurde. Vor der Sitzung am Donnerstag war erneut eine Gruppe mit Transparenten vors Rathaus gezogen, um die Gefahr einer Rückgabe an den Landkreis mit anschließender Vergabe an ein privates Entsorgungsunternehmen zu bannen.
Sparen beim Konzertsaal
Nach der heftigen Debatte um Müllabfuhr und Daseinvorsorge zeigte sich Bürgermeister Cord Soehlke bemüht, möglichst große Einigkeit herzustellen. Nach einer weiteren Fragerunde unterbrach er die Sitzung, damit die Fraktionen gemeinsam einen Kompromiss aushandeln konnten. SPD, Tübinger Liste, CDU, Linke und die Fraktion gingen darauf ein und brachten 22 Stimmen zusammen.
Die FDP hatte gleich angekündigt: »Wir sind nicht dabei.« Und auch AL/Grüne wollten angesichts eines erwarteten Defizits von jährlich bis zu 900 000 Euro die Aufgabe lieber dem Landkreis übertragen. Das führte zu insgesamt 14 Nein-Stimmen. Sprecher Christian Mickeler bekam die Aufgabe, die Haltung seiner Fraktion zu begründen, obwohl er am Nachmittag selber einen Vorstoß für einen Kompromiss zum Verbleib gemacht hatte.
AL/Grüne wären aber dafür, dass der Landkreis die Müll-Entsorgung in Eigenregie betreibt. »Eine Rekommunalisierung hätte unsere Unterstützung«, versicherte Mickeler. Die Linke hält das ohnehin für die beste Lösung. Wilhelm Bayer betonte, man werde im Kreistag einen entsprechenden Antrag stellen und hoffe auf tatkräftige Mithilfe. FDP-Mann Dietmar Schöning verwies darauf, dass die Vertreter aus der Unistadt im Kreistag keine Mehrheit haben, man also zusätzliche Mitstreiter brauche.
Martin Sökler (SPD) rechnet damit, dass es leichter wird für den Kreis, eine Müllabfuhr aufzubauen, wenn die Unistadt noch eine hat. Ulrike Ernemann (CDU) fürchtet, dass Tübingen nun ums Sparen bei anderen Projekten nicht herumkommt – zum Beispiel beim Konzertsaal oder beim Hallenbad.
Baubürgermeister Soehlke lobte zwar die konstruktive Debatte, musste aber feststellen, dass die Gemeinderäte ihm einen Wunsch nicht erfüllt haben: Wegen den hohen Investitionen und den Abschreibungen hätte er gerne eine lange Laufzeit gehabt. Da hieß es aber unbestimmt »bis auf Weiteres«. (GEA)