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Tübingen beantragt Fortsetzung des Projekts »Öffnen mit Sicherheit«

Oberbürgermeister Boris Palmer zieht ein erfolgreiches Fazit und beantragt die Fortsetzung. Als Schwachstelle identifiziert er die Kontaktverfolgung - Abhilfe soll die Luca-App schaffen. Auch Mediziner sagen: Die Inzidenz in der Unistadt ist stabil bei 80.

Die warmen Tage lockten viele Tübinger in die Innenstadt. FOTO: MEYER
Die warmen Tage lockten viele Tübinger in die Innenstadt. Foto: Jürgen Meyer
Die warmen Tage lockten viele Tübinger in die Innenstadt.
Foto: Jürgen Meyer
TÜBINGEN. Die bisherigen Erfahrungen sind ermutigend. Die Stadt Tübingen beantragt daher beim Land die Fortsetzung des Modellversuchs über den 18. April hinaus: Diese Botschaft hat Oberbürgermeister Boris Palmer am Dienstag nach Stuttgart übermittelt.

Unterstützt wird der Vorstoß des Rathauschefs von der Pandemie-Beauftragten Lisa Federle und den Wissenschaftlern, die den Versuch begleiten. Der Infektiologe Peter Kremsner und Peter Martus, der das Institut für Klinische Epidemiologie leitet, plädieren für die »Verstetigung des Modellversuchs«. Mehr noch: Nach dem, was neue Studien über Aerosole gezeigt haben, sei die erneute Hinzunahme der Außen-Gastronomie empfehlenswert – solange die Abstandsregeln eingehalten werden.

Nach Beobachtung der Mediziner liegt die Inzidenz in der Unistadt inzwischen relativ stabil bei 80. Ein Höchstwert von 110 am 1. April habe sich als »vorübergehendes Phänomen« erwiesen. Kremsner und Martus äußern die Erwartung, dass die hohe Zahl der Tests in Tübingen dazu führt, dass viele Infektionen rasch entdeckt werden und die Ausbreitung des Coronavirus dadurch gebremst wird. Sie rechnen damit, dass bis Mitte Mai »weitere aussagefähige Daten zum Verständnis des Infektionsgeschehens « vorliegen.

Palmer sieht als einzige wesentliche Lücke im bisherigen Verlauf die rein manuelle Kontaktverfolgung. Er will die Luca-App einführen und glaubt, dass es dann auch wieder möglich ist, die Außen-Gastronomie zu erlauben. Die Tagestickets nach negativem Ergebnis sollen nur für Bewohner und Arbeitnehmer im Landkreis gelten. In Schulen müsse weiter gestestet werden, auch wenn die Inzidenz im Landkreis unter 100 fällt. Unter diesen Voraussetzungen könnten Handel, Dienstleistung und Kultur wie bisher geöffnet bleiben.

Die Reißleine will der OB ziehen, wenn die vergleichbare Inzidenz in der Unistadt drei Tage in Folge über 100 steigt. Dann greife die Notbremse wie im Bund. »Vergleichbare« Inzidenz deswegen, weil Tübingen durch die vielen Tests automatisch auf einen höheren Wert kommt – und 25 Prozent über dem liege, was andere ermitteln.

Die einzelnen Maßnahmen sieht Palmer gut umgesetzt. Die neun Teststationen in der Innenstadt reichten für gut 9.000 Tests pro Tag. Das Engagement der Freiwilligen und des Deutschen Roten Kreuzes sei ungebrochen. Die Schnelltests zeigten eine hohe Zuverlässigkeit. Die Testpflicht in Schulen, Kitas und Betrieben sieht der Grünen-Politiker als weiteren wichtigen Faktor.

Für den Einzelhandel ist die Vermeidung des Lockdowns nach Ansicht von Palmer attraktiv. Der Umsatz sei akzeptabel. Bei den Kinos hat’s weniger Einnahmen gebracht. Museum und Atelier sind wieder zu. Die Blaue Brücke hat gar nicht wieder aufgemacht. Das Arsenal hingegen hat angekündigt, bei einer Fortsetzung des Modellversuchs weiter Filme zu zeigen. Museen und Theater verzeichneten eine gute Nachfrage.

Positiv bewertet der Rathauschef die Kontrolle durch die Polizei und den Ordnungsdienst. Um die Akzeptanz macht er sich keine Sorgen. »Kritische Stimmen konzentrierten sich auf die Phase von drei Tagen, in denen die Stadt durch Tagestouristen überfüllt war. Seit der Beschränkung auf Kreisbewohner ist die Unterstützung wieder gesichert.« Der Gemeinderat will am Donnerstag nach der Haushaltsberatung eine öffentliche Debatte führen. Die Uhrzeit steht nicht fest. (GEA)