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Tübinger Forscher entdecken bislang unbekannte Krokodilart

Die Tiere lebten vor 39 Millionen Jahren im Gebiet des heutigen Vietnam: Ein Tübinger Forschungsteam identifiziert Fossilien des vier Meter langen Maomingosuchus.

Tobias Massonne stellt den Fund eines Urzeit Krokodils vor, der in einem Kohleeinschluss in Thailand gefunden wurde.  FOTO: UNI
Tobias Massonne stellt den Fund eines Urzeit Krokodils vor, der in einem Kohleeinschluss in Thailand gefunden wurde. FOTO: UNI TÜBINGEN
Tobias Massonne stellt den Fund eines Urzeit Krokodils vor, der in einem Kohleeinschluss in Thailand gefunden wurde. FOTO: UNI TÜBINGEN

TÜBINGEN. Wissenschaftler des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Uni Tübingen haben in Vietnam die Fossilien einer bisher unbekannten Krokodilart identifiziert. Das knapp vier Meter lange, fast vollständig erhaltene Skelett aus der Fundstelle Na Duong gehört zu den langschnäuzigen Krokodilen aus der Verwandtschaft der Sundagaviale. Das zwischen 35 und 39 Millionen Jahre alte Fossil gibt neuen Aufschluss über die Verbreitung dieser Krokodile von ihren Ursprüngen in Nordafrika und Westeuropa nach Südostasien.

Gaviale haben eine lange Schnauze und sind auf Fischfang spezialisiert. Die heute lebenden Vertreter dieser Familie sind in ihrem Bestand gefährdet: der Sundagavial (Tomistoma schlegelii) von der Malaiischen Halbinsel, Borneo, Sumatra und Java sowie der Gangesgavial (Gavialis gangeticus) aus Nepal und Indien. Die genauen Verwandtschaftsverhältnisse dieser heutigen Krokodilarten sind trotz genetischer Untersuchungen noch nicht abschließend geklärt.

Aufgrund vieler Fossilfunde von Sundagavial-Verwandten aus Nordafrika und Europa geht die Wissenschaft davon aus, dass diese Krokodilart ihren Ursprung vor mehr als 50 Millionen Jahren in der westlichen Tethys hatte, einem Vorläufer des heutigen Mittelmeeres. Jedoch ist bislang wenig darüber bekannt, auf welchen Wegen, warum und wann genau sie ihr heutiges Verbreitungsgebiet in Südasien erreichte.

Mehrmalige Besiedelung

Die neu beschriebene Art erhielt den Namen Maomingosuchus acutirostris (acutirostris: lateinisch »der Spitzschnäuzige«) und ist nun – gemeinsam mit bereits bekannten Krokodilarten aus Südchina und Thailand – der älteste Vertreter der Sundagavial-Verwandten aus Asien. »Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Verbreitung dieser Arten nach Asien nicht einmalig, sondern in einem komplexen Szenario stattfand«, sagt Tobias Massonne vom Senckenberg Centre.

»Die Daten sprechen dafür, dass Verwandte des Sundagavials Südostasien dreimal unabhängig voneinander besiedelt haben: Das erste Mal fand eine Besiedlung durch die Stammlinie von Maomingosuchus von Nordafrika und Westeuropa aus nach Ostasien während des Zeitalters des Eozäns statt, vor über 39 Millionen Jahren.«

Bereits 2019 beschrieb das Forscherteam einen neuartigen, circa zwei Meter langen Alligatorverwandten (Orientalosuchus naduongensis) aus der gleichen Fundstelle. Beide Krokodile, der kurzschnäuzige Orientalosuchus und der langschnäuzige Maomingosuchus, lebten im gleichen damals in Nordvietnam zu findenden See. Nahe Verwandte beider Arten kamen auch zu etwa der gleichen Zeit im südlichen China und in Thailand vor.

»Trotz der Nähe der drei Orte, in denen Maomingosuchus und Verwandte von Orientalosuchus gefunden wurden, ist auffällig, dass es verschiedene Arten sind und keine Art in allen drei Regionen vorkommt. Dies sehen wir als Beleg für die hohe Diversität von Krokodilen in Asien zu dieser Zeit«, ergänzt Professorin Madelaine Böhme, die die Grabungskampagne in Vietnam von 2009 bis 2012 leitete. (u)