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Sternenexplosion: Tübinger Forscher beobachten erstmals besonderes Phänomen

Tübinger Wissenschaftler beobachten erstmals Naturphänomen mit internationalem Forscherteam.

Beim Ausbruch einer Sternenexplosion wird Röntgenstrahlung freigesetzt. Die Beobachtung ist schwierig.  FOTO: DPA
Beim Ausbruch einer Sternenexplosion wird Röntgenstrahlung freigesetzt. Die Beobachtung ist schwierig. Foto: DPA
Beim Ausbruch einer Sternenexplosion wird Röntgenstrahlung freigesetzt. Die Beobachtung ist schwierig.
Foto: DPA

TÜBINGEN. Wenn Sterne wie unsere Sonne ihren Brennstoff verbraucht haben, schrumpfen sie zu Weißen Zwergen. Manchmal zucken solche Objekte in einer superheißen Explosion noch einmal auf und produzieren einen Feuerball aus Röntgenstrahlung. Einen solchen Ausbruch im Röntgenlicht konnte ein Forschungsteam unter Führung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zum ersten Mal beobachten. Auch Tübinger Wissenschaftler waren an dem Projekt beteiligt.

»Dabei kam uns auch der Zufall zu Hilfe«, erklärt Ole König vom Astronomischen Institut der FAU. Gemeinsam mit dem FAU-Astrophysiker Professor Jörn Wilms und dem Forschungsteam vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, der Uni Tübingen, der Uni Politécnica de Catalunya Barcelona und dem Leibniz-Institut für Astrophysik berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift »Nature« über die Beobachtung. »Solche Röntgenblitze lassen sich kaum vorhersagen, dauern nur wenige Stunden und das Beobachtungsinstrument muss in dieser Zeit auf den Ausbruch zielen«, erklärt der Astrophysiker.

Sterne schrumpfen enorm

Bei diesem Instrument handelt es sich um das »erosita-Röntgen-Teleskop«, das eineinhalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt seit 2019 den Himmel nach Röntgenstrahlen durchmustert. Dabei wurde am 7. Juli 2020 über acht Stunden lang starke Röntgenstrahlung gemessen. Solche Ausbrüche hatten theoretische Überlegungen bereits vor mehr als 30 Jahren vorhergesagt, konnten aber noch nie beobachtet werden.

Diese Feuerbälle aus Röntgenstrahlen entstehen auf der Oberfläche von Sternen, die eine ähnliche Größe wie unsere Sonne hatten, bevor sie ihre Brennstoffvorräte verbraucht haben. Die Sterne schrumpfen sehr stark zusammen, bis ein »Weißer Zwerg« übrig bleibt, der ähnlich groß wie die Erde ist, aber eine Masse enthält, die ähnlich groß wie unsere Sonne sein kann.

Wilms erläutert an einem Beispiel: »Stellt man sich die Sonne in der Größe eines Apfels vor, hätte die Erde die Dimension eines Stecknadelkopfes.«

Dr. Victor Doroshenko von der Uni Tübingen ergänzt: »Solche sogenannten Novae passieren häufiger, aber eine Beobachtung der ersten Augenblicke des Ausbruchs, bei denen der größte Teil der Röntgenstrahlung produziert wird, ist sehr schwierig.« Nicht nur die kurze Dauer des Röntgenblitzes sei eine Herausforderung, sondern auch die Tatsache, dass das Spektrum der Strahlung sehr weich sei. Röntgenteleskope wiederum sind so konstruiert, dass sie besonders im harten Röntgenbereich effektiv arbeiten.

»Ein Teelöffel Materie aus dem Inneren eines Weißen Zwergs hat leicht die Masse eines Lastkraftwagens«, sagt Jörn Wilms. Weil diese ausgebrannten Sterne hauptsächlich aus Sauerstoff und Kohlenstoff bestehen, ähneln sie einem riesigen Diamanten. Diese Objekte in Form eines Edelsteins sind zwar immer noch heiß und leuchten weiß, nur ist die Strahlung schwach und lässt sich von der Erde kaum erkennen. Es sei denn, der alte Stern wird von einem Stern begleitet, in dem das Sonnenfeuer noch brennt und, von dem dann Material auf ihn übergehen kann. In dieser Schicht erzeugt die Schwerkraft einen gigantischen Druck, der so groß werden kann, dass dort das Sternenfeuer wieder zündet. In einer Kettenreaktion entsteht eine riesige Explosion.

Erfolg nach 30 Jahren

Die Röntgenstrahlung einer solchen Explosion hat dann am 7. Juli 2020 die Detektoren von »erosita« getroffen und überbelichtet. »Der physikalische Ursprung der Röntgenstrahlung des Weißen Zwergs ist gut verstanden und wir können das Spektrum sehr gut modellieren. Das Problem in diesem Fall war, dass wir nach 30 erfolglosen Jahren solche Röntgenblitze finden, plötzlich ein so helles Ereignis beobachtet haben, dass die Detektoren des Teleskops überbelichteten, was die Auswertung der Daten erschwerte«, sagt Doroshenko.

»Mit Modellrechnungen konnten wir dann aber in einer aufwendigen Arbeit das überbelichtete Bild genauer analysieren und so erstmals einen Blick hinter die Kulissen einer solchen Explosion auf einem Weißen Zwerg werfen«, schildert Jörn Wilms.

Bei der Explosion entstand ein 327 000 Grad heißer Feuerball, der damit rund sechzigmal wärmer als unsere Sonne war und danach etwa die Masse dieser hatte. Diese Ergebnisse wurden durch die Kombination von Modellen der Röntgenstrahlung und Emissionsmodellen gewonnen, die in Tübingen von Valery Suleimanov und Victor Doroshenko entwickelt werden. (pm/GEA)