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Aktuell Provenienzforschung

Stadtmuseum Tübingen gibt Druckgrafik an Erben in Israel zurück

Stadtmuseum Tübingen
Die Leiterin des Stadtmuseums Tübingen, Wiebke Ratzeburg, im Eingangsbereich. Foto: Kirtschig
Die Leiterin des Stadtmuseums Tübingen, Wiebke Ratzeburg, im Eingangsbereich.
Foto: Kirtschig

TÜBINGEN. Das Stadtmuseum hat eine kleinformatige Druckgrafik aus dem Besitz der Jüdin Regina Freudenberg an die rechtmäßigen Erben in Israel zurückgegeben. Das teilt die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung mit. Die Familie in Tel Aviv habe das Stück Corona-bedingt über den Postweg erhalten. »Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, im Rahmen unseres Projekts zur Herkunftsermittlung von Sammlungsbeständen in Tübingen die Erben von Regina Freudenberg zu ermitteln und ihnen das Exlibris zurückzugeben«, sagt Aileen Becker, Provenienzforscherin am Stadtmuseum. Sie hat das Objekt unter Ankäufen von Exlibris aus den 1980er-Jahren entdeckt und die Hintergründe recherchiert.

Druckgrafik des Künstlers Alfred Mohrbutter

Bei der kleinformatigen Druckgrafik handelt es sich um ein Exlibris, das der Künstler Alfred Mohrbutter für eine ihm gut bekannte Frau fertigte. Es kann aufgrund seiner Bezeichnung eindeutig mit ihm als Hersteller und Regina Freudenberg als vormalige Eigentümerin identifiziert werden. Regina Freudenberg war eine begeisterte Pianistin, Kunstsammlerin und Mäzenin. Als Jüdin wurde sie nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Deutschland verfolgt, sodass sie 1936 in ihr Geburtsland Belgien floh. Nach der Besetzung Belgiens und der drohenden Deportation nahm sie sich am 2. Oktober 1941, ihrem 70. Geburtstag, in Brüssel das Leben.

Das Exlibris erstand die Stadtverwaltung laut Pressemitteilung 1988 vom Auktionshaus Dietrich Schneider-Henn in München. Der Verkäufer kann keine Angaben machen, wie er zu dem Stück kam. Dadurch entsteht eine Lücke in der Herkunft und zugleich der Verdacht, dass Nationalsozialisten das Stück raubten. Dafür sprechen auch der unbekannte Verbleib des Stücks in der NS-Zeit und die jüdische Herkunft der ehemaligen Besitzerin. Durch Vermittlung der Zentral- und Landesbibliothek Berlin konnte das Stadtmuseum mit der Erbengemeinschaft in Israel in Kontakt treten und das Exlibris restituieren.

Besitzverhältnisse werden recherchiert

Die Provenienzforschung beschäftigt sich mit der Sammler- und Sammlungsgeschichte des Stadtmuseums. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler recherchieren die Besitzverhältnisse der Exponate und aller im Archiv lagernden Objekte, um ihre Herkunft zu klären. Die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste fördert diese Forschung. (pm)