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So will die Uni-Klinik Tübingen einen der aggressivsten Tumoren bekämpfen

An der Uni-Klinik Tübingen beginnt eine Studie zu einem der aggressivsten Tumore im Zentralnervensystem. Nach derzeitigem Forschungsstand ist dieser nicht heilbar.

Professor Ghazaleh Tabatabai leitet das Studienteam.  FOTO: MÜLLER
Professor Ghazaleh Tabatabai leitet das Studienteam. FOTO: MÜLLER
Professor Ghazaleh Tabatabai leitet das Studienteam. FOTO: MÜLLER

TÜBINGEN. Am Universitätsklinikum Tübingen startet heute die Phase I der klinischen Studie im Kampf gegen das Glioblastom, das zu den aggressivsten soliden Tumoren gehört. Dieser Tumor tritt im Zentralnervensystem auf und ist nach derzeitigem Forschungsstand nicht heilbar. Das multidisziplinäre Studienteam unter der Leitung von Professor Ghazaleh Tabatabai von der Abteilung Neurologie mit interdisziplinärem Schwerpunkt Neuroonkologie setzt dabei gemeinsam mit Professor Hans-Georg Rammensee vom Interfakultären Institut für Zellbiologie erstmals einen eigenentwickelten Immunstimulator ein. Unterstützt wird die klinische Studie »Glio-XS15« durch Fördermittel der Medizinischen Fakultät.

Trotz vielfältiger Behandlungsoptionen mit neurochirurgischem Eingriff, Strahlen- und Chemotherapie sowie Tumortherapiefeldern bleibt die Behandlung des Glioblastoms eine Herausforderung. In den letzten Jahren hat sich zudem gezeigt, dass die Diagnose eines Glioblastoms stellvertretend für viele molekulargenetisch unterschiedliche Einzelerkrankungen steht. Aus diesem Grund fokussieren sich aktuelle Bestrebungen bei der Weiterentwicklung von Therapien darauf, jeweils definierte molekulare und immunologische Glioblastom-Untergruppen zu identifizieren und die Behandlung speziell für diese Gruppen zu verbessern. So auch die neue Glio-XS15-Studie.

Multidisziplinäres Studienteam

Das multidisziplinäre Studienteam am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung und dem Tübinger Zentrum für Neuroonkologie des Comprehensive Cancer Centers untersucht dabei den Einsatz einer sogenannten Multipeptid-Impfung in Kombination mit einem neuen Immunstimulator in einer Subgruppe neu diagnostizierter Glioblastome. Die Studienbehandlung wird ergänzend zur Standardtherapie nach der neurochirurgischen Operation eingesetzt.

Der Wirkstoff entstand in einer Zusammenarbeit der Universität Tübingen mit der EMC microcollections GmbH. Professor Karl-Heinz Wiesmüller, CEO des Tübinger Unternehmens, entwickelte den Immunstimulator XS15. Bei den für die Glio-XS15-Studie gewählten synthetischen Peptiden handelt es sich um kurze Eiweiße, die auch auf der Oberfläche von Tumorzellen vorkommen.

Mit einer therapeutischen Impfung sollen T-Zellen – die eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr spielen – gezielt gegen Tumorzellen aktiviert werden. Aufgabe des Immunsystems ist dabei, die Glioblastom-Zellen durch die Wirkstoffkombination aus Peptiden und dem neuen Immunstimulator XS15 selbstständig zu erkennen und zu vernichten.

Erste gute Ergebnisse

Ob diese Immunantwort tatsächlich und ausreichend ausgelöst wird, ist nun Gegenstand der Studie. »In unseren ersten präklinischen und klinischen Untersuchungen haben wir beim Einsatz von XS15 starke T-Zell-Antworten beobachtet«, sagt Hans-Georg Rammensee, Immunologe und Direktor der Abteilung für Immunologie am Interfakultäten Institut für Zellbiologie. »Das stimmt uns zuversichtlich für den erstmaligen Einsatz von XS15 bei einem soliden Tumor«, ergänzt Studienleiterin Tabatabai. »In der Glio-XS15-Studie werden wir zunächst eine Blut-Untersuchung vornehmen, um die Subgruppe zu identifizieren. Das Ergebnis liegt uns meistens innerhalb 24 bis 48 Stunden vor. Danach wissen wir, ob wir den Patientinnen und Patienten die Studienbehandlung prinzipiell anbieten können oder nicht. Es ist daher sehr wichtig, die Betroffenen frühzeitig nach Operation und Diagnosestellung eines Glioblastoms zu untersuchen«, so Tabatabai. (pm)

INFORMATIONEN FÜR PATIENTEN

Wer kann an der Studie teilnehmen?

Die Glio-XS15-Phase I-Studie wird in der Abteilung Neurologie mit interdisziplinärem Schwerpunkt Neuroonkologie am Uni-Klinikum Tübingen durchgeführt. Teilnehmen können erwachsene Patientinnen und Patienten mit einem neu diagnostizierten MGMT-methylierten Glioblastom. Die Operation und die Standard-Behandlung des Glioblastoms können weiter am behandelnden Standort erfolgen. Vor Einbezug in die Studie müssen Patienten in Tübingen unter anderem ihr Blutuntersuchen lassen. Nach Bestätigung des molekularen Subtyps werden bei einem zweiten Besuch Ein- und Ausschlusskriterien geprüft, außerdem wird über die Behandlung aufgeklärt – und damit auch über die Studienteilnahme entschieden. Geimpft wird im Anschluss an den Radiochemotherapie-Block der Standardtherapie, also rund zehn bis zwölf Wochen nach der Operation. Es sind drei Impfungen im Abstand von vier Wochen sowie Nachuntersuchungen geplant. Weitere Informationen kann man per Mail anfordern. (eg)

zno@med.uni-tuebingen.de / Betreff: Glio-XS15