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Aktuell Straßenbeleuchtung

Palmer muss in Tübingen nachts wieder die Lampen einschalten

Das Regierungspräsdium Tübingen ordnet an: In der Unistadt müssen nachts wieder die Straßenlaternen leuchten. OB Boris Palmer ist über die Anweisung der Behörde nicht begeistert.

Die Straßenbeleuchtung in Tübingen wurde ab 21. November von Sonntag bis Donnerstag von ein bis fünf Uhr morgens ausgeschaltet.
Die Straßenbeleuchtung in Tübingen wurde ab 21. November von Sonntag bis Donnerstag von ein bis fünf Uhr morgens ausgeschaltet. Das galt auch für die Altstadt. Jetzt muss das wieder rückgängig gemacht werden. Foto: Irmgard Walderich
Die Straßenbeleuchtung in Tübingen wurde ab 21. November von Sonntag bis Donnerstag von ein bis fünf Uhr morgens ausgeschaltet. Das galt auch für die Altstadt. Jetzt muss das wieder rückgängig gemacht werden.
Foto: Irmgard Walderich

TÜBINGEN. Das Regierungspräsidium Tübingen hat entschieden, dass die Stadtverwaltung Tübingen die zeitweise Abschaltung der nächtlichen Straßenbeleuchtung an Fußgängerüberwegen aufheben muss. Aus Energiespargründen hatte die Unistadt seit dem 21. November von Sonntag bis Donnerstag von ein bis fünf Uhr morgens die Beleuchtung in weiten Teilen ausgeschaltet. Auch die Nachbarstadt Rottenburg zeigte sich in dieser Zeit recht dunkel, selbst in der Silvesternacht.

Oberbürgermeister Boris Palmer hatte für die Energiesparmaßnahme seither gekämpft und gerade an Zebrastreifen für sinnvoll erachtet. Jetzt hält er die Anordnung der übergeordneten Behörde für falsch. Er schreibt unter anderem:  

»In keinem Gesetz und keiner Verordnung steht, dass Zebrastreifen auch in tiefer Nacht beleuchtet sein müssen. Die Rechtsaufsicht (in diesem Fall das Regierungspräsidium Tübingen; Anm. d. Red.) braucht mehrere Seiten, um diese Pflicht herzuleiten: Gesetze verweisen auf Verordnungen, Verordnungen verweisen auf Ausführungsvorschriften, Ausführungsvorschriften verweisen auf Richtlinien, Richtlinien verweisen auf Empfehlungen und am Ende wird alles zusammen für unabänderlich erklärt. Entscheidungsspielraum: Null. Mit dieser Methode gewinnt die Bürokratie in vielen Rechtsgebieten die Herrschaft über die Parlamente. Unser Land erstickt regelrecht in diesem immer weiter ausufernden Bürokratismus ohne Augenmaß.« 

Palmer: Nachts benötigt niemand Zebrastreifen

Kennzeichnend für die Weisung ist aus Palmers Sicht, dass die Wirklichkeit in der Entscheidung keine Rolle spielt: »Das reale Risiko eines nachts um drei Uhr nicht beleuchteten Zebrastreifens in der Zone 30 ist bei null, weil um diese Zeit sowieso niemand extra zu Zebrastreifen geht, um dort zu queren. Wie weltfremd die Entscheidung ist, erkennt man daran, dass die Universitätsstadt Tübingen die Zebrastreifen jederzeit aufheben, also ganz abbauen dürfte. Dagegen könnte in der Zone 30 keine Behörde Einspruch erheben, weil Zebrastreifen in der Zone 30 nach Straßenverkehrsordnung entbehrlich sind. Sie werden aus Sicherheitsgründen nicht benötigt und sind Relikte aus einer Zeit, in der Tempo 50 erlaubt war. Sinnhaft sind sie real nur noch für die Sicherung von Schulwegen, die bekanntlich mitten in der Nacht nicht benutzt werden.« 

»Tübingen spart zehn Prozent Strom ein«

Der Oberbürgermeister verweist auf die großen Einsparmöglichkeiten in Zeit der Energieknappheit: »Die Universitätsstadt Tübingen spart durch die nächtliche Abschaltung der Straßenbeleuchtung zehn Prozent ihres gesamten Strombedarfs ein. Alle anderen Maßnahmen, wie die vom Bund verordnete Abschaltung der Beleuchtung des Rathauses sind dagegen völlig belanglos. In der Weisung des Regierungspräsidiums tauchen die Worte «Energie», «Krieg gegen die Ukraine» oder «Gasmangellage» einfach gar nicht auf.«

Mit rechtlichen Mitteln will Palmer nicht gegen die Weisung der Rechtsaufsicht vorgehen. »An den entscheidenden Stellen fehlt der Weisung zwar die Begründung, so dass sie auch rechtlich angreifbar ist, aber diese Fragen sollten nicht Gerichte klären. Hier ist der Gesetzgeber gefragt. Ohne einen Ermessensspielraum für die Entscheider vor Ort wird die Bürokratie zur einer alles erwürgenden Python. Das Licht machen wir in Tübingen jetzt wieder an. Die Parlamente müssen dafür sorgen, dass in Deutschland nicht ein Bürokrat als Letzter das Licht ausmacht«, so Palmer. Die Stadt hat jetzt eine Woche Zeit um die Beleuchtung wieder umzustellen.

Manche Bürger dürfte die Entscheidung des Regierungspräsidiums jedoch freuen. So hatte eine Stadträtin kritisiert, dass manche Menschen nachts im Dunkeln schlicht Angst hätten und man das Thema nicht nur nach Fakten, sondern auch nach Emotionen beurteilen müsse. (GEA/pm)