OFTERDINGEN. Ungewollte Jubiläumsaktion in Ofterdingen: Auf den Tag genau nach 75 Jahren, nachdem am Kriegsende zahlreiche Brücken im Kreisgebiet gesprengt wurden, machte sich am Samstag das Technische Hilfswerk daran, eine neue Brücke über die Steinlach fertigzustellen. Während man damals das Vorankommen des französischen Militärs verhindern wollte, ging es mit der Aktion am Wochenende natürlich genau ums Gegenteil.
Bedingt durch die von der Gemeinde angestrebten Straßenarbeiten wegen des Baus eines Regenüberlaufbeckens würden einige Anwohner der hinteren Mühlstraße in ihrer Sackgasse festsitzen. Auch die Stielfabrik Wilhelm Schmid, die ebenfalls nördlich der Steinlach angesiedelt ist, könnte nicht mehr liefern oder beliefert werden.
Mit dem nun 15 Meter langen Bypass wird eine Verbindung zur südlich entlang der Steinlach verlaufenden Hafnerstraße geschaffen – und damit eine freie Zufahrt über den Weiherrain zur B 27 oder in den Ortskern.
Die Vorarbeiten zum Brückenschlag waren bereits am 7. März angelaufen. Das THW Ofterdingen hatte damals Experten quasi mit ins Boot geholt: Die Fachgruppe Brückenbau des THW aus dem südbadischen Müllheim kann kurzfristig Übergänge aus vorhandenen Teilen bis zu einer Länge von 70 Metern errichten. Bundesweit gibt es nur 14 solcher Spezialisten. Ihre Aufgabe ist es, zerstörte Brückenteile zu reparieren, damit »Fluchtbewegungen« gewährleistet sein können oder zur »Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Versorgung«.
In Ofterdingen kommt eine sogenannte Delta-Brücke zum Zuge. Diese Kons-truktion stammt aus der Ideenschmiede der Firmen Krupp und Man, die sie 1960 während des Kalten Krieges entwickelte. Sie besteht aus vorgefertigten, normierten, miteinander verschraubten Teilen und funktioniert wie ein Baukasten. Selbstverständlich entspricht auch dieses Provisorium allen deutschen Normen und Sicherheitsvorschriften. Die Gemeinde hat die Brückenteile vorübergehend geliehen und vom Zentrallager in Mönchengladbach ins Steinlachtal transportieren lassen. Nachdem vor sechs Wochen zwei Dutzend Helfer die stählerne Systembrücke zusammengebaut hatten, wurden zwischenzeitlich die Fundamente von einer Baufirma hergestellt. Am Samstag wurde die Brücke mit dem Fundament verbunden. Nun muss diese Woche erneut die Baufirma ran, um die Zufahrtsrampen anzulegen.
Die neue Brücke ist so stabil, dass sogar Busse und Lastwagen bis 60 Tonnen Gewicht darüberfahren können. Allerdings lässt die Breite von 3,50 Metern nur einen Einbahnverkehr zu. Das Provisorium wird voraussichtlich ein dreiviertel Jahr bestehen und danach wieder rückgebaut werden. (mey)