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Nach tödlicher Attacke in Tübingen: Kritik an Äußerungen von Palmer

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Foto: Sebastian Gollnow/dpa
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa

TÜBINGEN. Nach der tödlichen Messerattacke in Tübingen gab es erste Reaktionen auf die Tat und auf die Äußerungen von Oberbürgermeister Boris Palmer nach dem Angriff: So gedachten die Tübinger SPD und Jusos im Alten Botanischen Garten des Opfers und legten Blumen am Tatort Blumen nieder. Darunter waren die Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins Andrea Le Lan und Florian Burkhardt, der Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann, die Landtagsabgeordnete Dorothea Kliche-Behnke, der Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion Martin Sökler sowie der Juso-Vorsitzende Louis Renz.

Die Tat sei zuallererst ein trauriger Verlust für die Angehörigen des jungen Mannes. Wenn ein Mensch gewaltsam stirbt, sei das aber auch eine Tragödie für die gesamte Stadt, die darauf mit Zusammenhalt und Anteilnahme reagieren sollte. Erschüttert hat die SPD-Mitglieder auch, dass die Tat nur wenige Meter von einem Spielplatz entfernt stattgefunden hat.

Empört reagierten die Genossen dagegen auf die Äußerungen Palmers nach der Tat. »Entschieden lehnen wir es ab, dass diese Tat ohne Umschweife politisiert und instrumentalisiert wird, und zwar ohne, dass alle Hintergründe bekannt sind. Von der Herkunft des Opfers automatisch auf kriminelle Umstände zu schließen, offenbart die eigene rassistische Weltsicht«, so die Pressemitteilung der SPD. Anzudeuten, wie es Palmer tat, dass es diese Tat nicht gegeben hätte, wenn »kriminelle Asylbewerber nicht in unseren Städten untergebracht wären«, sei eine »abscheuliche Schuldumkehr, die das Opfer schlussendlich für die Tat mitverantwortlich macht«. Niemand leugne Herausforderungen bei der Integration. Aber dieses Verhalten sei eines Oberbürgermeisters unwürdig, so die SPD weiter.

Auch die Tübinger Antidiskriminierungsstelle Adis äußerte sich zu dem Vorfall: Während die Familie und Freunde des Opfers, die ganze gambische Community und viele andere Menschen in Tübingen in Schock und Trauer und die Hintergründe der Tat noch völlig ungeklärt seien, beginne Palmer »wenige Stunden nach der schrecklichen Tat das Geschehen für seine politische Agenda zu instrumentalisieren und das Opfer zu verleumden«. Das sei »unanständig und unerträglich«.

Freunde, Familie, Pflegefamilie und auch ehrenamtliche professionelle Begleiter des Opfers wünschten sich, so Adis, in diesen Tagen Ruhe und »sitzen nun da voller Wut angesichts der genannten Äußerungen«. Palmer müsse sich entschuldigen, fordern Josephine Jackson und Andreas Foitzik von Adis. Zumindest solle er nun schweigen.

Palmer reagierte in Facebook mit einem Dank an die Polizei auf die Festnahme. »Die Sorge, dass ein mutmaßlicher Mörder weitere Taten begehen könnte, hat viele Menschen umgetrieben. Nun besteht diese Gefahr nicht mehr.« Die Aufarbeitung der Tat stehe aber erst ganz am Anfang. Und weiter: »Trauer um das Opfer, einen jungen Mann und Vater, und Überlegungen, ob es Ansatzpunkte gibt, ähnliche Taten zu verhindern, gehören zusammen. Eine rein technische Folgendebatte wäre pure Unmenschlichkeit. Trauer ohne Konsequenzen wäre fahrlässig.« (GEA)