Logo
Aktuell Gemeinderat

Mössinger Stadtverwaltung ließ ihren Reifegrad bei der Digitalisierung prüfen

Im Internetcafe.
Im Internetcafe. Foto: dpa
Im Internetcafe.
Foto: dpa

MÖSSINGEN. Alle reden von Digitalisierung, nicht nur in der Kommunalverwaltung. Aber es ist auch klar, dass Städte und Gemeinden ganz unterschiedlich sind bei der Frage, wie weit dieses Ziel schon erreicht ist. In Mössingen hat man daher mit der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg zusammengearbeitet, um zu sehen, was schon getan ist und was noch getan werden muss. Fast 50 Prozent sämtlicher Mitarbeiter von Stadt und Stadtwerken haben sich an der Befragung beteiligt und dafür im Durchschnitt 77 Minuten investiert.

Das Ergebnis der Studie stellte nun Professorin Claudia Schneider in der Videositzung des Mössinger Gemeinderats am Montagabend vor. Letztlich, so ihr Fazit, unterscheidet sich Mössingen nicht groß von anderen Kommunen. Mössingen sei gar »prototypisch«. Der digitale Reifegrad in allen Teilbereichen lag bei einer Skala von eins bis sechs – Letzteres der höchste Wert – bei Werten um die vier. Das bedeutet, man hat etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt. Ziel sind 100 Prozent, die mit der Zahl fünf honoriert würden. Wenn das geschafft ist und die Verwaltung auch noch »proaktiv« ist, wäre die Höchstnote von sechs fällig.

Wenig überraschend war, dass die »Readiness« vom »Commitment« abhängt, wie es im Marketing-Slang so schön heißt. Also die Zukunftsfähigkeit von der positiven Haltung zur Digitalisierung, die nicht nur in Mössingen bei den Führungskräften von ihren Untergebenen als besonders hoch eingeschätzt wird. Damit wurden sie ihrer »Digital Leadership«, also als Anführer dieser Entwicklung, voll gerecht.

Skepsis als Hemmschuh

Wenn aber Führungskräfte skeptisch sind, sieht Schneider das als entscheidenden Hemmschuh der Digitalisierung. »Gute Führung ist die Voraussetzung für jeden Veränderungsprozess.« Schlechter hingegen schnitt in den Augen der Stadtmitarbeiter der Mössinger Gemeinderat ab, was den ein oder anderen Lokalpolitiker doch überraschte.

Für die Digitalisierung brauche man »Ressourceneinsatz«, trat Schneider allen Überlegungen entgegen, dieses Projekt könne ohne weitere Kosten nebenher betrieben werden. In Mössingen läuft auch noch nicht alles wie gewünscht. So legte die Studie offen, dass 46,6 Prozent der Mitarbeiter gar nichts wussten von den extra benannten Digitalbotschaftern in der Verwaltung.

Schneider plädierte für eine vielfältige IT-Ausstattung in der Verwaltung, die sich an den jeweiligen Anforderungen orientiert. Zu oft werde gedacht, dass eine IT-Ausstattung für alle passt. Auch bei der Kundenorientierung sieht sie in Mössingen noch Nachholbedarf. Sie ermunterte dazu, sich auch Wissen von außen zu holen. Dass die meisten kommunalen Verwaltungen sich auch im Bereich der IT ihre eigenen Lösungen basteln wollen, findet Schneider den falschen Weg. »Digitalisierung heißt Standardisierung.«

Wichtig ist ihr daher, dass sich die Mitarbeiter in anderen Bereichen, etwa der Wirtschaft, umschauen, welche Lösungen dort gefunden wurden. »Lernreisen« müsse man machen, um mitzukriegen, was alles geht. Schneider kennt aber auch das Beharrungsvermögen von Verwaltungen, die Barrieren im Kopf, die der Veränderung im Wege stehen. Daher fordert sie eine Lernkultur in der Verwaltung. Zentral sei dabei eine Fehlerkultur, die daraus Lernchancen macht. Auch bei Geschäftsprozessen, etwa wie und in welchem Zeitraum auf das Begehren eines Bürgers reagiert wird, sieht sie Verbesserungsbedarf. Ihr Fehlen auch die Kennzahlen, durch die Effektivität besser überprüfbar wäre. Auf jeden Fall müsse man das Tagesgeschäft so steuern, dass man Luft zur Veränderung habe.

Abschied vom Papier

Verändern wird sich in diesem Jahr einiges in der Mössinger Stadtverwaltung. Die Stadt will die E-Akte einführen, also die Digitalisierung der Papier-Akten. Das würde nicht nur etwa das Arbeiten im Home Office erheblich erleichtern, wenn online auf Akten zugegriffen werden kann. Auch bräuchte man dann keine Akten mehr herumtragen, die dann eventuell auch noch verlegt werden. (GEA)