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Land will Mieten in Bodelshausen deckeln, Gemeinde hält das für Unsinn

Ist die Miete gerechtfertigt?

BODELSHAUSEN. Mitte März ging die E-Mail des Wirtschaftsministeriums in Bodelshausen ein, nur wenige Wochen später musste die Gemeindeverwaltung zu dem überraschenden Ansinnen Stellung nehmen: Das Land will den Ort in die Mietpreisbegrenzungsverordnung aufnehmen. Damit dürften Neuvermietungen nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete erfolgen. Das ist beispielsweise der Fall in Reutlingen, Tübingen, Ulm, Stuttgart, Filderstadt und in einigen anderen größeren Kommunen.

Insgesamt sieht das Land in 89 Städten und Gemeinden einen »angespannten Wohnungsmarkt«. Gehört Bodelshausen mit seinen rund 6 000 Einwohnern in diese Reihe? Bürgermeister Uwe Ganzenmüller hält das für unsinnig. »Wir hatten über Jahre einen Rückgang bei den Einwohnerzahlen und erst in letzter Zeit einen Anstieg«, sagte Ganzenmüller bei der Gemeinderatssitzung am Dienstag.

Heute gebe es mehr Wohnungen als zu jenen Zeiten mit Spitzen-Einwohnerzahlen. Er habe »erheblichen Zweifel« an den für Bodelshausen erhobenen Daten. »Welchen Nachteil hätten wir eigentlich durch den Mietpreisdeckel?«, fragte Gemeinderat Lutz Herrberg (SPD). »Warum gehen wir da nicht rein?« Ganzenmüller führte aus, ihm gehe es zunächst nicht um eine Bewertung. In der Stellungnahme, die die Gemeindeverwaltung abgab, wird vor allem die Datengrundlage angezweifelt. Besonders kritisch sieht Ganzenmüller die kurze Antwortfrist.

Auf Nachfrage erklärte der Bürgermeister, einen Mietpreisspiegel gebe es in Bodelshausen nicht. Die Gemeinde sei nicht dazu verpflichtet. Mit vertretbarem Aufwand lasse sich das nicht machen: »Für die Anfangszeit gibt es Zuschüsse, aber die laufende Pflege kostet viel Geld.« Die aktuelle Landesverordnung zu Mietpreisgrenzen, in die Bodelshausen ab Ende Mai fallen könnte, ist nur noch bis 30. Oktober 2020 gültig. Die Folgeverordnung auf derselben Datenbasis ist allerdings für fünf weitere Jahre angelegt.

Kein angespannter Markt

Hauptamtsleiter Florian King erklärte einige Details zur Verordnung und der Stellungnahme der Gemeinde. Demnach verwendet das Land für die Mietpreisgrenze verschiedene Indikatoren: etwa stark steigende Mieten, eine hohe Mietbelastung im Vergleich zum Einkommen, wachsende Bevölkerung, wenig Neubau und ein geringer Leerstand bei großer Nachfrage. Für King unverständlich: Auf Bodelshausen trifft nach den Zahlen des Landes alles zu. Tatsächlich sei beispielsweise im vom Land herangezogenen Zeitraum von 2013 bis 2018 die Einwohnerzahl gestiegen. Von 2004 bis 2018, erklärte King, sei sie aber um 165 zurückgegangen. Der Wohnungsbestand sei im längeren Betrachtungszeitraum hingegen angestiegen. Einen angespannten Markt könne er nicht erkennen.

In den Statistiken des Landes seien außerdem preisgünstige Wohnungen wie die der Kreisbau Tübingen und Hechingen nicht berücksichtigt worden. Diese Zahlen seien schlicht nicht abgefragt worden, so King. »Bringt eine Mietpreisbremse wirklich den gewünschten Effekt?«, fragte er. Die Gemeinde habe selbst mit einer solchen Verordnung kaum Einflussmöglichkeit, da es sich bei den Verträgen zwischen Vermieter und Mieter um Zivilrecht handle. Sinnvoller sei es, den Mietwohnungsbau zu stärken. (stb)