Logo
Aktuell Diskussion

Kritische Fragen zum Klimaschutz in Mössingen

SPD-Politiker Carsten Träger verteidigt Regierungsprogramm in der Mössinger Pausa

Hitze
Der Klimawandel sorgt nicht nur für einen steigenden Meeresspiegel und mehr Dürren - er gefährdet auch die Gesundheit. Foto: Julian Stratenschulte
Der Klimawandel sorgt nicht nur für einen steigenden Meeresspiegel und mehr Dürren - er gefährdet auch die Gesundheit. Foto: Julian Stratenschulte

MÖSSINGEN. Weil es mit der Bahn nicht klappte, kam Carsten Träger mit dem Auto nach Mössingen in die Pausa Tonnenhalle, um über Klimaschutz zu diskutieren. Der SPD-Bundestagsabgeordnete aus Fürth ist umweltpolitischer Fraktionssprecher in Berlin und war am jüngst verkündeten Klimaschutzprogramm der Bundesregierung mit beteiligt. »Es geht in die richtige Richtung, aber ohne Fridays for Future wäre das nicht möglich gewesen«, sagte Träger. Die Antwort aus dem Publikum: »Ein Armutszeugnis. Traurig, dass es dafür eine Jugendbewegung braucht.«

Träger stellte sich den überwiegend kritischen Fragen der 60 Zuhörerinnen und Zuhörer von jung bis alt. Eingeladen hatte der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann. Mit ihm diskutieren Bastian Kaiser, Rektor der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg und Adrian Lächele, ein junge Klimaschutzaktivist aus Tübingen.

Kaiser appellierte, die derzeitige Bereitschaft der Gesellschaft, etwas zu ändern, aufzunehmen und zu nutzen. Der von der Bundesregierung zunächst festgesetzte Preis von zehn Euro pro Tonne CO2 sei deutlich zu niedrig. Auch der Kohleausstieg bis 2038 dauert ihm zu lange. Als Forsthochschulleiter ging er auf erneuerbare Energien ein. Bei der Windenergie sei man auf dem Land am Limit, Ähnliches gelte für Wasser. Bei Solarenergie stecke noch Potenzial in neuen Technologien. »Wir sollten die Biomasse stärker wahrnehmen«, sagte Kaiser und meinte damit vor allem Holz. Er schlug vor, den Waldbesitz zu fördern und die CO2- Bindung zu honorieren.

»Wir werden den Bahn-Investitionsstau mit Gewalt abbauen«

"Auch ich habe mir einen höheren Einstiegspreis als zehn Euro vorgestellt", sagte Rosemann. Die SPD habe sich dafür eingesetzt, sei aber gegen CDU und CSU nicht angekommen. "Wir müssen bei Netzen und Speichern vorankommen", so Rosemann. Es gelte aber auch, die Gesellschaft mitzunehmen. Die Wende in der Klimapolitik dürfe nicht zulasten der Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen gehen, die besonders unter steigenden Preisen leiden. "Der CO2-Preis regelt fast alles", meinte Lächele. Er kritisierte, die über 200 von der Bundesregierung vorgeschlagenen Einzelmaßnahmen. Das sei unübersichtlich und in der Sache dennoch zu wenig. Er forderte, fossile Energieträger nicht länger zu subventionieren.

"Wenn wir nur über den CO2-Preis gehen, kommen wir wieder bei der Kernkraft aus", sagte Träger. Deshalb werde über die nächsten zehn Jahre beispielsweise künftig jährlich eine Milliarde zusätzlich in die Deutsche Bahn investiert. Weitere 86 Milliarden Euro sollen in den Streckenausbau und in die Elektrifizierung fließen. "Wir werden den Investitionsstau mit Gewalt abbauen", so Träger. Außerdem gebe es Kaufanreize für E-Autos in Höhe von 4 000 bis 6 000 Euro. Das werde die Nachfrage steigern und damit für günstigere Preise sorgen. Träger zählte einige weitere Zuschüsse auf, etwa für umweltfreundlichere Heizungen und energetische Gebäudesanierungen.

»Unsere Art zu leben und zu konsumieren ist nicht zukunftsfähig«, meinte eine Frau im Publikum. Die Politik der kleinen Schritte bringe nichts. Träger wurde außerdem kritisiert, weil er die Meinung von Skeptikern des Klimawandels akzeptiert. »Verschiedene Meinungen gehören in einer Demokratie dazu«, sprang Kaiser bei. Fridays for Future-Aktivisten berichteten, dass sie indirekte Morddrohungen erhalten.

»Unsere Art zu leben und zu konsumieren ist nicht zukunftsfähig«

Auf Unverständnis bei einigen Zuhörern stieß Träger mit der Aussage, dass dem rechten Rand keine weiteren Wähler durch zu viel Druck beim Klimaschutz zugetrieben werden sollen. »Wir müssen keine Angst haben vor der AfD«, sagte Werner Walser. Er sprach sich dafür aus, die Klimawende offensiver anzugehen. Eine »Klimadividende« aus einer CO2- Steuer halte er für einen sinnvollen Ansatz. »Das hat sich beim Koalitionspartner nicht durchsetzen lassen«, antwortete Träger. Über eine Senkung der Strompreise möchte er die Einkommensschwächeren entlasten. Das Klimaschutzpaket ist für ihn zugleich ein Fördergramm für die Wirtschaft. Das Paket fördere neue Technologien, die exportiert werden können. »Wir haben eine Vorbildfunktion auf der Welt«, sagte Träger. (stb)