Logo
Aktuell Schule

Kritik der Bürgermeister aus dem Kreis Tübingen an Betreuungsanspruch für Grundschüler

Bürgermeister appellieren an Abgeordnete: Keine Erwartungen wecken, die nicht einzuhalten sind

Für fünf Jahre  der Chef im Trio: Thomas Hölsch.  FOTO: STRAUB
Für fünf Jahre der Chef im Trio: Thomas Hölsch. Foto: Andreas Straub
Für fünf Jahre der Chef im Trio: Thomas Hölsch.
Foto: Andreas Straub

KREIS TÜBINGEN. Kein Personal, kein Geld, keine Räume: Die Bürgermeister im Kreis Tübingen sehen die Pläne der Bundesregierung sehr kritisch, noch in dieser Legislaturperiode einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung an Grundschulen gesetzlich festzuschreiben.

In einem Brief an die Bundestagsabgeordneten Annette Widmann-Mauz (CDU), Chris Kühn (Grüne), Martin Rosemann (SPD) und Heike Hänsel (Linke) mahnen sie, »zunächst solide Rahmenbedingungen zu schaffen und die Realisierbarkeit des Vorhabens zu überprüfen, bevor Erwartungen geweckt werden und Rechtsansprüche verankert werden, die nachher nicht eingehalten werden können«, heißt es in dem von Thomas Hölsch, dem Dußlinger Bürgermeister und Sprecher der Bürgermeister im Kreis Tübingen, unterzeichneten Brief.

Der Bundestag hat am 21. Mai in erster Lesung den von CDU/CSU und SPD vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter debattiert und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Familien, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen. Demnach soll der Rechtsanspruch zum 1. August 2026 in Kraft treten.

Nach dem derzeitigen Stand der Beratungen soll er zunächst für Grundschulkinder der ersten Klassenstufe gelten und in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet werden. Damit hat ab dem 1. August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier einen Anspruch auf ganztägige Betreuung.

Geplant ist, dass der Bund den Ländern für den Ausbau der Ganztagesbetreuung an den Grundschulen bis zu 3,5 Milliarden Euro bereitstellt. Darüber hinaus soll er sich auch an den zusätzlichen Kosten der Länder für den laufenden Betrieb beteiligen. Vorgesehen ist die Umsetzung über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zugunsten der Länder.

Schon jetzt Personalmangel

Zufrieden sind die Bürgermeister mit diesen Aussichten überhaupt nicht. Vielmehr, heißt es in dem Schreiben, »nehmen wir die aktuelle Entwicklung in dieser Sache mit großer Sorge wahr«. Natürlich spielt wie immer das Geld eine Rolle, und hier vor allem die laufenden Kosten. Dafür gebe es in Baden-Württemberg noch keinen auf Dauer ausgelegten Finanzierungsvorschlag. Von der kommunalen Seite würden die jährlichen Kosten auf mindestens 4,45 Milliarden Euro geschätzt; der Bund wolle jedoch nur maximal 960 Millionen Euro im Jahr zusagen. Außerdem wären umfangreiche Investitionen notwendig, um die zusätzlichen Räume zu schaffen.

Die größte Herausforderung sehen die Bürgermeister aber im akuten Fachkräftemangel. »Bereits heute suchen wir schon händeringend Erzieherinnen und Erzieher für die Kindergärten und Kitas. Es wird nicht möglich sein, die dortigen Engpässe zu bewältigen und gleichzeitig noch viel mehr zusätzliche Fachkräfte für die schulische Betreuung zu finden.« Die Befürchtung: der Rechtsanspruch im schulischen Bereich wird zulasten des frühkindlichen Bereichs gehen. (GEA)