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Grabbeigaben als kulturelle Zeugnisse

Das Rottenburger Diözesanmuseum bereitet eine Ausstellung über die Sülchen-Funde vor

Die Maske auf dem Schnallendorn könnte Jesus darstellen – Fund aus dem Grab einer führenden Persönlichkeit.  FOTO: MEYER
Die Maske auf dem Schnallendorn könnte Jesus darstellen – Fund aus dem Grab einer führenden Persönlichkeit. FOTO: MEYER
Die Maske auf dem Schnallendorn könnte Jesus darstellen – Fund aus dem Grab einer führenden Persönlichkeit. FOTO: MEYER

ROTTENBURG. Vor wenigen Tagen gewann das Bistum Rottenburg-Stuttgart mit der Anerkennung beim Staatspreis Baukultur des Landes erneut eine architektonische Auszeichnung für die Bischofsgrablege in der Rottenburger Sülchenkirche. Mit einem anderen Ergebnis der Arbeiten zur Neugestaltung der Kirche in den Jahren zwischen 2011 und 2017 befassen sich in diesen Tagen die Verantwortlichen des Diözesanmuseums in Rottenburg.

So erfolgten in diesem Zeitraum auch archäologische Grabungen bei der Sülchenkirche, bei denen bedeutende frühmittelalterliche Grabschätze gefunden wurden. Vor diesem Hintergrund soll Sülchens 1 500-jährige, ununterbrochene Bestattungstradition ab dem Herbst 2020 im Mittelpunkt einer großen Ausstellung im Diözesanmuseum stehen. Angesichts der Corona-Pandemie sei der genaue Zeitraum der Schau derzeit allerdings noch offen, sagt Museumsleiterin Dr. Melanie Prange.

Die Ausstellung werde die Frage stellen, wer die im 6. und 7. Jahrhundert in Sülchen bestatteten Personen waren, welchen ethnischen Gruppen sie angehörten und welche religiösen Vorstellungen sie hatten. »Diese Fragen können nur anhand der Sülchener Grabbeigaben und vergleichbarer Objekte aus der Umgebung diskutiert werden. Schriftliche Berichte haben wir aus dieser Zeit fast nicht«, sagt die Museumsleiterin.

Der heutige südwestdeutsche Raum sei kein homogener Glaubens- und Kulturraum gewesen, erläutert sie. Vielmehr seien dort unterschiedliche kulturelle Motive und religiöse Symbole ins Gespräch miteinander getreten. »Diese Kulturräume und antike wie christliche Religionsvorstellungen trafen im Frühen Mittelalter in der Siedlung Sülchen aufeinander. Es handelte sich vermutlich um eine westlich geprägte Bestattungsgemeinschaft, eventuell aus dem fränkischem Raum, die in dieser Zeit den katholischen Glauben annahm und schon sehr früh, spätestens 680, eine Steinkirche an der Stelle der heutigen Sülchenkirche errichtete«, fährt Prange fort. In der unmittelbaren Umgebung, in Derendingen, hätten christlich-arianische Alamannen ihre Toten in Hofgrablegen oder in Prunkgräbern mit Goldblattkreuzen beerdigt. In Hailfingen wiederum sprächen Fibeln mit Runen eine eher vorchristliche Sprache.

»Das Frühmittelalter war eine Zeit, in der die Menschen einerseits kleinräumig zusammenlebten, andererseits aber mobil waren und Handels- und Verwandtschaftsbeziehungen über große Distanzen hinweg pflegten«, erläutert Prange. So würden aus südwestdeutschen Gräbern byzantinische Schmuckobjekte, burgundische Fibeln, langobardisch geprägte Goldblattkreuze oder Bernsteine aus Nordeuropa gezeigt werden.

»Diese wertvollen Grabbeigaben werden in der Ausstellung auch in ästhetisch ansprechender Weise präsentiert«, betont die Museumsleiterin. Auf diese Weise sollten die verschiedenen Grabensembles unmittelbar faszinieren und zugleich eine Welt erschließen, von der die Menschen heutzutage oft nur eine vage Vorstellung haben. (pm)