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Frequenzen für das Hirn: Stimulation ermöglicht Therapien bei Lähmungen

Wellen im Fokus: Tübinger Neurowissenschaftler erforschen die Schwankungen der Hirnerregbarkeit

Die Neurowissenschaftler der Uni Tübingen forschen an der Hirnstimulation.  FOTO: FRIEDHELM ALBRECHT/UNIVERSITÄT TÜBINGEN
Die Neurowissenschaftler der Uni Tübingen forschen an der Hirnstimulation. FOTO: FRIEDHELM ALBRECHT/UNIVERSITÄT TÜBINGEN
Die Neurowissenschaftler der Uni Tübingen forschen an der Hirnstimulation. FOTO: FRIEDHELM ALBRECHT/UNIVERSITÄT TÜBINGEN

TÜBINGEN. Unser Gehirn ist unterschiedlich empfänglich für neue Reize und Informationen: Manchmal wird ein Signal schnell und effektiv verarbeitet und weitergeleitet. Wenig später kann der gleiche Impuls schon deutlich weniger wirksam sein. Über die verantwortlichen Mechanismen ist bislang wenig bekannt. Der Neurochirurg Professor Alireza Gharabaghi und sein Team haben die zugrunde liegenden Hirnzustände in einer Studie an der Uni Tübingen aufgeschlüsselt. Ein besseres Verständnis solcher Prozesse kann helfen, neue Therapien für gelähmte Patienten, beispielsweise nach einem Schlaganfall, zu entwickeln.

Selbst wenn wir uns in Ruhe befinden, unterliegt unsere Hirnaktivität einem ständigen Auf und Ab, vergleichbar dem Wellengang eines aufgewühlten Meeres. Seit etwa 100 Jahren kann man diese elektrischen Aktivitäten des Gehirns, auch als Oszillationen bezeichnet, messen: Im Elektroenzephalogramm (EEG) werden die dadurch ausgelösten Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche aufgezeichnet. Die Stärke der EEG-Oszillationen – also die Höhe des Wellenganges – beeinflusst die Weiterleitung von Signalen.

Für die aktuellen Forschungsergebnisse nutzte das Team um den Arzt und Wissenschaftler Alireza Gharabaghi die transkranielle Magnetstimulation (TMS), um die Aktivitätszustände der Nervenzellen zu erforschen, wenn sie besonders gut miteinander kommunizieren. Die schmerzfreie Diagnose- und Behandlungsmethode TMS erzeugt ohne Berührung ein Magnetfeld über dem Kopf und dadurch neuronale Signale im Gehirn, die von Nervenzelle zu Nervenzellen weitergeleitet werden, bis sie in einem Muskel eine Bewegung auslösen.

Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass neben der Stärke der EEG-Oszillationen wichtig ist, in welcher Phase einer Welle der Impuls eintrifft. Patienten könnten damit Therapieansätze, bei denen es auf diese Hirnaktivität ankommt, besser nutzen. Erforscht werden sollen individuelle Therapien für Patienten, die etwa nach einem Schlaganfall ihre Hand nicht mehr bewegen können. Eine klinische Anwendung soll nun in Studien untersucht werden. (em)