NEHREN. »Barrieren sind nicht nur architektonisch«, weiß Hans Rebmann. Er ist seit Ende 2022 ehrenamtlicher Kommunaler Inklusionsvermittler in Nehren. Inklusion bedeutet für ihn: »Alle bestmöglich einzubeziehen und am Gemeindeleben zu beteiligen. Kernanliegen meiner Tätigkeit ist es, Barrieren zu erkennen, bestehende abzubauen und neue erst gar nicht entstehen zu lassen.« Zudem hilft er Menschen mit Handicap dabei, geeignete Ansprechpartner für ihre Belange zu finden. Mit dem Thema ist er auch dadurch vertraut, dass sein Sohn eine Beeinträchtigung hat.
Wie ist der Stand bei der Barrierefreiheit in Nehren? »Insgesamt ist im Ort die Situation gut«, stellt Rebmann fest. In der Ortsmitte sind etwa im Rahmen der Sanierung die Bordsteine abgesenkt worden. Auch barrierefreie Bushaltestellen sind errichtet worden. Die Zugänge zu den meisten Läden und Einrichtungen seien barrierefrei. »Das Problem sind manchmal die baulichen Gegebenheiten. Etwa, wenn die Stufen nach innen gehen«, gibt er zu bedenken.
Es gibt noch Weiteres zu tun: »Es wäre schön, wenn zum Beispiel der Feldweg in der Nähe des Pflegewohnhauses befahrbar wäre. Dann könnten die Bewohner mit dem Rollator oder Rollstuhl eine Runde drehen«, regt Rebmann an. Derzeit gestalte sich das wegen der vielen Steinchen im Weg schwierig. »Den Weg umzugestalten, kostet viel Geld. Dafür gibt es keine Mittel im Haushalt«, gibt der ehemalige Kinder- und Jugendarzt zu bedenken.
Behinderung kann jeden treffen
Der 73-Jährige lebt seit mehr als 40 Jahren in Nehren. Bei Vorhaben der Gemeinde ist er bei inklusiven Themen Ansprechpartner, etwa beim Thema Gebäudeplanung. Rebmann bringt 20 Jahre Gemeinderatserfahrung (SPD) mit. "Behinderung kann jeden treffen", betont er. Er schlüsselt auf: In Nehren gibt es 373 Personen mit Schwerbehinderung (einem Grad der Behinderung über 50 Prozent). Die Gemeinde hat etwa 4.500 Einwohner. Die Zahl liegt folglich im Bereich des Bundesdurchschnitts von 7,5 Prozent. Nur etwa vier Prozent der Behinderungen sind angeboren, circa ein Prozent der Menschen würden durch einen Unfall zu Gehandicapten. Der große Rest wird im Laufe seines Lebens durch Krankheiten behindert."
Durch Rebmanns Initiative hat die Gemeinde Nehren kürzlich eine mobile Rampe angeschafft, mit der man mit dem Rollstuhl etwa zwei Treppenstufen überwinden kann. Diese kann man ausleihen. »Es geht darum, dass Menschen so selbstständig wie möglich sein können«, sagt er.
Auch eine visuelle Barriere ist Rebmann aufgefallen. »Der Fahrkartenautomat an der Bahnhaltestelle spiegelt sich, dass man kaum die Schrift lesen könne. Er ist auf einer ungeeigneten Höhe angebracht«, sagt er. Er hat sich deswegen an die Deutsche Bahn gewendet und wartet auf eine Antwort.
Ein weiteres Thema auf Rebmanns Liste: eine induktive Höranlage für die Turn-und Festhalle und die ehemalige Neuapostolische Kirche. Die Kirche wird umgebaut, damit sie in Zukunft für Veranstaltungen genutzt werden kann. »Hörgeräte verstärken leider auch Nebengeräusche«, sagt Rebmann. »Mithilfe der Anlage kann der Schwerhörige den Redner ‚direkt im Ohr‘ hören.« Die Antenne des Hörgeräts empfange die Signale ähnlich wie bei einem Radio. Darüber habe er sich etwa mit Kirchenvertretern ausgetauscht. Denn gerade der Schall in Kirchen sei problematisch. Austausch ist auch beim Thema Inklusion wichtig: Ein Gesprächskreis mit Betroffenen und Ehrenamtlichen trifft sich nun dreimal im Jahr. (GEA)