Logo
Aktuell Integration

Eine Schule für alle vom Kusterdinger Verein »Zinunula«

Der Kusterdinger Verein »Zinunula« ermöglicht behinderten Kindern in Uganda Zugang zu Bildung

Mit Hilfe des Mähringer Vereins »Zinunula« konnte die integrative Schule in Bukulula errichtet werden.  FOTO: VEREIN
Mit Hilfe des Mähringer Vereins »Zinunula« konnte die integrative Schule in Bukulula errichtet werden. FOTO: VEREIN
Mit Hilfe des Mähringer Vereins »Zinunula« konnte die integrative Schule in Bukulula errichtet werden. FOTO: VEREIN

KUSTERDINGEN-MÄHRINGEN. Nach einer praktischen Ausbildung in handwerklichen Berufen wie Landwirtschaft, Schneiderei oder Tischlerei eigenes Geld zu verdienen und damit selbstständig leben zu können, ist für behinderte junge Menschen in Uganda nahezu undenkbar. »Sie erleben schon als Kinder viel Leid, sie werden von den Familien sich selbst überlassen, erhalten keine Bildung und werden sogar bei schwerer Behinderung an Ketten gelegt«, so Ursula Heinemann.

Die Vorsitzende des Vereins »Zinunula« weiß auch, dass es ein weiter Weg ist, an dieser Situation etwas zu ändern. In einem ersten Schritt baut der Verein in Bukulula eine inklusive Grundschule, in der ab 2022 nicht behinderte und behinderte Kinder zusammen unterrichtet werden. Folgen sollen ein Kindergarten sowie der Bau von geschützten Werkstätten. »Alle Kinder haben ein Recht, zur Schule zu gehen«, sagt Heinemann, Rektorin an einer Realschule in Stuttgart. Doch behinderte Kinder und Jugendliche werden in dem ostafrikanischen Land diskriminiert und ausgegrenzt.

Fortbildung für Lehrer und Eltern

Mit seinem ersten Projekt möchte der Verein, der seinen Sitz in Mähringen hat, diese behinderten Kinder in die Klassenzimmer holen. »Sie sollen erfahren, dass ihr Leben lebenswert ist und sie für die Gesellschaft bedeutsam sind.« Bekannt sind knapp 1 000 Kinder bis zum Alter von 16 Jahren, die im künftigen Schulstandort Bukulula mit unterschiedlicher Behinderung leben. »Es ist jedoch von einer hohen Dunkelziffer auszugehen.« Oftmals könnten die Einschränkungen durch spezielle Förderung oder kleinere operative Eingriffe behoben werden. »Aber die Erwachsenen wissen das nicht oder können die entsprechenden Maßnahmen nicht bezahlen«, so Heinemann.

Um vor Ort das nötige Wissen zu vermitteln, soll es Weiterbildungen für die Familien geben. »Wir möchten durch unsere Seminare ein neues, zeitgemäßes Bewusstsein für die Ursachen von Behinderungen schaffen und die medizinischen Hintergründe vermitteln.« Dabei wird auch an die Mütter behinderter Kinder gedacht, die als Unheilbringer in der Familie angesehen und oft nicht mehr geduldet werden. »Wir wollen, dass sie ihre Menschenwürde und damit auch ihre Frauenwürde zurückbekommen.«

Inzwischen ist der Rohbau der Schule erstellt, im Februar wurde der Dachstuhl aufgesetzt. Die Sanitärräume werden behindertengerecht eingerichtet, es gibt breite Türen, kleine Gruppenräume und lichtdurchflutete Klassenzimmer. Die Bauweise ist ebenerdig, und es wird Rampen für Rollstühle geben.

Ein Waschraum wird so ausgestattet, dass die Kinder dort gepflegt werden können. Seit Oktober 2020 kümmert sich Francis Ssentumbwe vor Ort in Bukulula unter anderem um den Fortgang der Bauarbeiten. Der Lehrer und Ursula Heinemann lernten sich über ihren gemeinsamen Beruf kennen, als sie Schulleiterin an einer Tübinger Realschule war, die eine Partnerschule in Uganda hatte. Dort war Ssentumbwe Konrektor. »Aus dem Kontakt über unsere Funktionen wurde eine Freundschaft.«

Trauriges Erlebnis als Kind

Bevor er nach Uganda zurückging, lebte der 43-jährige Lehrer achteinhalb Jahre in Deutschland, lernte die Sprache und studierte im Masterstudiengang Internationales Bildungsmanagement. Während seines Aufenthalts in Deutschland lernte er den Umgang mit behinderten Kindern und Erwachsenen. Diese Erfahrungen möchte er in seinem Heimatland an Schüler und andere Lehrer weitergeben, denn noch heute wühlt ihn die Erinnerung an ein Kindheitserlebnis auf.

Als er klein war, lebte ein behindertes Kind bei Verwandten, das nicht laufen und sprechen konnte. Es war in einem stallähnlichen Gebäude untergebracht, abseits vom Haus der Familie. »Als Kinder dachten wir, das sei kein Mensch. Wir haben das Kind mit Steinen beworfen und hatten unseren Spaß, wenn das Kind geschrien hat. Je lauter es schrie, desto besser war das für uns.« Wenn er daran denke, mache ihn das immer noch sehr betroffen und traurig. »Heute würde ich dem Kind Liebe schenken und es ins Haus holen. Ich würde eine gute Umgebung schaffen. Diese Kinder sollen wissen, dass sie auch Menschen sind, für die es einen Platz in der Familie gibt.«

Pädagogensuche übers Radio

Der Schulbetrieb wird mit 110 Schülern beginnen. Wenn alles fertig ist, wird es Platz für 350 Schüler geben. Francis Ssentumbwe wird Direktor der Schule und weiterhin das Projekt leiten. »Wir werden gemeinsam das Schulprofil des neuen Lehrens und Lernens erarbeiten und die Lehrer fortbilden. Die Unterrichtsinhalte orientieren sich am landesüblichen Curriculum.« Am 1. August geht Heinemann in den Ruhestand.

Zwei Wochen später fliegt sie mit Kollegen nach Uganda. »Wir sind schon zu zehnt«, freut sie sich. Sie hat vor, über den Winter in dem ostafrikanischen Land zu bleiben, mit der Lehrerfortbildung zu beginnen und bei der Eröffnung der Schule dabei zu sein. »Es ist schön, dass es auch im Ruhestand weitergeht und ich meine Ideen weitergeben kann.«

Ab Herbst werden übers Radio Lehrer gesucht. »Für den Anfang benötigen wir fünf Lehrer, mit denen wir pädagogische und sonderpädagogische Fortbildungen im kooperativen Lernen machen. Ich hoffe, es kommen viele geeignete Bewerbungen.« Es sei eine Freude, zu sehen, wie sich das Projekt entwickle und wie sich eins zum anderen füge. »Es gibt mir einen besonderen Drive, am neuen Lehren und Lernen in Uganda mitzuwirken und damit behinderten Kindern Bildung und Teilhabe zu ermöglichen.« (GEA)

HILFE FÜR »ZINUNULA«

Der Neubau der Schule in Bukulula schreitet voran. Finanzmittel kommen vom Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit sowie aus Spenden. »Wir brauchen noch Tische und Stühle, um die Klassenzimmer behindertengerecht auszustatten«, so Ursula Heinemann, deren Bruder Professor Michael Heinemann ebenfalls Vorsitzender des Vereins ist. Es sollen jetzt noch Spielgeräte angeschafft werden, damit die Schulkinder in ihrer Freizeit und zum Training ihrer motorischen Fähigkeiten Schaukeln, Rutschen und Klettern können. Konto: Zinunula e. V., Kreissparkasse Tübingen, IBAN: DE95 6415 0020 0004 2772 00, BIC: SOLADES1TUB. (GEA)

www.zinunula.org