OFTERDINGEN. Warum sollte Ofterdingen die Ausnahme sein? Weit und breit führte die Einführung des neuen Rechnungssystems Doppik, bei dem Gemeinden und Städten die Erwirtschaftung der Abschreibungen für Straßen und Gebäude vorgeschrieben ist, dazu, dass der Ergebnishaushalt am Ende ein Minus ausweist.
Das zu vermeiden hat auch Ofterdingen nicht geschafft. Ein Minus von 384 540 Euro weist der Ergebnishaushalt auf. Der Haushalt wurde in einem Schwung bei der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend eingebracht und gleich verabschiedet. Einstimmig. Wobei sich Räte und Ortsverwaltung bewusst waren, dass vieles vom Beschlossenen in nächster Zeit Makulatur sein könnte.
Im November soll es eine Klausurtagung des Gemeinderats geben, in der beraten wird, wie das Defizit im Ergebnishaushalt abgebaut werden kann. Innerhalb von drei Jahren muss es nämlich ausgeglichen werden. Kreditaufnahmen dafür sind verboten, sodass nur Einsparungen, Drehen an der Gebührenschraube oder Erhöhungen bei den Steuern möglich sind. Bisher hat man die Hebesätze konstant gehalten. Die Gewerbesteuer liegt bei 350, die Grundsteuer bei 340.
Die finanziellen Auswirkungen der Coronakrise auf die Städte und Gemeinden werden zudem erheblich sein. Bei den Gewerbesteuereinnahmen gibt es Schätzungen, die von einem erheblichen Rückgang ausgehen. Auch die Zuweisungen, die die Gemeinden als Anteil von der Einkommensteuer bekommen, dürften in Kurzarbeitszeiten und auch Arbeitsplatzverlusten zusammenschmelzen. Mit dem Haushaltsbeschluss in Ofterdingen galt es daher vor allem, die Handlungsfähigkeit herzustellen.
Nachtragshaushalt notwendig
Kämmerer Michael Henne geht für Ofterdingen davon aus, dass die Gemeinde in einigen Monaten »mit hoher Wahrscheinlichkeit« einen Nachtragshaushalt beschließen muss. Verlässliche Daten gibt es allerdings noch nicht. Der 525 Seiten starke Haushaltsplan spiegelt die Situation wider, wie sie sich bis 14. Februar darstellte, also bevor Corona alles zu bestimmen begann. Ob es einen Schutzschirm des Landes für die Gemeinden geben wird oder auch Konjunkturpakete: Alles ist noch unklar. Klar ist aber auf jeden Fall, dass der Rotstift zum wichtigen Arbeitswerkzeug wird und dass die künftigen Ausgaben auch im Hinblick darauf betrachtet werden müssen, welche Folgekosten sie nach sich ziehen. Größere Unterhaltungsmaßnahmen wie die Erneuerung der Beleuchtung in der Burghofhalle wurden schon geschoben, ebenso wie eine Brückeninstandsetzung. Henne spricht von 2020 als einem »Übergangsjahr«. Denn die wirklich großen Ausgaben wird es ab 2021 geben, nämlich den Neubau des Kinderhauses und die Sanierung und Erweiterung des Rathauses. »Ab 2021 wird die Verschuldung deutlich nach oben gehen«, sagt Henne, der den Gemeinderat auch darauf eingeschworen hat, dass »dringender Handlungsbedarf« bei den Sparmaßnahmen besteht. Man müsse schauen, was möglich ist und was nicht. Henne: »Alles muss auf den Prüfstand.« Er sieht aber umgekehrt auch, dass es etwa bei den Personalkosten, die 38 Prozent des Etats ausmachen, kein großes Sparpotenzial gibt.
Das Prinzip Hoffnung
Die absehbare Verschlechterung der Finanzen lässt auch die Diskussion wieder aufleben, wer die Kinderbetreuung finanzieren sollte. Den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz hat der Bund beschlossen, die Gemeinden, also auch Ofterdingen, müssen das ausbaden. Der Ruf nach Übernahme der Kosten durch das Land dürfte lauter werden. Die Elternbeträge für Kinderbetreuung in den Monaten April und Mai hat die Gemeinde gestundet. Wenn sie endgültig erlassen werden, kostet das pro Monat 50 000 Euro. Und das ist nur der geringste Teil an den Gesamtkosten der Kinderbetreuung.
Ein bisschen Hoffnung macht, dass es aus der laufenden Verwaltungstätigkeit einen Überschuss bei den Einzahlungen gibt, allein die Abschreibungen ziehen den Etat ins Minus. Die Gemeinde verfügt außerdem über 3,1 Millionen Euro an liquiden Mitteln. Und vielleicht kommt es ja doch ganz anders, als man denkt. Bisher aber ist das Prinzip Hoffnung noch keine belastbare Haushaltsgröße. (GEA)
ECKDATEN HAUSHALT
Der Ergebnishaushalt, aus dem die Ortsverwaltung und Abschreibungen finanziert werden, hat einen Umfang von rund 13 Millionen Euro und weist ein Minus von 384 000 Euro auf. Der Finanzhaushalt hat einen Umfang von 11,8 Millionen Euro. Für die nächsten Jahre wird einer höhere Verschuldung erwartet. Die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt in diesem Jahr noch 422 Euro, 2023 wird mit 1 062 Euro gerechnet. Ofterdingen hat heute rund 2,2 Millionen Euro an Schulden. Die würden anwachsen auf 5,8 Millionen Euro. (al)