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Aktuell Befragung

Der Druck auf die pflegenden Angehörigen hat zugenommen

Die helfende Hand.
Die helfende Hand. Foto: dpa
Die helfende Hand.
Foto: dpa

BERLIN. Pflegende Angehörige leiden in besonderem Maße in der Corona-Pandemie. Das ist das Ergebnis einer Studie des Berliner Zentrums für Qualität in der Pflege und der Charité. Danach hat ein Drittel der Befragten eine Verschlechterung der Pflegesituation erlebt, ein Viertel fühlt sich überfordert, 24 Prozent sind besorgt, die Pflege nicht mehr zu schaffen.

Rund 4,7 Millionen Menschen in Deutschland pflegen ihre Angehörige. Sie waren schon vor der Pandemie physisch und vor allem auch psychisch teilweise stark belastet. Jetzt wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts untersucht, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf ihren Alltag hat.

Dazu wurden bundesweit 1 000 Menschen im Alter von 40 bis 85 Jahren befragt, die mindestens eine über 60-jährige Person mindestens einmal pro Woche im privaten Umfeld versorgen. Das Ergebnis zeigt deutlich, dass die Belastungen zugenommen haben. 29 Prozent der Angehörigen geben an, sich hilflos zu fühlen. 22 Prozent sagen, dass sie immer öfter verzweifelt sind. Wut und Ärger haben bei einem Fünftel der Befragten zugenommen.

Demenzkranken fehlt Routine

Besonders betroffen sind dabei Angehörige, die Menschen mit Demenzerkrankungen pflegen. Adelheid Kuhlmey, Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Berliner Charité erklärt diesen Befund so: Menschen mit Demenz seien verstärkt auf gewohnte Routinen angewiesen, die in der Corona-Pandemie nicht mehr aufrechterhalten werden konnten. Auch hätten die Erkrankten einen erheblichen Bewegungsdrang und verstünden gleichzeitig aber die Corona-Regeln nicht. Daraus erwachsen für die pflegenden Angehörigen zusätzliche Probleme. Schwierig ist für viele auch, herzlichen Körperkontakt zu vermeiden.

Dass Unterstützungsangebote komplett weggebrochen sind, wie es die drei Expertinnen aus dem Landkreis Tübingen beschreiben, bestätigt die Berliner Studie. Weggefallen ist im Frühjahr nicht nur bundesweit die Tagespflege. Auch die Unterstützung von Dienstleistern hat deutlich abgenommen, sagen 65 Prozent der Befragten. Deutlich weniger wurde die Hilfe von Nachbarn, Freunde oder Familienmitglieder. Das liegt nicht nur am wegfallenden Angebot. Einige Pflegende hatten aus Angst vor Infektion von sich aus Hilfe nicht mehr angenommen.

Die Pandemie hat auch dafür gesorgt, dass die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für viele noch schwieriger geworden ist. Das gaben immerhin 45 Prozent der Befragten an, bei der Pflege von Demenzerkrankung waren es sogar 56 Prozent. Über die Hälfte sorgte sich außerdem, das Coronavirus vom Arbeitsplatz nach Hause zu bringen und den pflegebedürftigen Menschen anzustecken.

Wenn berufstätige pflegende Angehörige sich stärker um den pflegebedürftigen Menschen kümmern und womöglich dann noch Kinder zu Hause unterrichten müssen, dann übersteige das, so Kuhlmey »irgendwann die Grenzen des Leistbaren und ist gefährlich«. (eb/iwa)