KREIS TÜBINGEN. Aufregung auf dem Dogglspitz, dem höchsten Berg weit und breit. Ein Fremder zieht her. »Schusch heißt der, das klingt nach Ärger«, sagt Kristin Scheinhütte und wiegt bedächtig den Kopf.
Zwanzig Augenpaare verfolgen gespannt jede ihrer Bewegungen. Als sie wenig später die Umzugskisten des Neuen inspiziert, steigt die Spannung. Die Schauspielerin zieht einen Spielzeuglöwen heraus. »Gar nicht gruselig«, ruft eine helle Kinderstimme in der ersten Reihe.
Theatervorstellung in der Kita Kirchplatzschule in Tübingen-Lustnau. Scheinhütte spielt »Der schaurige Schusch«, nach einem Kinderbuch von Charlotte Habersack und Sabine Büchner. Eines der beiden Stücke, mit denen die Leute vom LTT derzeit in Kindergärten und Kitas unterwegs sind.
»Theaterzwang«, nennt das Intendant Thorsten Weckherlin. Doch einer der charmanten Art, weil niemand gezwungen wird und alle ihren Spaß haben. 30 Minuten Theater für Kinder, die damit zum ersten Mal mit der Schauspielwelt in Berührung kommen – und das in ihrer vertrauten Umgebung.
Vor vier Jahren fiel der Startschuss. Weckherlin hatte seine Idee mit Christoph Gögler von der Kreissparkasse besprochen. Der KSK-Vorstand war bereit, die Besuche in den Einrichtungen zu sponsern. »Jedes Kindergartenkind im Landkreis Tübingen kann damit einmal im Jahr eine Theateraufführung erleben«, freut sich Weckherlin und präsentiert Zahlen.
Ofterdingen noch weißer Fleck
Die Theaterleute haben seither 120-mal in Kinder-Einrichtungen gespielt, 3 600 Kinder kamen in den Genuss einer Aufführung. Jedes Jahr werden zwei neue Stücke angeboten. LTT und KSK haben vereinbart, die Kooperation fortzuführen.
Weckherlin berichtet von sehr erfreulichen Reaktionen. Waren die Theaterleute einmal da, wird bald eine weitere Aufführung gebucht. Denn in den Einrichtungen kommen ja neue Kinder nach. Und den Schauspielern macht es besonderen Spaß mit dem jungen Publikum.
Mehr als 80 Prozent der Vorstellungen waren außerhalb von Tübingen. Kirchentellinsfurt und Kusterdingen haben die Möglichkeit ebenso genutzt wie die Gemeinden im Steinlachtal von Gomaringen und Nehren bis Bodelshausen. Nur Ofterdingen und Dußlingen sind weiße Flecken auf der Landkarte. Noch. »Es ist ganz unkompliziert«, versichert der Intendant, »ein Anruf, und wir kommen.«
Die Kinder in Lustnau sind mit Eifer dabei und merken, dass er gar nicht so schaurig ist, der Schusch. Im Gegenteil: Am Schluss verteilt Scheinhütte sogar Apfelschnitze von ihm. (GEA)