Logo
Aktuell Oberbürgermeister

Boris Palmer will Sicherheitsgefühl erhöhen

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer sorgte jüngst für Schlagzeilen, weil er sich nach eigenem Bekunden in Berlin nicht sicher fühlt. In seiner Stadt sollen indes Codes und mehr Ordnungskräfte für Schutz sorgen - aber auch für Aufmerksamkeit.

Boris Palmer (Grüne)
Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen. Foto: Sebastian Gollnow/Archiv Foto: Sebastian Gollnow/Archiv
Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen. Foto: Sebastian Gollnow/Archiv
Foto: Sebastian Gollnow/Archiv

TÜBINGEN. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hält auch plakative Aktionen für gerechtfertigt, um das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu erhöhen. »Die Politik hat keine Wahl. Der Druck ist enorm. Irgendetwas muss man tun. Die Bevölkerung erwartet das«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur vor dem Hintergrund der erhöhten Polizeipräsenz in Freiburg nach der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen im Herbst. Polizei, Land und Stadt hatten daraufhin ein Sicherheitspaket beschlossen, das unter anderem mehr Polizeipräsenz und Kontrollaktionen in der Stadt vorsieht.

Die Polizei hat in dem Fall zehn Verdächtige festgenommen - acht Syrer, einen Algerier und einen Deutschen. Palmer forderte mit Blick darauf vor allem strukturelle Reaktionen. Kriminell gewordene Flüchtlinge sollen seiner Ansicht nach in sicheren Einrichtungen außerhalb von Städten untergebracht werden.

Auch in seiner eigenen Stadt setzt der Grünen-Politiker auf plakative Maßnahmen. Im Februar ist in Tübingen die Kampagne »Arbeitet Uli heute?« angelaufen. Mit diesem Code-Satz sollen sich Frauen an das Barpersonal wenden und Hilfe bekommen können, wenn sie in Kneipen oder Clubs belästigt werden. Die Stadt hat die Aktion mit Gastro-Betrieben, Polizei und Beratungsstellen entwickelt, weil es im Nachtleben Übergriffe auf Frauen gab. Rund 300 Security-Kräfte, Barkeeper und Chefs erhielten Schulungen von Polizei, Antidiskriminierungsnetzwerk und der Anlaufstelle Sexualisierte Gewalt in Tübingen. 7000 Euro hat die Kampagne die Stadt gekostet.

Der Code wird bisher aber selten benutzt. »Die Frage wurde nicht oft gestellt«, sagte Palmer. Er zieht trotzdem eine positive Zwischenbilanz: »Ich glaube, dass wir damit mehr Aufmerksamkeit für das Thema erzielt haben.« Seit Kampagnen-Beginn gab es seinen Angaben nach weniger Fälle von Belästigung im Tübinger Nachtleben. Ob das ein direkter Effekt sei, lasse sich aber nicht nachweisen.

Palmer, der jüngst Schlagzeilen machte, weil er Unwohlsein im seiner Ansicht nach besonders kriminell geprägten Berlin beklagte, beobachtet auch in seiner Stadt ein wachsendes Unsicherheitsgefühl. Bei einer Umfrage in Tübingen, die Palmer initiiert hat, gab demnach 2018 mehr als die Hälfte der Befragten an, sich unsicherer als in den vergangenen Jahren zu fühlen. Rund 30 Prozent sagten, sie fühlten sich unsicher, wenn sie bei Dunkelheit in der Stadt unterwegs seien.

»Der öffentliche Raum macht mir Sorgen. Er macht auch den Menschen in Tübingen Sorgen«, sagte Palmer. Auch er reagierte mit mehr Personal. Im Herbst erhöhte Tübingen die Nachstreifen des kommunalen Ordnungsdienstes von vier auf acht. »Ich erhoffe mir davon eine Verbesserung des Sicherheitsgefühls, aber auch, dass wir schneller reagieren können und das abschreckend auf Täter wirkt«, sagte Palmer.

Weil Statistiken und Wahrnehmungen mitunter auseinanderdrifteten, finde er aber »kompliziert«, über das Thema Sicherheit zu sprechen. So verzeichnet das Landesinnenministerium in seinem Sicherheitsbericht für 2017 einen leichten Rückgang sogenannter Aggressionsdelikte im öffentlichen Raum. Palmer zufolge prägt aber die Berichterstattung über besonders spektakuläre Fälle wie die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung in Freiburg das Sicherheitsgefühl der Menschen. Die Angst nach derartigen Vorfällen strahle auch auf andere Städte aus. (dpa)

Sicherheitsbericht des Landes Baden-Württemberg 2017

Umfrage zum Sicherheitsgefühl in Tübingen