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Boris Palmer: Nur die Hälfte der Flüchtlinge in Tübingen arbeitet

Mitten in der heißen Phase des OB-Wahlkampfes hat Boris Palmer ein Thema angestoßen, dass bereits für zahlreiche Reaktionen sorgt: Mit Blick auf die Situation in Tübingen, schreibt der Oberbürgermeister bei Facebook, dass die Hälfte der Flüchtlinge keiner Arbeit nachgeht.

Boris Palmer
Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen. Foto: Marijan Murat
Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen.
Foto: Marijan Murat

TÜBINGEN. Tübingens Rathauschef Boris Palmer schreibt gerne und häufig über brisante Themen auf seinem Facebook-Account. Das bringt Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit. Im Wahlkampf, wenige Wochen vor der OB-Wahl in der Unistadt, kann das nicht schaden. In seinem jüngsten Post thematisiert er einen Umstand, von dem er überzeugt zu sein scheint, dass kontroverse Diskussionen, Vorwürfe und auch Hetze gegen ihn folgen könnten. Er schreibt: »Auch sechs Jahre nach dem großen Flüchtlingszugang 2015 arbeitet die Hälfte der arbeitsfähigen Geflüchteten nicht.« Darüber habe er bereits beim ersten Wahlpodium referiert. Und weiter: »Das wurde mir von Sofie Geisel (Anmerkung der Redaktion: Palmers Herausforderin von der SPD) als 'Hetze' ausgelegt und die Rassismus-Vorwürfe kamen schnell hinterher.«

Im Folgenden führt Palmer aus, dass von den 787 Flüchtlingen in Tübingen zuletzt 385 einer Arbeit nachgingen, aber 402 eben nicht. Das ginge aus dem Bericht der Abteilung Hilfen für Geflüchtete vom Sommer 2022 hervor. Einen voll sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätz hätten sogar nur 26 Prozent der Geflüchteten. Das sei ein »beunruhigendes Ergebnis«. Dabei würde es gerade in Tübingen nicht an Förderung fehlen. Das passiere alles vor dem Hintergrund, dass in nahezu allen Branchen nach Arbeitskräften gesucht werde: »Nicht einmal in der Raumreinigung findet man genug Bewerber«, schreibt Palmer.

Betriebe wenden sich an Palmer, weil sie gute Mitarbeiter behalten wollen

Vielmehr fehle der Anreiz eine Arbeit zu übernehmen: »Die fehlende Integration in das Berufsleben begünstigt das Entstehen von Parallelgesellschaften und dauerhafter Abhängigkeit von Transferleistungen. Das schürt soziale Konflikte und überfordert auf Dauer den Sozialstaat«, führt der OB aus. Deshalb schlägt er vor, dass alle Asylbewerber, die arbeiten würden, die Sprache lernten und rechtschaffen seien, dauerhaft hierbleiben dürfen sollten. Denn es würden sich immer wieder Betriebe an ihn wenden, »... weil sie gute Mitarbeiter behalten wollen. Fast immer werden diese dann doch abgeschoben.« Das müsse sich ändern. Von der Bundespolitik sei er enttäuscht: »Von unserer Außenministerin gibt es dazu immer nur Kanzleitrost als Antwort aber keine Unterstützung.«

 Am Ende stellt er klar: »Den Kommentatoren von rechts außen, die hier tatsächlich hetzen, sei gesagt: Mir geht es ausschließlich darum, die Menschen in Arbeit zu bringen, nicht, sie schlecht zu machen, als Volkgruppen oder wegen ihrer Religion zu diffamieren oder ihre Ausreise zu fordern.«

Überwiegend unterstützende Kommentare

Innerhalb weniger Stunden nach der Veröffentlichung gab es dazu Hunderte Kommentare. Die allermeisten unterstützen die Ausführungen des Tübinger OBs. So schreibt Jürgen Hentze: »Es muss eine ganz einfache Regel geben: Keine Leistung vom Steuerzahler, ohne eine Gegenleistung vom Empfänger.« Elvira Kuhn führt aus: »Danke für so viel Mut zur Ehrlichkeit! Geklärt werden muss allerdings, dass wir seit Jahren Fachkräftemangel haben und deshalb alle seit 2015 (...) aufgenommen haben mit dem Ergebnis, dass wir immer noch Fachkräftemangel haben.« Friederike Braun findet: »Allgemein kann man doch sagen, egal ob Migrant oder Einwohner, wenn man durch eigene Arbeit und Schaffensleistung sein Geld verdienen kann, ist das sehr viel befriedigender und das Selbstbewusstsein stärkend, als auf Hilfeleistung von Dritten angewiesen zu sein.«

Es gibt aber auch Kritik an den Ausführungen von Palmer. So meint »Wie Weiter«: »... mit dem einen Unterschied, dass Geflüchtete nicht zum Arbeiten zu uns kommen, sondern um Schutz zu suchen. Vielleicht ist dies noch nicht nach Tübingen durchgedrungen? Deshalb ist es egal, wie die Bildung dieser Menschen ist, auch ein Analphabet hat Anspruch auf Schutz.«

Palmer macht sich die Mühe zahlreiche Kommentare zu beantworten, durchaus auch ganz frei nach Schnauze. Auf Martin Schönau, der schreibt, »Aber die meisten hier hinkommen, haben doch auch gar nicht vor, Arbeiten zu gehen. Für mich kommt Arbeit in diesem Land auch nicht mehr infrage«, antwortet Palmer mit einem schlichten »Faulpelz«. (GEA)