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Aktuell Trauerfeier

Abschied vom Vordenker Hans Küng

»Ein Visionär mit weltumspannender Mission«: Land, Stadt, Uni und Weltethos-Stiftung würdigen den verstorbenen Theologen Hans Küng

Der Sarg wird aus der Johanneskirche getragen. Wegen der Corona-Einschränkugen waren nur 40 Teilnehmer in dem 450 Menschen fasse
Der Sarg wird aus der Johanneskirche getragen. Wegen der Corona-Einschränkugen waren nur 40 Teilnehmer in dem 450 Menschen fassenden Gotteshaus erlaubt. FOTO: DPA
Der Sarg wird aus der Johanneskirche getragen. Wegen der Corona-Einschränkugen waren nur 40 Teilnehmer in dem 450 Menschen fassenden Gotteshaus erlaubt. FOTO: DPA

TÜBINGEN. Ministerpräsident Winfried Kretschmann schätzt ihn als »großen geistigen Lehrer meiner Generation«. Uni-Rektor Bernd Engler und Oberbürgermeister Boris Palmer würdigten ihn als Glücksfall für Tübingen. Der katholische Theologe Hans Küng ist am Freitag auf dem Stadtfriedhof beerdigt worden, in Nachbarschaft zu seinem 2013 gestorbenen Freund Walter Jens.

Kretschmann ist überzeugt: »Es gibt wohl kaum eine christliche Familie im deutschsprachigen Raum, in der nicht irgendwann einmal über Hans Küng gesprochen wurde – über Unfehlbarkeit und Zölibat, über Kirche und Glaube.« Der Ministerpräsident bekannte, dass er in Küngs Schriften auch persönlich in Glaubenskrisen Antworten gefunden hat.

Der Entzug der Lehrerlaubnis 1979 sei »ein Donnerschlag« gewesen. Doch Küng, obwohl verletzt und getroffen, habe aus der Erschütterung einen Neubeginn gemacht. »Sein Einfluss wurde nicht begrenzt, sondern vertieft.« Der am 6. April im Alter von 93 Jahren gestorbene Katholik habe eine weltumspannende Mission verfolgt und sei als glaubwürdiger Botschafter des friedlichen Zusammenlebens aller Menschen aufgetreten.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte, dass er auch persönlich Antworten auf Glaubensfragen in Küngs Schriften gefunden
Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte, dass er auch persönlich Antworten auf Glaubensfragen in Küngs Schriften gefunden hat. FOTO: UNI TÜBINGEN
Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte, dass er auch persönlich Antworten auf Glaubensfragen in Küngs Schriften gefunden hat. FOTO: UNI TÜBINGEN

Auch Boris Palmer attestierte dem Verstorbenen prägenden Einfluss, selbst auf viele junge Menschen. Er selbst hat »Christ sein« schon als Student gelesen. Aufrecht und unbeugsam sei Küng aber immer Vordenker und Versöhner geblieben – stets offen für den Dialog mit seinen Kritikern. Bernd Engler betont, Küng habe wegweisende Impulse gegeben. Die Uni Tübingen habe von seinem Renommee und seiner weltweiten Strahlkraft profitiert. Er kennzeichnete ihn als visionären Verfechter. Streitbar, aber unermüdlich.

Versöhnung, nicht Revolte

Eberhard Stilz, bis 2018 Präsident des Staatsgerichtshofs im Land, steht als Nachfolger an der Spitze der Weltethos-Stiftung. Auch er behält Küng als »inspirierenden Lehrer und Weltbürger« in Erinnerung. »Seine Kritik war stets konstruktiver Dienst an der Sache. Ihr Ziel war Versöhnung, nicht Revolte.«

Wegen der Corona-Einschränkungen waren zur Trauerfeier in der 450 Plätze bietenden Johanneskirche nur 40 Gäste zugelassen worden. In der Kirche, in der der weltoffene Katholik früher als Prediger zu erleben war, nahmen die Familie, Wegbegleiter und Vertreter des öffentlichen Lebens Abschied.

Beisetzung auf dem Stadtfriedhof mit Pfarrer Wolfgang Gramer: Küngs Grab liegt nicht weit von der letzten Ruhestätte seines Freu
Beisetzung auf dem Stadtfriedhof mit Pfarrer Wolfgang Gramer: Küngs Grab liegt nicht weit von der letzten Ruhestätte seines Freundes, des Rhetorikers Walter Jens. FOTO: UNI TÜBINGEN
Beisetzung auf dem Stadtfriedhof mit Pfarrer Wolfgang Gramer: Küngs Grab liegt nicht weit von der letzten Ruhestätte seines Freundes, des Rhetorikers Walter Jens. FOTO: UNI TÜBINGEN

Unter ihnen waren Schriftstellerin Inge Jens, der ökumenische Mitstreiter von der Evangelischen Fakultät, Jürgen Moltmann, die Theologen Karl-Josef Kuschel und Hermann Häring, die einst seine Assistenten waren, Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel, der sich für Küng nach dem Entzug der Lehrerlaubnis eingesetzt hatte, aber auch Ingmar Hoerr von Curevac und Tübingens Ex-OB Brigitte Russ-Scherer. Die katholische und evangelische Fakultät waren vertreten durch die Dekane Matthias Möhring-Hesse und Volker Leppin.

Stephan Schlensog, der noch vor Küngs Tod den 24. Band der Gesamtausgabe der Werke herausgebracht hat, sprach ein von Küng formuliertes Gebet, das Juden, Christen und Muslime zusammenbringt. Pfarrer Wolfgang Gramer erinnerte sich an den Rat, den ihm Küng gegeben hatte, als er selbst an Wechsel dachte: »Bleib im Boot und schau, dass sich der Kurs ändert.« Auf Gramers Anregung hat Kardinal Walter Kasper 2020 mit Papst Franziskus telefoniert. Dieser ließ dem schwerkranken Küng ausrichten: »Ich grüße und umarme ihn.« Seine Hoffnung auf formelle Rehabilitation durch Rom hat sich nicht erfüllt. (GEA)